Ein Knödel zu viel: Kriminalroman (German Edition)
gewesen. Da gab es keinen Zweifel. Andererseits blieb die Tatsache, dass sie zumindest theoretisch Zugang zu hoch konzentriertem Solanin haben oder gehabt haben könnte. Und wenn nicht sie am Tatort gewesen war, hätte sie Komplizen schicken können.
Robert Mayr seufzte. Er würde die Kollegen in Mönchengladbach anrufen müssen. Das passte ihm eigentlich nicht. Aber vielleicht hatten die ja eine Idee. Wie hatte der Beamte dort geheißen, mit dem er gesprochen hatte? Mayr kramte in seinen Aufzeichnungen und fluchte. Nichts passte zusammen, nicht einmal seine Akten hatte er ordentlich sortiert. Martina hatte recht, er war urlaubsreif.
Für einen Augenblick hielt der Kommissar der Kemptener Polizei inne. Martina! Gelacht hatte sie, als er ihr einen Heiratsantrag gemacht hatte. Beim Frühstück, nicht überm Käsebrett hinweg. Gelacht! Und sie war ihm um den Hals gefallen. »Ja«, hatte sie gesagt. Einfach nur »Ja«. Ihm war ein bisschen schwindelig geworden wegen seiner eigenen Courage und wegen der Wucht, mit der sie sich in seine Arme geworfen und ihn geküsst hatte. Er würde nun bald heiraten! Ein ungewohntes Glücksgefühl. Er konnte sich auch nicht mehr erklären, warum er so lange um die Heirat herumgeschlichen war. Wie auch immer, vorher würde er noch diesen Fall lösen müssen.
Es dauerte, aber dann fand er sie schließlich doch, die Nummer in Mönchengladbach. »Schrievers«, hatte er sich dazu notiert. Und: »Archivar«.
»Schrievers?«
Die volle Stimme klang sympathisch. Sie rollte das »R« ein wenig, bemerkte Mayr. Vor seinem inneren Auge erschien ein zufriedener Beamter, der trotz oder gerade wegen seiner langen Dienstzeit in sich zu ruhen schien. Ein Gemütsmensch offenbar. Der Gedanke gefiel ihm.
»Grüß Gott.« Mayr versuchte ein passables Hochdeutsch. »Es geht um den Mord an Ernst Büschgens. Wir hatten vor ein paar Tagen schon einmal das Vergnügen.«
»Der Tod ist selten ein Vergnügen.«
»Ja. – Nein. – Ich meine, wir haben wegen Herrn Büschgens schon einmal miteinander telefoniert.« Was war das denn für ein Spaßvogel, dachte Mayr irritiert. Die Rheinländer sollen ja ein lustiges Volk sein, schunkelfest und fast alle Anhänger des 1. FC Köln. Er hatte wohl ein solches Prachtexemplar erwischt. Konfetti mitten im Sommer. Aber dieser Beamte war vermutlich doch eher Borussenfan.
»Was kann ich für Sie tun?«
Der Kollege am anderen Ende der Leitung schien Mayrs Irritation nicht bemerkt zu haben.
»Wir tappen im Dunkeln.« Robert Mayr schilderte die bisherigen Ermittlungen.
»Sie klingen völlig gestresst. Und das im Allgäu.«
Was wusste dieser Schrievers schon von seiner Arbeit und vom Oberallgäu?
»Hören Sie, ich habe ein konkretes Anliegen.« Ihm ging die flapsige Art des Rheinländers langsam auf die Nerven. Ihm kamen sogar leise Zweifel, ob er tatsächlich mit einem Polizeibeamten sprach. Er hatte eher das unbestimmte Gefühl, mit irgendeinem Büroboten verbunden zu sein.
»Sie haben recht. Ich wollte nur sagen, dass ich das Allgäu mag. Diese Idylle, diese Ruhe, diese Wiesen. Wie bei uns. Das Allgäu ist für mich der Niederrhein Bayerns.« Heinz-Jürgen Schrievers schickte seiner geografischen und anthropologischen Bestandsaufnahme ein sonores Lachen hinterher, das aber unvermittelt abbrach.
»Entschuldigen Sie bitte, ich bin wohl etwas über das Ziel hinausgeschossen. Wir haben hier bei uns heute alle gute Laune. Ein Kollege gibt gerade Kaffee und Kuchen auf seinen Geburtstag aus.«
Robert Mayr meinte nun im Hintergrund Stimmen zu hören. Rheinland Feierland. »Na, dann herzlichen Glückwunsch.«
Der Beamte im Rheinland schien Mayrs verkniffenen Ton verstanden zu haben und wurde unvermittelt sachlich.
»Sie haben ein Anliegen.«
»Wir brauchen mehr Hintergrundinformationen über Büschgens und seine Freundin. Sie arbeitet an der, Moment, wie heißt sie gleich, ja, Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf. Was wir bisher über die beiden wissen, ist einfach zu wenig.«
Schrievers räusperte sich. »Also, viel kann ich Ihnen da im Augenblick auch nicht präsentieren. Wie gesagt, ich bin gerade nicht in meinem Büro.«
Robert Mayr hörte, wie sich der Beamte von seinem Hörer wegdrehte.
»Verdammt! Könntet ihr ein bisschen leiser sein? Ich verstehe mein eigenes Wort nicht mehr.« Es raschelte im Hörer. »So, da bin ich wieder. Also, es wird ein wenig dauern, bis ich Ihnen etwas zusammengestellt habe. Und es gibt wirklich keine Anhaltspunkte in Ihrem
Weitere Kostenlose Bücher