Ein Knödel zu viel: Kriminalroman (German Edition)
gut aus. Er spürte die Spannung, die in der Luft lag. Vielleicht ging da ja noch etwas, bevor er zum eigentlichen Anlass seines Besuches kam.
»Schenk mir trotzdem ein paar Minuten.«
Sie raffte ihren Bademantel zusammen und gab widerwillig den Weg frei.
»Mach’s kurz.«
Er strich an ihr vorbei und betrat den offenen Wohnbereich, der sich übergangslos an den Flur anschloss, als sähe er die Wohnung zum ersten Mal. An der breiten Fensterfront blieb er stehen und drehte sich zu ihr um. In ihrem kurzen hellen Bademantel unterschied sie sich kaum von den mit weißem Stoff bezogenen Sitzmöbeln und den weißen Schränken. Ihr blondes Haar setzte einen auffälligen Akzent. Eine verlockende Inszenierung, die sie sicher schon hundertfach geprobt und eingesetzt hatte.
»Ich hatte schon fast vergessen, dass der Blick von hier aus auf den Rhein so schön ist.«
»Sag, was du zu sagen hast, und verschwinde dann. Du bist sicher nicht gekommen, um mit mir über meinen Ausblick zu sprechen.«
Er stellte die Flasche Champagner auf den niedrigen Couchtisch. »Wie gesagt, ich möchte mich mit dir versöhnen, meine Liebe. Hast du mal zwei Gläser? Wir können die Flasche aber auch ohne leeren. So wie früher. Weißt du noch?« Er deutete mit dem Kopf in die Richtung, in der ihr Schlafzimmer lag.
»Du hast dein Geld bekommen, und damit ist deine Aufgabe erledigt. Ich brauche dich nicht mehr. Bitte, geh.«
Er lachte und suchte gleichzeitig in seiner Jackentasche nach den Zigaretten. »Lass uns die Flasche leer machen und dann reden.« Er sah sich suchend nach einem Aschenbecher um, dann setzte er sich.
»In meiner Wohnung wird nicht geraucht. Du brauchst dich hier gar nicht erst niederzulassen.« Es ärgerte sie, dass sie nur mit ihrem Bademantel bekleidet vor ihm stand. Sie wusste nicht mehr, wie sie seinen gierigen Blicken ausweichen sollte. Scharf setzte sie hinzu: »Jetzt verschwinde endlich.«
»Du hast mir gar nichts zu sagen.«
Der drohende Unterton trieb erste Schweißperlen auf ihren nackten Rücken. Sie musste etwas tun. »Ich zieh mir nur schnell etwas über.« Sie versuchte ein verbindliches Lächeln.
»Stört mich nicht, wie du anzogen bist. Im Gegenteil, meine Liebe.«
Sein Lachen ließ weitere Schweißperlen wachsen.
»Egal, was du trägst, du bist immer schön. Aber geh nur, und zieh dir was über.« Nur mit ihrem Bademantel bekleidet, nutzte sie ihm nichts. Was er sonst noch von ihr wollte, würde er schon noch bekommen.
Wortlos drehte sie sich um und ging in ihr Schlafzimmer. Dort drehte sie geräuschlos den Schlüssel um. Sie musste nachdenken. Sie fluchte leise bei dem Gedanken, dass ihre Haushälterin erst am nächsten Tag wieder hier sein würde.
Sie musste ihn aus der Wohnung lotsen. Was wollte er wirklich von ihr? Wollte er sie nur ein letztes Mal flachlegen? Wenn er dann für immer verschwand, würde sie zur Not auch das durchstehen. Aber zunächst musste sie versuchen, ihn nach draußen zu locken. Raus aus der Wohnung, dorthin, wo Menschen waren. In ein Café, einen Park, irgendwohin, wo sie nicht mit ihm alleine war. Hastig suchte sie aus ihrem Schrank ein paar Kleidungsstücke zusammen. Ohne nachzudenken, griff sie sich eine weiße Bluse und ein graues Kostüm. Der strenge Schnitt ihrer Lieblingssachen würde ihr ein wenig von ihrer gewohnten Haltung zurückgeben.
Sie durfte ihn nicht länger alleine lassen. Sie musste zurück ins Wohnzimmer. Aber sie brauchte zuerst einen Plan! Sie lehnte sich mit dem Rücken gegen die Schlafzimmertür. Aber sosehr sie auch nachdachte, sie kam zu keinem Entschluss. Stattdessen hatte sie das Gefühl, seine Blicke würden sich durch das Türblatt bohren. Sie war gefangen in ihrer eigenen Wohnung. Sie konnte sich nicht länger einschließen! Sie atmete tief ein und aus. Als Erstes würde sie ihn nach draußen lotsen. Der Rest würde sich finden.
Ebenso leise, wie sie ihre Tür abgeschlossen hatte, drehte sie den Schlüssel zurück.
»Du siehst umwerfend aus.«
Er saß breitbeinig auf dem weißen Sofa und rauchte eine seiner filterlosen Zigaretten.
Sie wollte ihm wütend das Rauchen verbieten, beherrschte sich aber. Sie wollte ihn auf keinen Fall provozieren.
Sie blieb am Durchgang zum Wohnzimmer stehen. »Lass uns in die Stadt fahren. Ich lade dich zum Essen ein. Den Schampus stelle ich kalt.«
Damit war sein größtes Problem schon gelöst. Auf den Schampus würde er verzichten. Hauptsache, sie verließ ohne viel Aufhebens ihre Wohnung. Meinetwegen
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