Ein königlicher Verführer
mich extra angewiesen, dich durch den Haupteingang und die große Halle in den Palast zu bringen. Wir sind zwar nicht so formell wie viele andere Königshäuser, aber dass sie extra gekommen sind, um dich persönlich zu empfangen, ist schon eine große Ehre.“
Er bot ihr seinen Arm, und als Maria einen Sekundenbruchteil zögerte, hob er die Brauen. „Komm schon, glyka mou “, raunte er leise. „Und lächle, sonst denken meine Eltern, du hasst mich. Und das stimmt nicht, wie wir beide sehr wohl wissen, oder?“
„Falsch“, erwiderte sie mit einem strahlenden Lächeln und legte ihre Hand leicht auf seinen Arm. „Aber damit muss ich ja nicht deine Eltern belasten.“
„… und so hat Alex mich davon überzeugt, dass es meine königliche Pflicht sei, mich ins Butlerquartier zu schleichen, um herauszufinden, welche Geschenke unsere Eltern uns zu Weihnachten gekauft hatten“, erklärte Kitty lachend. „Eigentlich war es nur ein großer Raum, in dem die Vorräte während unserer Ferien in Kionia untergebracht waren … Oh, da gibt es einen fantastischen Sandstrand, und vom Haus aus schaut man über die Straße des Poseidon, die uns von Calista trennt. Das Ferienhaus selbst ist sehr groß, alt und wunderschön. Es liegt etwas abgelegen, sodass ich dort ganz leger rumlaufen …“
„Schlampig, wolltest du wohl sagen“, meldete sich Aegeus kühl. „Warum langweilst du unseren Gast mit alten Geschichten?“
Am Tisch war es plötzlich totenstill, und Kittys hübsches rundes Gesicht lief langsam scharlachrot an. „Verzeihung, Miss Santos.“
„Oh, bitte! Sie müssen sich doch nicht bei mir entschuldigen!“, protestierte Maria und legte ihre Hand auf die der Prinzessin. „Ich liebe solche Geschichten. Meine eigene Kindheit war längst nicht so vergnüglich. Keine Brüder. Keine Schwestern.“
Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass alle Augen auf sie gerichtet waren, und dass sie Kittys Hand umfasst hielt, so wie die ihrer besten Freundin Sela, wenn die etwas Aufregendes zu erzählen hatte. Rasch zog sie ihre Finger zurück.
„Ich meine … dies ist doch so ein netter Abend, und Sie alle waren so … so …“
„Es war uns ein außerordentliches Vergnügen, Sie endlich persönlich kennenzulernen, Miss Santos“, sagte die Königin freundlich.
„Bitte, wollen Sie mich nicht einfach Maria nennen?“
„Maria.“ Tia lächelte. „Ich hoffe, Sie haben vor, unsere schöne Insel in den nächsten Wochen näher kennenzulernen.“
Maria schaute kurz zu Alex hinüber, der seelenruhig seinen Kaffee trank. „Wenn ich die Zeit dafür finde.“
„Ich kann es immer noch kaum fassen, dass eine so junge Frau in der Lage ist, einen derart fantastisches Schmuckstück zu designen wie mein Collier“, staunte Tia. „Ich hörte, mein Sohn hat Ihnen in seinem Haus eine eigene Werkstatt eingerichtet?“
„Ja.“ Diesmal wagte Maria es nicht, Alex anzuschauen.
„Und, ist alles zu Ihrer Zufriedenheit?“
Warum lügen? „Sehr sogar, Eure Hoheit! Sie ist sogar kompletter und viel schöner eingerichtet als meine eigene in New York.“
„Gut.“ Das kam von König Aegeus. „Wenn Sie noch etwas benötigen sollten …“
Es war eine Floskel, mehr nicht. Doch derartige Gepflogenheiten waren Maria fremd.
„Ich hätte tatsächlich noch einige Wünsche“, erklärte sie eifrig. „Soweit ich weiß, befahl König Christos, den Stefani-Diamanten, der ehemals das Herzstück der Krone von Adamas bildete, in zwei Hälften zu teilen.“
Man hätte eine Stecknadel im Raum fallen hören können.
„Ich wüsste nicht, was die Geschichte von Adamas mit Ihrem Auftrag zu tun hat“, erklärte Aegeus steif.
„Oh, eine Menge sogar. Sie zu kennen und zu begreifen, versetzt mich erst in die Lage, das perfekte Collier zu kreieren.“
„Unsinn! Das tun Gold und Juwelen! Und nicht alte Geschichten über den Stefani-Diamanten.“
Erneut Schweigen. Dann fühlte Maria unterm Tisch Alex’ Finger, die ihre umfassten.
„Maria ist Künstlerin, Vater. Ihre herausragenden Kreationen repräsentieren, in einem gewissen Sinne, Lebenskraft und Lebensfreude. In diesem Fall steht das Collier sowohl für Mutters besonderen Ehrentag wie für die Treue und Anhänglichkeit der Bevölkerung zu unserer Familie. Und Maria versucht nur, den richtigen Geist unseres Königreiches einzufangen und widerzuspiegeln, habe ich recht?“
„Ja …“, bestätigte sie rau, völlig fasziniert, dass er mit wenigen Worten umriss, was sie den meisten ihrer Klienten
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