Ein Königreich für einen Kuss!
um und zog sein Handy aus der Tasche.
Doch Tante Lilli ließ sich nicht so leicht hinauswerfen. Obwohl sie viel kleiner als Vasco war, schien sie den Raum zu beherrschen. „Vasco, sieh zu, dass sie hier wieder einzieht. Um unser aller willen.“
„Ms Greco, da ist jemand, der Sie sprechen möchte“, flüsterte die Haushälterin ehrfürchtig und wischte sich die Hände nervös an der geblümten Schürze ab. Ihre weit aufgerissenen Augen sprachen Bände.
„Seine Majestät.“ Stella hielt den Blick unbeirrt auf den Buchstaben E gerichtet, den sie in einer Bibel aus dem siebzehnten Jahrhundert vorsichtig nachzeichnete. Nicky machte seinen Nachmittagsschlaf, und so nutzte sie die Ruhe an diesem Sonntag.
„Ja. Er steht vor der Tür. In welchen Raum soll ich ihn bringen?“
Stella legte den Pinsel ab, ihre Hand zitterte. Schicken Sie ihn weg, hätte sie am liebsten gesagt, aber das konnte sie der ehrfürchtigen Haushälterin nicht antun. „Ich komme gleich.“
„Aber das ist unmöglich! Wir können ihn keinesfalls vor der Tür stehen lassen.“ Die ältere Frau war schockiert.
„Okay, ich geh schon.“ Stella schraubte die Flasche mit der Spezialtinte zu und stand auf. Ich darf jetzt nicht schwach werden und ihm in die Arme fallen. Wahrscheinlich wollte er das auch gar nicht. Wenn er schon den kurzen Schwatz mit der Klatschkolumnistin als Vertrauensbruch empfand, wie dachte er dann wohl über ihren Auszug aus dem Palast? Bestimmt war er außer sich vor Wut.
Schnellen Schrittes ging sie an der immer noch fassungslosen Haushälterin vorbei. Deren Mann, der als Verwalter im Haus tätig war, hatte sich hinter einem Torbogen versteckt und sah Stella ängstlich hinterher. Da beide offenbar nicht mit einem Besuch des Königs gerechnet hatten, schienen sie die entsprechenden Presseartikel nicht gelesen zu haben. Obgleich Castell Blanc nicht sehr weit vom Schloss entfernt lag, ging hier alles sehr ruhig zu. In den vier Tagen, die Stella jetzt hier lebte, hatte niemand an der Tür geklingelt, nicht einmal die Zeugen Jehovas. Und nun stand plötzlich der König des Landes vor der Tür. Das musste für die beiden ein Schock sein.
Im Grunde war das komisch, aber Stella war nicht zum Lachen zumute. Die goldene Nachmittagssonne drang durch die halb geöffnete Tür, hinter der sich Vascos beeindruckende Silhouette abzeichnete.
„Was soll das bedeuten?“, fuhr er Stella an, noch bevor sie die Tür ganz aufgemacht hatte.
Sie gab keine Antwort. „Komm, lass uns nach draußen gehen.“
„Nein, ich möchte reinkommen.“
„Das geht nicht. Dies ist schließlich nicht mein Haus.“ Auf keinen Fall sollte das Paar im Haus hören, was Vasco und sie sich zu sagen hatten. Außerdem konnte auch der König nicht einfach so hereinplatzen, wie es ihm gerade passte. Sie ging an ihm vorbei, ohne ihn anzusehen, nahm aber leider seinen unverwechselbaren Duft wahr …
Vasco folgte ihr die breiten Eingangsstufen hinunter. Castell Blanc war groß und sicher dreihundert Jahre alt. Durch den hellgelben Stein wirkte das Haus eher wie eine Sommerresidenz. Es war nicht so gut erhalten wie manch andere der alten Besitzungen, aber war von einem rauen Charme. Stella kannte den Besitzer nicht, der sie aufgrund der Fürsprache des Stadtbibliothekars angeheuert hatte. Was würde Senior Mayoral wohl von ihr denken, wenn er erfuhr, dass sie seinem König die Tür gewiesen hatte?
Vor dem Haus erstreckte sich ein weiter gepflasterter Hof, der von den Stallungen eingerahmt wurde, die nicht mehr benutzt wurden. Vasco blieb dicht hinter Stella. „Warum lässt du mich nicht ins Haus?“ Das klang eher amüsiert als verärgert.
„Das kann ich nicht.“
„Oscar hätte bestimmt nichts dagegen.“
„Ich bin hierhergezogen, um Abstand von dir zu haben.“ Warum wollte er sie nicht verstehen?
Er grinste. „Den könntest du auch im Schloss haben. Du könntest deinen eigenen Flügel bewohnen.“
Wütend sah sie ihn an. „Den du jederzeit betreten könntest, wann immer dir danach zumute wäre. Begreifst du denn nicht? Genau das will ich verhindern.“ Wenn er doch nur nicht so unverschämt gut aussähe. Offenbar war er mit dem Motorrad gekommen, denn eine feine Staubschicht bedeckte seine Stiefel. Einem solchen Mann zu widerstehen war wirklich hart.
„An einer Beziehung, in der ich auf Abruf bereitzustehen habe, bin ich nicht interessiert. Vielleicht findest du das seltsam und auch ein bisschen spießig, aber so empfinde ich nun mal. Das alles
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