Ein Knödel zu viel: Kriminalroman (German Edition)
dann?« Frank sah, dass sich auf ihrer Stirn kleine Schweißperlen bildeten.
»Ernst wurde erpresst.« Marie Schneiders atmete tief aus.
»Erpresst? Was heißt das?« Ecki war nicht sonderlich erpicht auf Verschwörungs- und Erpressungsgeschichten. Er kannte längst alle Varianten.
»Ernst wurde erpresst. Aber von wem, das weiß ich nicht. Es ging um irgendwelche Immobiliengeschichten. Aber mehr hat er mir nicht gesagt. Ich sollte mir keine großen Gedanken machen, hat er gesagt, er würde das Problem schon in den Griff bekommen.«
»Womit wurde er denn erpresst?«
»Wissen Sie, ein Mann wie Ernst ist ein leichtes Opfer. Er steht als Politiker immer im Rampenlicht. Auch mit seinem Privatleben. Aber auch als Unternehmer hatte er einen Ruf zu verlieren.«
»Hatte er Feinde?« Frank wollte ihr Spiel vorerst mitspielen.
»Wie gesagt, Ernst war Politiker und Unternehmer.«
»Sie haben demnach keine Vermutung?« Ecki hingegen war das Spielchen längst leid.
Sie seufzte ergeben. »Sie werden es am Ende ja doch herausfinden, Herr Borsch. Ernst ist seit gut drei Jahren Motorrad gefahren. Er hat sich da einen späten Traum erfüllt. Und er hat sich regelmäßig mit Leuten aus den verschiedenen Motorradklubs getroffen: Parteifreunde, Unternehmer, ein paar Kumpels, na ja, auch mal Rocker. Sie kennen das bestimmt: Lagerfeuerromantik, Männergespräche, Würstchen und Bier, manchmal auch ein bisschen viel Bier. Stressabbau. Ernst ist von diesen Wochenenden ›tiefenentspannt‹ zurückgekommen, wie er immer gesagt hat.«
»Klingt harmlos.«
»War es auch.« Ihr Atem ging schwer. »Bei einem Treffen waren allerdings Nutten dabei. Das hat Ernst zu spät gemerkt. Da waren die Fotos schon gemacht. Harmlose Fotos. Nichts, worüber ich mir Gedanken machen müsste. Zumindest nicht über die Fotos, auf denen Ernst abgebildet ist. Aber es gibt von diesem Treffen auch andere Aufnahmen. Sie verstehen schon. Im Paket hätten Sie Ernst höchst gefährlich werden können.«
»Damit hat man ihn erpresst? Aber warum?« Nun war Ecki doch neugierig geworden.
»Zuerst kamen nur die harmlosen bei ihm im Büro an. Ohne Kommentar. Er hat sich darüber gefreut und sie mir gezeigt. Eine nette Aufmerksamkeit seiner Freunde, hat er gesagt. Ein paar Tage später kamen dann die anderen.« Sie holte tief Luft. »Auf ihnen sind ganz andere Szenen zu sehen.«
»Sie haben sie gesehen?«
»Selbstverständlich. Ernst und ich hatten keine Geheimnisse voreinander. Ich habe Ernst vertraut. Er hatte mit den Frauen nichts zu tun.«
»Sie haben uns immer noch nicht gesagt, worum es bei der Erpressung ging.«
Marie Schneiders fuhr erschrocken herum. Carsten Jakisch hatte lautlos das Büro betreten und ihnen zugehört. »Es muss um ein ganz großes Bauvorhaben gegangen sein. Offenbar wollten die Erpresser, dass Ernst ihnen Vorteile verschaffte. Ich weiß nur, dass es um sehr viel Geld ging. Um mehrere Millionen Euro.«
»Hat Ihr Freund Namen genannt?« Jakisch legte eine gefüllte Brötchentüte auf Eckis Schreibtisch.
Marie Schneiders schüttelte den Kopf.
»Er muss Ihnen doch Namen genannt haben.« Ecki fixierte die Tüte interessiert.
»Ernst hat eigentlich nie über seine Geschäfte gesprochen. Er hat Privates und Berufliches streng getrennt. Er wollte sich nicht völlig von seinem Job auffressen lassen, hat er immer gesagt.«
Frank sah, dass Marie Schneiders’ Augen sich mit Tränen füllten.
»Woran hat er zuletzt gearbeitet? Es muss doch Aufzeichnungen geben. Hatte er möglicherweise mehrere Mobiltelefone? Prepaid? Hatte er Unterlagen bei Ihnen deponiert?«
»Nein.« Marie Schneiders suchte in ihrer Jeans nach einem Taschentuch.
»Warum hat er den Bichler-Hof kaufen wollen?« Carsten Jakisch reichte ihr ein Tempo.
Marie Schneiders war erstaunt über den Themenwechsel. »Das wissen Sie doch. Ernst wollte sich zurückziehen. Er wollte ein anderes Leben führen. Er wollte dieser Hektik entkommen, entschleunigen. Nennen Sie es, wie Sie wollen.«
»Tarnung. Ich nenne es Tarnung.« Ecki nickte.
»Ich verstehe nicht?«
»Sie verstehen nicht?« Ecki wurde lauter. »Ernst Büschgens, der angebliche Aussteiger, alles, was er wollte, war, Spuren zu verwischen. Eine falsche Fährte legen. In Wahrheit wollte Büschgens nichts anderes als in Moosbach den Tourismus ankurbeln. Er wollte, im sprichwörtlichen Sinn, den Grund bereiten für einen Hotelkomplex. Eine Bettenburg sollte die Wirtschaft von Sulzberg und Umgebung ankurbeln. So sieht die
Weitere Kostenlose Bücher