Ein Koenigreich fuer die Liebe
nicht, dass es der passende Zeitvertreib für die Herzogin von San Rinaldo ist, im Tutu auf einer Bühne aufzutreten.”
Er wirkte so überheblich und autoritär, als würde er mit einer Idiotin reden, und an seinem Tonfall merkte sie, dass er keinen Widerspruch duldete. Daraufhin verlor Sofia die Beherrschung.
„Ist dir eigentlich klar, wie du mit mir redest?” fragte sie. „Du redest mit mir wie mit einer Fünfjährigen, die nicht einen Funken Verstand hat. Kommt dir eigentlich je in den Sinn, dass ich vielleicht ein bisschen mehr Respekt verdient habe?”
Als sie eine Pause machte, rechnete sie damit, dass Damiano ihr jetzt ins Wort fiel. Doch er sah sie an, als hätte sie ihn überrascht. Und plötzlich wusste sie auch, warum. Sie hatte ihn nicht angeschrien, sondern war ganz ruhig geblieben, obwohl sie vor Wut kochte.
Genauso ruhig fuhr sie nun fort: „Ich muss mir von dir nicht sagen lassen, was ich tun darf und was nicht. Ich weiß, dass ich die Herzogin von San Rinaldo bin und welche Verpflichtungen damit verbunden sind. Es wäre nicht schlecht, wenn du ab und zu im Zweifelsfall zu meinen Gunsten entscheiden und mir vertrauen würdest. Vielleicht wärst du dann angenehm überrascht.”
Einen Moment lang erwiderte sie standhaft seinen Blick. Schließlich wandte sie sich ab, ging in ihr Ankleidezimmer und schloss leise die Tür hinter sich.
Die Menge, die vor der Londoner Guildhall wartete, jubelte, als Sofia und Damiano aus der Limousine stiegen. In dem trägerlosen pinkfarbenen Abendkleid, das in der Taille eng anlag und einen weitschwingenden Rock hatte, sah Sofia genauso atemberaubend aus wie Damiano in dem schwarzen Smoking. Es fiel ihr überhaupt nicht schwer, für die Fotografen zu lächeln und huldvoll zu winken, denn aus irgendeinem Grund war sie bester Stimmung.
Zum Teil lag es zweifellos daran, dass ihre kleine Rede nicht ihre Wirkung verfehlt hatte.
Für Sofia war es richtig befreiend gewesen, Damiano einmal ihre Meinung zu sagen, selbst wenn ihre Worte vermutlich auf taube Ohren gestoßen waren. Doch es machte ihr nichts aus. Für sie war es ein ganz persönlicher Triumph gewesen. Zum erstenmal in ihrem Leben hatte sie sich Damiano gegenüber behauptet, ohne die Beherrschung zu verlieren, und es war, als hätte sie damit einen entscheidenden Schritt gemacht. Sie war nun nicht mehr das hysterische Kind von damals.
Dieses neue Selbstbewusstsein vermittelte ihr ein richtiges Hochgefühl und verlieh ihr ungeahnte Energien. An diesem Abend würde nichts und niemand sie aus der Fassung bringen.
Damiano war der erste gewesen, der sie in dieser Stimmung erlebt hatte. „Dein Kleid gefällt mir”, hatte er bemerkt, bevor sie aufgebrochen waren.
„Ich wollte erst mein Tutu anziehen, aber leider habe ich es vergessen”, hatte Sofia kokett erwidert und sich an seinem halb überraschten, halb amüsierten Gesichtsausdruck geweidet.
Früher war sie immer in Tränen ausgebrochen, wenn er sie tyrannisiert hatte. Es war ein herrliches Gefühl, dass sie nun in der Lage war, es ihm mit gleicher Münze heimzuzahlen!
Der Abend war rundum gelungen, und Sofia, die einige Plätze von Damiano entfernt saß, amüsierte sich noch mehr als am vergangenen Abend. Sie lachte und plauderte mit ihren Tischnachbarn, und ihre Stimmung wurde immer besser.
Wenn sie Damianos Blick begegnete - und diesmal merkte sie sehr wohl, dass er sie häufig beobachtete -, lächelte sie ihn strahlend an und schaute ihm bewusst lange in die Augen. Der bewundernde, ja verlangende Ausdruck darin war ihr nämlich nicht entgangen.
In dieser Nacht wollte Damiano mit ihr schlafen, doch er würde sie nicht bekommen. Heute nacht würde sie ihn im letzten Moment zurückweisen!
Dieses Bewusstsein verlieh ihr ein gewisses Machtge fühl, das sie ganz schwindelig machte. Endlich einmal fühlte sie sich ihm nicht mehr unterlegen.
Nach dem Essen wurden verschiedene Reden gehalten. Sofia lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück, als jemand verkündete: „Seine Hoheit, der Herzog von San Rinaldo.”
Stolz und seltsam distanziert zugleich, beobachtete sie, wie Damiano unter dem Beifall der Anwesenden aufstand und selbstsicher zu seiner Rede ansetzte. Unwillkürlich dachte sie dabei daran, dass es ihr eine enorme Genugtuung verschaffen würde, einen so selbstbewussten, attraktiven Mann wie ihn in seine Schranken zu weisen.
In einem Punkt hatte sie sich nicht geirrt. Die Rede war tatsächlich sehr gut, und alle Anwesenden waren genauso beeindruckt
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