Ein Knödel zu viel: Kriminalroman (German Edition)
kommt kein Fremder von ihm los.«
»Ist ja auch eine nette Runde.« Mayr sah hinaus. Auf der anderen Straßenseite fegte jemand ausgiebig den Zuweg zu einem hellgelb gestrichenen Mehrfamilienhaus, das noch recht neu aussah.
»Wenn er nicht gearbeitet hat, sind sie gewandert oder haben da gehockt, wo wir jetzt hocken.« Martin Mader deutete auf das Porträt von Ludwig II . hinter Robert Mayr. »Der Kini kann’s bezeugen.« Der Wirt lachte meckernd.
»Aber das kann doch nicht alles sein.« Robert Mayr sah hinüber zur Wanduhr der niedrigen Gaststube. Er durfte auf keinen Fall Martinas Anruf verpassen.
Martin Mader zuckte mit den Schultern. »So ein altes Haus macht halt viel Arbeit.«
»Hat er eigentlich auch von seinem Beruf erzählt? Oder davon, dass er zu Hause Stadtrat war?«
»Stadtrat? Ein Politiker also? Davon weiß ich nichts.« Martin Mader stand auf. »Wird sich hier erholt haben, der Büschgens. Hauptsache, dass er hier keine Politik gemacht hat.«
Robert Mayr sah Mader hinterher und fragte sich beim Blick auf die geschäftigen Schritte des Gastwirts, was Mader mit dieser Bemerkung wohl gemeint haben könnte, und trank seinen Milchkaffee. Martin Mader war ein ganz spezieller Typ in einer ganz speziellen Umgebung, dachte der Kommissar mit Blick auf das Strauß-Porträt neben dem Durchgang zum Nebenraum. Dort waren die Wände mit dunkelgrünem Stoff bespannt. Ein spezielles, irgendwie majestätisches Grün, wie ihm schien.
Gut 630 Kilometer entfernt saßen zur gleichen Zeit die beiden Ermittler des KK 11 der Mönchengladbacher Polizei, Frank Borsch und Michael »Ecki« Eckers, in ihrem Büro. Von majestätischer Atmosphäre konnte in ihrem vollgeräumten Zimmer allerdings keine Rede sein.
Die umfangreiche Auswertung des Terminkalenders der toten Prostituierten hatte unter ihren Kunden für helle Aufregung gesorgt, soweit sie mit ihren Telefonnummern registriert waren. Aber außer einigen Gesprächen mit beschämt bis ängstlich klingenden Freiern hatten sich kein Anhaltspunkte für ihre Ermittlungen ergeben.
Den Nachbarn von Julia Dürselen war angeblich nichts Außergewöhnliches aufgefallen, abgesehen vom häufigen und wechselnden Herrenbesuch, vor allem abends. Die Mieter des stilvoll renovierten Gründerzeithauses waren allerdings bei ihrer Befragung sehr darauf bedacht gewesen, einen toleranten Eindruck zu vermitteln. Andererseits konnten sie es nicht verhindern, dass zwischen den Zeilen deutlich wurde, dass sie den Lebenswandel der jungen Frau eigentlich als störend empfunden hatten. Wobei natürlich der Mord in ihrem eigenen Haus sie vollkommen erschütterte. Ihr Mitleid mit dem »jungen Ding« paarte sich mit dem aufregenden Gefühl, indirekt Zeugen und Mitwisser einer grausamen Tat geworden zu sein.
»Diese scheinheiligen Typen sind zum Kotzen.«
»Du meinst die Beethovenstraße?« Ecki riss die Brötchentüte vollends auf, um auch die restlichen Krümel seines Hefegebäcks mit dem Finger aufstippen zu können. Frische Hefeteilchen waren Eckis Leidenschaft, abgesehen von seiner Frau und seinen beiden Kindern natürlich.
Der Mittvierziger der Mönchengladbacher Kriminalpolizei hatte beneidenswerterweise keine Probleme mit seiner Figur, trotz seines beachtlichen Konsums von frischem Gebäck. Michael Eckers ging allerdings auch regelmäßig in das Fitnessstudio neben dem Präsidium, außerdem fuhr er bei jeder sich bietenden Gelegenheit mit dem Rennrad vom heimischen Brüggen zum Dienst nach Mönchengladbach.
Frank war Eckis Sportbegeisterung nicht ganz geheuer. Er hielt es eher mit der Musik. Sport war für ihn nur bedingt ein Vergnügen. Was man ihm mit zunehmendem Alter auch ansah. Ihm war bewusst, dass sein Bauchansatz dringend ein paar Übungseinheiten brauchte, aber das Wissen um seine Figur und die Umsetzung seines Eingeständnisses waren zwei völlig verschiedene Paar Schuhe. Da half es auch nichts, dass seine Freundin Lisa regelmäßig auf sein Sportdefizit zu sprechen kam. Sport war Sport, und Musik war Musik.
»Diese selbstgerechten Rechtsanwaltstypen, Studienräte und Amtsleiter sind doch dermaßen blasiert. Bloß nix hören und nix sehen. Man könnte ja in die Schlagzeilen geraten. Solche Affen.«
»Wundert dich das wirklich?« Ecki knüllte die Tüte zusammen und warf sie in elegantem Bogen in Basketballmanier in den Papierkorb. »Dunking.« Ecki nickte zufrieden.
»23 und schon tot.« Frank blätterte durch den Bericht des Rechtsmediziners. Wieder einmal hatten sie
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