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Ein koestliches Spiel

Titel: Ein koestliches Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Gracie
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verwirrt und ein bisschen argwöhnisch zu ihm um. „Was denn?“
    „Dieses Grübchen.“
    Sie zeigte ihm die kalte Schulter und betrachtete schweigend ihre Umgebung.
    „Sehen Sie, da tut es das schon wieder“, erklärte er leise. „Jedes Mal, wenn Sie sich ärgern und schulmeisterlich werden, mich in meine Schranken verweisen wollen, lugt es hervor und verrät Sie.“
    Einen Augenblick lang verschwand das Grübchen, dann war es wieder da, als sie sich bemühte, den Anstand zu wahren und nicht zu lachen.
    „Ich finde es bewundernswert“, murmelte er und legte ihr einen Arm um die Mitte, um sie zu stützen, während sie in flotterem Tempo um eine Ecke bogen. Eingeengt durch die dicken Falten ihres Umhangs konnte sie ihn nicht so abwehren, wie sie es am liebsten getan hätte, das merkte er.
    „Es wäre schrecklich, wenn Sie herausfallen sollten“, sagte er und festigte seinen Griff. „Es ist so würdelos und auch gefährlich.“
    Sie unternahm einen halbherzigen Versuch, von ihm wegzurutschen, dann seufzte sie und ließ es zu, dass er sie fest an seiner Seite hielt. Ein gestrenger Blick gab ihm zu verstehen, dass sie keine weitergehenden Vertraulichkeiten dulden würde. Nach ein paar Minuten wich alle Spannung aus ihrem Körper, und nach und nach schmiegten sich ihre warmen Kurven an ihn. Sie folgte den Bewegungen der Kutsche im Gleichklang mit ihm.
    Gideon musste lächeln. Es schien ihm, als sei er ihr seit einer halben Ewigkeit nicht mehr so nahe gewesen.
    Sie fuhren auf die Landstraße, und Gideon ließ die Grauen in einen gleichmäßigen Trab verfallen, fuhr einhändig, da er sich einfach nicht überwinden konnte, sie loszulassen. Sie würde wieder böse mit ihm sein, wenn sie herausfand, dass er nichts verkauft hatte. Aber er wollte verdammt sein, wenn er zuließe, dass sie ihre Habseligkeiten, die ihr so viel bedeuteten, verkaufte - und nur wegen alberner Sorgen um Anstand und Schicklichkeit.
    Anfangs hatte er auch vorgehabt, sie für sie zu veräußern, ohne weiter darüber nachzudenken. Was waren Juwelen schon außer Stücke von Metall und glitzernden Steinen; ein hübsches Zeugnis eines Geschäftsabschlusses. Männer gaben Frauen seiner Erfahrung nach die ganze Zeit Juwelen, ein Diamanthalsband für Gunstbeweise, Saphirohrringe als Entschuldigung, ein Smaragdarmband als wortloses Abschiedsgeschenk. Oh, Frauen sprachen stets von Zeichen der Liebe, aber er hatte das immer schon für Unfug gehalten, eine höfliche Lüge, um Habgier zu kaschieren.
    Bis jetzt.
    Er erinnerte sich an den sanften Ausdruck in ihren Augen, als sie in die Schachtel gesehen hatte. Die Frauen, die er kannte, hätten gezögert, den Saphir- oder Diamantschmuck herzugeben -denn die waren eindeutig die schönsten und wertvollsten Stücke. Doch das Schmuckstück, das Prudence am widerstrebendsten hergegeben hatte, war ein zerkratztes und abgenutztes Medaillon mit zwei amateurhaften Porträts darin.
    Tränen waren in ihren Augen gewesen, als sie es ihm gegeben hatte, da war er sich sicher, trotz der Dunkelheit. Etwas in ihrer belegten Stimme und wie sie seinem Blick ausgewichen war, hatte sie verraten.
    Tränen. Wegen eines verkratzten alten Medaillons mit zwei schlechten Miniaturporträts.
    Er war nicht in der Lage gewesen, einen genaueren Blick auf beide Bilder zu werfen, aber eines der Bilder zeigte ein Männergesicht. Ihre Eltern? Oder war der Mann in dem Medaillon Otterbury? Wenn sie nicht mit den Tränen gerungen hätte, hätte er sie vielleicht offen gefragt. Aber jetzt war nicht der richtige Augenblick dafür.
    Bald schon ließen sie die Lichter Londons hinter sich. In schnellem Tempo passierten sie mehrere verschlafene Dörfer, das einzige Licht war das des Mondes und der Kutschenlampen. Das Klappern der Hufe hallte durch die Nacht, weckte hier und da ein paar Hunde, die in der Feme bellten. Für Prudence fühlte es sich an, als seien sie die einzigen Menschen auf der Welt, die wach waren.
    Als Erwachsene war sie nur wenig gereist und empfand die Geschwindigkeit des Phaetons als ein bisschen beunruhigend, besonders auf der Poststraße. Es war höchst beängstigend, so halsbrecherisch schnell in die Nacht zu fahren und dabei nicht genau zu wissen, wohin die Fahrt ging. Daher war sie sehr dankbar, wenn wenigstens ab und zu der Mond zwischen den Wolken hindurchschien.
    Der Mond! Er war erst vor Kurzem aufgegangen, und jetzt schien die schwere, fahle Scheibe hinter ihnen vom Nachthimmel.
    „Lord Carradice, wir fahren vom Mond

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