Ein koestliches Spiel
bot.
Gideon trieb sein Pferd durch die Nacht. Er verließ sich auf eine Ahnung, die ihm sagte, der alte Mann würde sie in seine Höhle schaffen wollen, nach Dereham Court. Am Stadtrand von Bath erspähte er einen älteren Mann auf einer Bank an der Hauptstraße, der an dem warmen Abend dort sein Bier genoss. Er riss an den Zügeln, zwang sein Pferd, stehen zu bleiben.
„Haben Sie in der letzten halben Stunde eine schwarze Kutsche vorüberfahren sehen, gezogen von vier Braunen, einer davon mit weißer Fessel?“
Der Mann überlegte einen Moment. „Ich weiß nichts von einer weißen Fessel, aber da war eine schwarze Kutsche, fuhr hier lang, als sei der Teufel selbst hinter ihr her. Hatte keine Lichter. Eine Narrheit, so spät am Abend und der Mond nur eine schmale Sichel.“
„Wenn Sie hier noch eine Stunde warten und einem Gentleman mit weißem Haar sagen, was sie mir erzählt haben, wird er Ihnen noch eine hiervon geben.“ Damit warf ihm Gideon eine Guinea zu und preschte weiter. Er war schneller als eine Kutsche, aber dennoch hatte er Angst um Prudence.
James’ Worte spukten ihm im Kopf herum. Hasst Miss Prue ... letztes Mal ... hat der alte Teufel... sie beinahe umgebracht.
Sie beinahe umgebracht? Eine ungute Vorahnung lastete schwer auf ihm, während er sein Pferd zu noch höherer Geschwindigkeit antrieb. Gideon erinnerte sich noch daran, wie Hope fast beiläufig gesagt hatte, ihr Großvater schlüge sie alle, aber Prudence würde er prügeln.
Wenn er Prudence wehtat, war ihr Großvater ein toter Mann.
So stürmte er in die Dunkelheit, betete darum, dass Prudence nichts Schlimmes geschah, und wünschte sich, er hätte Stiefel und Sporen zu der Abendgesellschaft getragen.
Die Stricke scheuerten Prudences Handgelenke wund. Sie hatte in der letzten Stunde heimlich versucht, die Knoten zu lockern und sich zu befreien, aber ihre Bemühungen waren vergebens gewesen. Fast. Sie hatte zwar nicht ihre Fesseln lösen können, aber es war ihr gelungen, den Rand der Decke zu fassen zu bekommen, die über ihrem Kopf lag. Zoll um Zoll hatte sie daran gezogen, und jetzt würde sie nur noch einmal ziehen müssen, und ihr Kopf wäre frei. Sie konnte rennen und sehen. Es würde eine Chance zur Flucht für sie geben. Das musste es.
Sie wartete auf den Moment. Ihre Arme verkrampften sich schmerzlich. Vorsichtig bewegte sie die Finger, damit das Blut wieder floss.
Es war gut, dass Großvater sich beruhigt zu haben schien. Er hatte mehrere Minuten lang nichts gesagt. Und der Stock war auch nicht wieder aus der Dunkelheit auf sie niedergesaust. Sie begann sich zu fragen, ob er eingeschlafen war. Sie hoffte es, aber sie wagte nicht, sich die Decke vom Kopf zu ziehen, aus Angst, er könnte noch wach sein. Sie konnte keine Bewegung machen, nicht ehe die Kutsche stehen blieb. Es wäre Wahnsinn, von einer fahrenden Kutsche in die Dunkelheit zu springen, und sie war nicht so verzweifelt, noch nicht.
Eine Ewigkeit schien zu verstreichen, ehe die Kutsche schließlich langsamer wurde. Das Geräusch der Pferdehufe veränderte sich - die Oberfläche der Straße änderte sich. Eine Stadt? Eine Mautstation? Würden sie anhalten, um die Pferde zu wechseln, oder nur, um die Maut zu zahlen? Unauffällig lockerte sie ihre Muskeln, sofern das möglich war, machte sich bereit.
Es war eine Poststation. Sie hörte Pferdeburschen herbeieilen, und jemand verlangte ein frisches Gespann. Es kam zu einem Streit, und sie konnte hören, wie ihr Großvater zu dem Fenster rutschte, um selbst den unverschämten Wirt in seine Schranken zu weisen, weil er es wagte, ihn aufzuhalten.
Mit ihren gefesselten Händen tastete sie nach dem Türgriff und drehte ihn. Die Tür ging auf. Blitzschnell zog sie sich die Decke vom Kopf und sprang auf den Hof des Wirtshauses. Ihre Knie gaben nach, weil ihre Beine die letzten Stunden nicht bewegt worden waren, und sie stolperte.
Hinter ihr erklang ein Schrei. Prudence taumelte entschlossen vorwärts, während das Blut ihr bei jedem Schritt beißend in die Glieder zurückströmte. Ein goldener Lichtschein fiel auf das Kopfsteinpflaster, und die Tür des Gasthofes stand einen Spaltbreit offen. Drinnen waren Menschen, die ihr vielleicht helfen würden. Ohne zu zögern, hielt sie auf das Licht zu.
Sie stolperte durch die Tür und schaute sich wild um. Der Gastraum war beinahe verlassen. Zwei alte Männer saßen am Kamin und starrten sie mit offenen Mündern an. Eine mütterlich aussehende Frau wischte einen Tisch mit
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