Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ein koestliches Spiel

Titel: Ein koestliches Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Gracie
Vom Netzwerk:
einem Tuch ab. Niemand sonst war da. Prudence lief zu der Frau, versuchte, etwas durch den Knebel hindurch zu sagen.
    „Himmel!“, rief die Frau. „Was geht denn hier vor? Sieh nur, Arthur, irgendein niederträchtiger Schurke hat der armen jungen Dame die Hände gefesselt und sie mit einem widerlichen Fetzen geknebelt.“
    Ein Mann mittleren Alters, vermutlich der angerufene Arthur, tauchte hinter dem Schanktisch auf und schaute sie an.
    „Woher willst du wissen, dass sie ’ne Dame ist?“, fragte einer der alten Männer.
    Prudence warf einen verzweifelten Blick zur Tür und machte drängende Geräusche. Warum waren diese Leute nur so langsam?
    „Sieh dir ihre Kleider an, Schwachkopf“, sagte der andere. „Fein wie ein Goldtaler ist sie - oder war es, bis jemand das silbrige Zeug, das sie trägt, zerrissen hat. Hat bestimmt ein schönes Sümmchen gekostet.“
    „Scheren Sie sich nicht um die Dummerjane, meine Liebe“, sagte die Frau. „Wir kümmern uns um Sie.“ Tröstend legte sie Prudence einen Arm um die Schultern. „Arthur, sie zittert wie ein Blatt, das arme kleine Ding. Ich weiß nicht, in was für Schwierigkeiten Sie stecken, Miss, aber jetzt sind Sie in Sicherheit. Mein Arthur wird Sie beschützen.“ Sie hob die Hände, um den Knebel zu lösen. „Wer hat Ihnen denn etwas so Schreckliches angetan?“
    In diesem Moment hallte ein Geräusch wie ein Pistolenknall durch den Schankraum. „Ich verbiete Ihnen, diese Frau loszubinden!“ In der Stimme ihres Großvaters schwangen die Autorität und Arroganz von Generationen mit. Sich schwer auf seinen silbern verzierten Ebenholzstock stützend, hinkte er in die Mitte des kleinen Raumes mit der niedrigen Decke, als gehörte er ihm. In seiner linken Hand hielt er den Stock, in der rechten hatte er seine Peitsche.
    Verzweiflung drohte Prudence zu überwältigen, als sie sah, welche Wirkung sein aristokratisches, anmaßendes Auftreten auf die Dorfbewohner im Gasthof hatte. Sie waren erstarrt.
    Als die Peitsche erneut knallte, zuckten alle im Raum Anwesenden zusammen. Die zwei stämmigen Henkersknechte ihres Großvaters traten hinter ihm ein, eine stumme Warnung an alle, die in Erwägung zogen, dem Mann mit der Peitsche nicht zu gehorchen.
    „Sie ist eine gefährliche Irre! Gehen Sie von ihr weg, Schankwirtin, zu Ihrer eigenen Sicherheit!“ Die Peitsche bewegte sich, die Lederschnur kräuselte sich zärtlich um seine Stiefelspitzen, als sei sie lebendig.
    Prudence schüttelte heftig den Kopf, um die Anschuldigung ihres Großvaters abzustreiten. Mit den Augen flehte sie die Frau an, ihm nicht einfach zu glauben, sich ihm zu widersetzen und den Knebel zu lösen. Wenn ihr Mund frei war, konnte sie sich wenigstens verteidigen.
    Die Frau rührte sich nicht. Doch sie bewegte sich auch nicht von Prudence weg. Ein winziger Hoffnungsfunke flammte in Prudences Herz auf.
    „Ich sagte, treten Sie von ihr weg!“ Er betrachtete die Frau, als sei sie ein lästiges Insekt. Die Peitsche bewegte sich wieder.
    „Ich nehme in meinem Gasthof keine Befehle entgegen“, antwortete die Wirtin kühn und erwiderte seinen Blick uneingeschüchtert. „Was haben Sie mit dieser jungen Dame vor? Woher weiß ich, dass Sie es gut mit ihr meinen?“
    Prudence nickte heftig, um die Frau zu bestätigen. Großvater meinte es überhaupt nicht gut mit ihr.
    „Unverschämte Schlampe! Ich bin Lord Dereham von Dereham Court, Norfolk.“ Er machte eine Pause, um das wirken zu lassen. „Und dies ist meine flüchtige Gattin, die ich nach Bedlam bringe. Jetzt treten Sie endlich zur Seite, damit meine Männer sie wieder in die Kutsche verfrachten können, aus der sie geflohen ist.“
    Flüchtige Gattin? Bedlam! Das Bethlehem Royal Hospital, wo Irre eingesperrt wurden. Prudence war schlecht vor Angst. Konnte er wirklich Vorhaben, sie in Bedlam wegzusperren? Sobald sie dort erst einmal hinter Schloss und Riegel war, würde ihr niemand mehr ihre Geschichte glauben; sie würde nie wieder freikommen. Und an jenem höllischen Ort würde sie wirklich verrückt werden. Verzweifelt schüttelte sie den Kopf.
    „Sie sieht mir überhaupt nicht wie eine Irre aus“, entgegnete die Wirtin langsam. „Und sie ist schrecklich jung, fast zu jung, um Ihre Gemahlin zu sein. Lasst uns hören, was sie selbst dazu zu sagen hat.“ Wieder streckte sie ihre Hand zu dem Knebel aus.
    „Fass sie ja nicht an, du fette Schlampe!“ Die Peitsche fraß sich in die weiche Haut auf dem bloßen Arm der Frau, und als sie vor Wut

Weitere Kostenlose Bücher