Ein koestliches Spiel
seine entsetzliche Engstirnigkeit angekämpft. Sie war kein schwaches Geschöpf, kein hilfloses Weibsbild. Sie war nichts und niemandem sklavisch ausgeliefert. Darauf hatte sie sich immer etwas eingebildet.
Und jetzt? Hilflos wand sie sich unter einem Mann, der sich gerade die schockierendsten Freiheiten herausgenommen hatte, und sie wünschte sich - wie entsetzlich! - mehr davon.
Obwohl sie verlobt war ... Wie konnte eine anständige Verlobte die anstößigen Avancen eines Fremden begrüßen? Alle ihre Prinzipien, ihre Standhaftigkeit hatten sich einfach in Rauch aufgelöst vor dem Geschick eines Frauenhelden.
Wieder beugte er sich vor und küsste sie. Mit seiner Zunge strich er über ihre geschlossenen Lippen, mit den Zähnen knabberte er vorsichtig daran, verlangte Einlass. Und ihr Körper sehnte sich danach, sich ihm zu öffnen, ihm zu erlauben, was auch immer er wollte.
... sklavisch ihren niederen Trieben ausgeliefert...
Es war nicht ihre erste Erfahrung mit ihren niederen Trieben, aber Prudence würde keines Mannes Sklavin sein. Sie war überrascht worden, aber sie war eine Frau mit Grundsätzen. Oder wenigstens versuchte sie, es zu sein. Sie schob seinen Kopf weg.
„Lassen Sie mich los, Sir“, verlangte sie. „Ich möchte aufste-hen.“ Unglücklicherweise klangen ihre Worte eher lahm, beinahe verträumt, und alles andere als überzeugend. Es war ihr peinlich, als sie merkte, dass sie mit ihren Händen sein Gesicht hielt. Fast war es, als könnte sie ihn nicht loslassen.
Er atmete tief ein, blinzelte und starrte auf sie herab. Der Ausdruck in seinen Augen ließ sie nach Luft schnappen. Er schien sich zusammenzureißen, und seine Miene änderte sich. Es war, als sei ein Vorhang über seine Augen gefallen, und das Lachen kehrte in sie zurück. Er richtete sich ein wenig auf, tat einen weiteren tiefen Atemzug und lachte, unverzeihlicherweise. „Ich bezweifle, dass Sie jetzt stehen können.“ Da war ein wissendes Glimmen in seinem Blick und selbstzufriedener Mannesstolz, Belustigung. Und ein sorglos besitzergreifender Ausdruck.
Er glaubte, dass er sie jederzeit haben konnte.
Diese Erkenntnis brachte sie vollends in die Realität zurück. Er mochte ein Lebemann sein, aber Prudence Merridew war kein leichtes Mädchen! Selbst wenn sie sich wie eines benommen hatte, einen Moment lang oder zwei. Oder auch drei.
Gütiger Himmel. Jeden Augenblick konnten Lily oder dieser schreckliche Butler kommen - von Großonkel Oswald oder dem Duke gar nicht zu reden - und sie hier in einer höchst pikanten Pose mit einem berüchtigten Wüstling vorfinden. Sie würde lieber sterben, als das zuzulassen.
„Ich sagte, lassen Sie mich los, Sir! “ Dieses Mal klang ihre Forderung nachdrücklicher und strenger, bemerkte sie zufrieden. Selbst wenn sie sich noch herrlich träge fühlte, zittrig, und das Gefühl seiner Arme um sich viel zu sehr genoss.
Er lächelte, schüttelte herausfordernd den Kopf und festigte seinen Griff. Wieder beugte er sich zu ihr hinab, in der eindeutigen Absicht, sie erneut zu küssen, bis kein Restchen Vernunft mehr in ihr war. Das konnte sie unmöglich zulassen. Nicht einen einzigen Kuss, sosehr sie sich auch danach sehnte. Sie musste sich einfach befreien. Je länger sie in so engem Kontakt mit ihm blieb, desto weiter würde ihre Standhaftigkeit nachlassen. Und desto stärker würde ihr Verlangen, seinen Mund einmal mehr auf ihrem zu spüren ...
Prudence bekam es mit der Angst zu tun. „Lassen Sie mich aufstehen! Ich habe genug von Ihrer Anmaßung, mein Herr!“ Ihr Ton glich dem ihres Großonkels bis ins letzte Detail, dachte sie, aber es war das Beste, was sie zustande brachte.
Seine Brauen zuckten nach oben. „Anmaßung?“
Prudence wurde rot. „Ich möchte gerne aufstehen, mein Herr. Ich bin nicht länger ... geschwächt.“ Sie konnte ihm nicht in die Augen sehen.
„Aber es war doch so schön, Sie ... äh, auf diese Art wieder zu ... äh ... beleben. Sind Sie ganz sicher, dass Sie wieder völlig hergestellt sind?“, schnurrte er herausfordernd.
Jetzt reichte es aber. Er spielte mit ihr! Prudence riss sich zusammen. „Lassen Sie mich los, Sir.“ Sie hob die Hände, um ihn wegzustoßen. Das Retikül, das immer noch an ihrem Handgelenk hing, schlug gegen ihren Arm.
„Nein!“ Er grinste unverfroren. „Ich denke, Sie brauchen noch ein wenig mehr ... Belebung.“
„Bitte, lassen Sie mich aufstehen!“
Er schüttelte den Kopf.
„Wenn Sie sich nicht wie ein Gentleman
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