Ein Königreich für einen Kuss!
war.
O Gott … Entsetzt kletterte sie aus dem Bett und sah sich suchend nach ihren Sachen um. Das Kleid lag auf dem Boden, die Unterwäsche fand sie unter dem Bett. Mit zitternden Fingern zog sie sich an und nahm die Schuhe in die Hand. Wie einfach war es für Vasco gewesen, sie zu verführen. Vor Scham stieg ihr die Röte in die Wangen. Kaum drei Tage war sie hier. Und gleich nach dem ersten Kuss war sie mit ihm ins Bett gegangen. Sicher, sie hatte sich sexy angezogen, hatte auch mit ihm geflirtet. Schließlich hatte sie nicht den Eindruck erwecken wollen, sie hätte die Samenspende gekauft, weil sie keinen Mann finden konnte. Sie hatte begehrenswert auf Vasco wirken wollen.
Das hatte er sicher bemerkt und sich deshalb verpflichtet gefühlt, mit ihr ins Bett zu gehen. Verwirrt blickte sie auf das prachtvolle Bett. Was war das überhaupt für ein Raum hier oben im Turm? War er reserviert für sexuelle Eskapaden mit weiblichen Gästen und wurde sonst nicht genutzt? Zumindest konnte sie nichts Persönliches entdecken, weder Bilder noch Toilettenartikel.
Nicky! Um Himmels willen, sie hatte ihren Sohn vollkommen vergessen. Wenn er nun in der Nacht aufgewacht war und nach seiner Mutter gerufen hatte? Hastig hob sie ihre Schuhe auf und öffnete die schwere Holztür. Vorsichtig blickte sie nach beiden Seiten. Es war niemand zu sehen. Aber wo war sie? Leider hatte sie nicht aufgepasst und wusste nicht, in welchem Teil des Palastes sie sich befand. Auf Zehenspitzen schlich sie die Wendeltreppe hinunter und gelangte durch eine Rundbogentür in einen Innenhof. War sie am Vorabend hier gewesen? Vascos Gegenwart hatte sie so abgelenkt, dass sie sich einfach nicht mehr erinnern konnte. Selbstverständlich war sie davon ausgegangen, dass er sie wieder zurückbringen würde. Was sehr leichtsinnig war, denn sie hätte wissen müssen, dass ein Mann wie er nicht mit normalen Maßstäben zu messen war.
Von dem Innenhof gingen zwei Türen ab, von denen eine verschlossen war. Die zweite führte in eine große Halle, die mit ausgeblichenen Wandteppichen geschmückt war und so aussah, als würde sie selten benutzt. Also war Stella hier offenbar falsch. Schon leicht in Panik, öffnete sie die nächste Tür und blieb abrupt stehen. Das musste die Schlosskapelle sein. Die Morgensonne schien durch bunte Glasfenster, und vor einem kleinen Altar brannten hohe Kerzen. Drei schwarz gekleidete Gestalten knieten vor dem Altar, die „Tanten“! O Gott, wenn die sie jetzt sahen … Schnell wollte Stella sich zurückziehen, doch es war zu spät.
Eine der drei, es war wohl Lilli, hatte sich bereits umgedreht. „Stella …“ Daraufhin wandten die beiden anderen auch den Kopf. „Kommen Sie. Sie können gern an der Morgenmesse teilnehmen.“
Stella erstarrte. Jetzt erst sah sie den Priester. Was sollte sie sagen? Ganz sicher war dies nicht die Gelegenheit, zu erklären, dass sie protestantisch aufgewachsen sei. Also lächelte sie nur und machte einen kleinen Knicks.
„Entschuldigung, ich habe mich in der Tür geirrt.“ Hoffentlich hatten die drei nicht bemerkt, dass sie immer noch das Kleid vom Vorabend trug, und daraus gewisse Schlüsse gezogen. Denn was würden sie von einer Frau denken, die gleich in der zweiten Nacht mit Vasco schlief?
Rot vor Verlegenheit schloss sie die Tür und lief in die entgegengesetzte Richtung. Zu ihrer Überraschung befand sie sich plötzlich vor der Waffenkammer. Schnell drückte sie sich in eine Ecke, als sie Schritte hörte. Doch die entfernten sich glücklicherweise wieder, und so zog sie hastig die Schuhe an und sah sich vorsichtig um. Sie atmete ein paar Mal tief durch und fand tatsächlich den Weg zu ihrer Suite. Im Nebenzimmer lag Nicky noch in tiefem Schlaf und hielt den Plüschdinosaurier fest an sich gepresst. Auch das junge Mädchen, das auf ihn aufpassen sollte, war im Lehnstuhl eingeschlafen.
Das war ja noch mal gut gegangen. Stella atmete erleichtert auf. Was war nur mit ihr los gewesen? Sie war doch sonst eine vernünftige und verantwortungsbewusste Frau. Was in der letzten Nacht passiert war, würde die Situation sicher noch verkomplizieren. Wie würde es weitergehen? Würde sich eine Art Liebesbeziehung zwischen ihr und Vasco entwickeln? Oder war das Ganze nur ein One-Night-Stand gewesen? Das wäre entsetzlich. Dann hätte sie lieber nicht erfahren, wie Sex sein konnte. Schon bei dem Gedanken, Vasco nie wieder küssen zu können, wurde ihr ganz elend.
Schluss jetzt mit diesen trüben Gedanken!
Weitere Kostenlose Bücher