Ein koestliches Spiel
Möbeln vollgestopft, die mittlerweile völlig aus der Mode sind. Und am schlimmsten ist, dass Edward Möbel egal sind. Daher lässt er alles, wie es ist, und beleidigt so das Feingefühl von Leuten mit Geschmack! Sie haben wenigstens eine Entschuldigung dafür, dieses furchtbare Retikül herumzuschleppen, da es Ihnen von einem Kind auf gedrängt wurde.“
„Grace ist kein Kind, und sie hat es mir nicht aufgedrängt. Außerdem mag ich zufälligerweise ..." Sie brach ab und holte tief Luft, zügelte ihr Temperament mit Mühe. „Wir werden nicht länger über mein Retikül reden“, erklärte sie mit Würde. „Um mein Retikül geht es hier nicht.“
„Sagen Sie das diesen Schrammen!“
Sie konnte nicht anders, als zu seiner Stirn zu schauen. Es waren wirklich ein paar schwache rote Stellen zu erkennen, wo sie ihn mit der Ecke des Sarkophags getroffen hatte. Schuldbewusst blickte sie ihm in die Augen - und entdeckte dort in den dunklen Tiefen übermütiges Lachen. In dem Mann war keine Spur von Reue.
Prudence öffnete den Mund, um zu sprechen. Sie würde ihm das zuversichtliche Lächeln vom Gesicht wischen.
„Ah, ich sehe, dass Sie sich erholt haben“, unterbrach sie der Duke von der Türschwelle aus.
Prudence überlegte, wie lange er dort wohl schon stand. Etwas in seiner Miene, ein Ausdruck unterdrückter Belustigung, weckte in ihr den unguten Verdacht, dass er mehr von ihren Händeln mit Lord Carradice mitbekommen hatte, als es ihr lieb sein konnte. Sie spürte, wie sie vor Verlegenheit rot wurde.
„Ja, die Farbe kehrt in Ihre Wangen zurück“, bemerkte der Duke mit so ausdrucksloser Stimme, dass es ihren Verdacht bestätigte. „Sir Oswald ist es endlich doch noch gelungen, eine seinen Erwartungen einigermaßen entsprechende Droschke zu finden, und Ihre Zofe wartet in der Halle mit Riechsalz.“
„Und Ihr Verlobter wird Sie zur Tür begleiten“, bot sich Lord Carradice leutselig an, „wenn Sie uns freundlicherweise sagen, wer von uns beiden das ist.“ Er bot ihr seinen Arm in einer spöttischen Nachahmung höflicher Manieren.
Der Mann war unmöglich. „Sie wissen sehr gut, dass ich mit keinem von Ihnen verlobt bin! “ Prudence hob ihr Kinn und schickte sich an, aus dem Salon zu marschieren.
Lord Carradice legte ihr beschwichtigend eine Hand auf den Arm. „Oh, aber wenn Sie sich doch in den letzten viereinhalb Jahren nach mir verzehrt haben, glaube ich wirklich, dass Sie einen Verlobten verdienen.“
„Verzehrt?“, wiederholte Prudence aufgebracht. „Ich würde mich nie eines so rückgratlosen Verhaltens befleißigen! Und selbst wenn, würde ich mich nie nach Ihnen verzehren, Lord Carradice, wie Sie sehr gut wissen!“
„Oh, aber jetzt haben Sie mich doch so viel besser kennengelernt ..." Er zog die Augenbrauen in die Höhe. „Sie werden sich verzehren, Prudence, keine Sorge.“
Es war empörend, so etwas zu behaupten, besonders, da sie noch immer den Druck seiner Lippen auf ihren zu spüren meinte. Und seinen Geschmack. Prudence sah von seinen funkelnden Augen zu der großen, kräftigen Hand auf ihrem Arm.
Er war unverbesserlich.
Und unglaublich charmant. Aber sie würde sich davon nicht einwickeln lassen, nicht zur Unterhaltung eines leichtfertigen Schürzenjägers. „Lassen Sie mich bitte endlich gehen!“, verlangte sie ärgerlich.
„Nein, niemals, mein Herz. Ich lasse meine Verlobten niemals gehen“, verkündete er mit seelenvoller Miene.
„Ach, hören Sie doch auf! Ich habe Ihnen doch schon die Wahrheit gesagt!“, fuhr sie ihn an und versuchte erfolglos, sich von ihm loszureißen. Sie wandte sich an den Duke und erklärte hastig: „Es tut mir ehrlich leid wegen der Störung, Euer Gnaden. Die letzten viereinhalb Jahre war ich wirklich heimlich verlobt - mit einem Mann namens Phillip Otterbury, und Lord Carradice weiß, warum ich meinem Großonkel nichts von ihm sagen konnte.“ Sie bemühte sich weiter, ihren Arm aus Lord Carradices Griff zu befreien. „Jetzt lassen Sie mich los!“ Und damit holte sie wieder mit dem Retikül aus, zielte damit zum dritten Mal auf seinen Kopf.
Doch diesmal war Gideon besser vorbereitet. Er ließ sie los und duckte sich, sodass der Pappsarkophag harmlos gegen seine Schulter stieß. Lachend schaute er auf und sah ihr nach, wie sie ohne einen Blick zurück aus dem Haus stürmte. Einen Moment später hörte man die Haustür zuschlagen.
„Das“, sagte der Duke nachdenklich, „ist eine höchst ungewöhnliche junge Dame.“
Gideon
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