Ein Knödel zu viel: Kriminalroman (German Edition)
setzte Mayr hinzu: »Als unsereiner.«
Jakisch nickte bedächtig. »Ich hatte nur so eine Idee. Und wenn ich eine Idee habe, muss ich sie sofort umsetzen.«
»Das kann zu einem Problem werden.«
Carsten Jakisch seufzte. »Dachte ich mir, dass Sie schon mit meinem Chef gesprochen haben.« Er betrachtete seine nassen Hosenbeine. In Jakischs Blick lag eine Mischung aus Bedauern und Enttäuschung. Ob nun wegen der verdreckten Hose oder wegen Mayrs Bemerkung, blieb im Dunkeln.
»Kommen Sie erst einmal aus dem Schlamm heraus. Ich glaube nicht, dass dort jemand auf die Frau gewartet hat. Ich spreche mit der Spurensicherung, die werden Ihnen schon nicht gleich den Kopf abreißen.« Aber spätestens beim nächsten Mal, fügte Mayr stumm hinzu.
»Aber meist wartet der Täter doch auf sein Opfer.« Jakisch war nicht bereit, von seiner Theorie abzulassen. »Mörder suchen sich ihre Opfer nicht spontan. Mal abgesehen von Amokläufern.« Er deutete über den See, der glatt und flach wie ein Silbertablett vor ihnen lag. So, als habe es an seinem Ufer keinen Kopfschuss gegeben.
»Lieber Herr Kollege, ich gebe Ihnen ja recht. Aber auch Mörder machen sich nicht gerne schmutzig. Wenn der Täter von der Frau wusste und dass sie an den See fahren wollte, hat er sicher im Wald auf sie gewartet.« Mayr deutete hinter sich in Richtung Riedis.
»Ich meine ja nur.« Jakisch klang eine Spur beleidigt und wenig überzeugt von Mayrs Vermutung.
Wenn das so weitergeht, bist du heute Abend schon wieder raus, dachte Robert Mayr. »Warten wir das Ergebnis der Spurensicherung ab.« Seine Worte klangen ungewollt wie eine Dienstanweisung.
Wortlos klopfte Jakisch sich die Hosenbeine ab und trat an den Wagen der Toten. Auch diese Geste war mehr Vorwurf, als dass er Mayrs Worten folgte.
»Sind Sie immer so schnell beleidigt?« Robert Mayr konnte sich nicht länger beherrschen. »Und ist was mit Ihrer Stimme? Sie klingen so knödelig.«
»Meine Stimmbänder sind leicht gereizt, meint der Arzt. Nicht so schlimm. Außerdem: Sie sind der Chef«, meinte der Rothaarige mit dem blassen runden Gesicht und den kurzen Haaren, statt auf Robert Mayrs Frage einzugehen.
Hoffentlich vergisst du das nicht, dachte der Leiter der Mordkommission.
»Was hat die Frau hier gewollt?« Robert Mayr deutete auf das Kennzeichen. Der schwarze Audi war in Nordrhein-Westfalen zugelassen. Das erkannte er am Siegel. » VIE . Wo mag das sein?« Mayr kratzte sich die stoppelige Wange und deutete auf das Nummernschild. » VIE .« Er hatte sich nicht einmal mehr rasieren können, als der Anruf von der Leitstelle gekommen war.
»Kreis Viersen.«
Robert Mayr sah seinen Kollegen erstaunt an.
»Meine Großeltern wohnen dort. In Schwalmtal, um genau zu sein.« Carsten Jakisch hatte Mühe, seine Worte nicht triumphierend klingen zu lassen.
»Gut.« Mayr nickte. »Und was macht die Frau aus«, er deutete auf das Nummernschild, »aus dem Kreis Viersen hier am See?«
»Urlaub.« Das triumphierende Leuchten hatte sich in Jakischs Augen festgesetzt.
»Urlaub.« Mayr musste sich erneut kratzen. »Und dann fährt sie am frühen Morgen mutterseelenallein an den Rottachsee, um sich dort von einem oder mehreren Unbekannten erschießen zu lassen.« Er hörte mit dem Kratzen auf. »Klingt irgendwie einleuchtend.«
»Hören Sie, Herr Mayr, wenn Sie mich nicht mögen, ist das Ihr Bier. Mir hier aber mit dummen Witzen zu kommen ist höchst unkollegial. Ich will hier auch nur meine Arbeit tun. Genau wie Sie.«
Sein »Das ist ja das Problem« verschluckte Mayr. So viel Chuzpe hatte er dem etwas verwachsen daherkommenden Jakisch gar nicht zugetraut. Mayr wollte keinen Ärger mit seinem Vorgesetzten oder, schlimmer noch, mit dem Personalrat. Er würde sich Jakisch schon noch zurechtbiegen, machte er sich stattdessen Mut.
»Okay, Kollege. Dann checken Sie die Anmelderegister der infrage kommenden Fremdenverkehrsämter. Vielleicht ist die Tote tatsächlich auf Urlaub gewesen. Ist schließlich eine himmlisch schöne Gegend hier.«
Aber was hatte dieser See nur, dass er sogar Mörder anzog?
Er räusperte sich. So ein Schmarrn, sich solche Gedanken zu machen. Ich brauche dringend Urlaub! Robert Mayr schüttelte den Kopf, als könne er damit seine Gedanken wieder in eine logische Ordnung purzeln lassen. »Sie war ganz hübsch.«
Carsten Jakisch beugte sich zu dem Fahrerfenster hinunter und sah in das Wageninnere. »Gepflegte Erscheinung. Schlank, ähm, gut gebaut. Höchstens 25. Vermutlich
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