Ein Komet fält vom Himmel
in Schottland. In Prestwick. Nächster Flughafen ist Glasgow.«
Dann setzte er seine Milchkannen ab, streckte die Beine im Sessel von sich und war ganz ruhig, als Lil vor Freude zu weinen begann und sich gar nicht beruhigen konnte.
Später erst rückte er damit raus: »Hier sind die Flugtickets, Lil. Alles ist durchorganisiert, wie's Herpi am Telefon gesagt hat. Erster Flug nach Paris … dann mußt du alles abschütteln, was sich unter Garantie an deine Fersen heften wird … und flieg erst weiter nach London und Glasgow, wenn du ganz sicher bist, daß dir keiner folgt. Herpi erwartet dich in Prestwick auf dem Bahnhof. Er wird ab übermorgen jeden aus Glasgow eintreffenden Zug erwarten. Übrigens: Herp heißt jetzt Gregor McLaught und hat – halt dich fest, Lil – rote Haare!«
»Ich könnte dich küssen, Mark!« schrie Lil. »Ich könnte alles mit dir tun!«
»Laß dich nicht davon abhalten, Baby.« Neumond grinste breit. »Irgendwie muß ich doch dafür entschädigt werden, diese Jahrhundertstory nicht verkaufen zu dürfen …«
Er gab sich dann mit einem Kuß und einigen doppelten Whiskys zufrieden. Eine Stunde später war er der einzige Milchmann New Yorks, der anscheinend durch Milch betrunken wurde … er schwankte aus dem Haus und ließ sich mit einer Taxe nach Hause fahren.
»Mann!« sagte der Taxifahrer, als sie am Ziel waren. »Ihre Milch bestelle ich auch!«
»Wenn Sie wüßten –«, lallte Mark Neumond. »Boy, wenn Sie wüßten …«
Lil Abbots Weg wurde vom FBI bis zum New Yorker Flughafen verfolgt.
»Paris!« sagte der Chef in der Zentrale. »Aha! Sollte Europa doch stimmen? Zum Teufel, wie hat Herp sie benachrichtigt?! Fernschreiben an den CIA in Paris: Lil Abbots Spur darf unter keinen Umständen verloren werden.«
Aber Befehle sind so eine Sache … der sie ausspricht, tut sich leichter als der, der sie ausführen muß. Auch Lil Abbots Überwachung endete in Orly, dem Flughafen von Paris.
Lil ging auf die Damentoilette – und tauchte nicht wieder auf. Eine weibliche CIA-Angestellte fand das Fenster zu einem Gepäcksteig offen … ein uralter Trick, immer noch wirksam und – blamabel für den Pariser CIA! Es half keine Untersuchung dieses Vorfalls … Lil Abbot war untergetaucht. Man suche ein Mädchen in Paris – es ist unmöglich.
Lil wartete zwei Tage, dann bestieg sie eine Maschine nach London. Das war völlig gefahrlos, denn die französischen Behörden hatten sich – wie vorauszusehen – geweigert, dem CIA dienlich zu sein. Ein Franzose ist nicht der Büttel der Amerikaner – das verbietet ihm sein Stolz.
So landete Lil unangefochten in London, stieg um nach Glasgow und bekam dort noch den letzten Zug nach Prestwick. Um genau 0 Uhr 27 lief der Zug in den kleinen Bahnhof ein … Lil hing aus dem Fenster und sah schon von weitem im trüben Licht der Bahnsteiglampen einen sehr vornehmen schottischen Gentleman stehen, mit roten Haaren und Brille.
»Gregor!« schrie sie und winkte mit beiden Armen. »Gregor! Gregor!« Sie zwang sich zu diesem Namen, obwohl ihr das »Herpi! Herpi!« auf den Lippen lag. Aber das war vorbei … man mußte sich daran gewöhnen, einen Schotten mit Namen Gregor McLaught zu lieben …
Herp Masters wartete, bis der Zug hielt, ging dann aufrecht und nicht sehr schnell, ganz Brite, zum Wagen und half Lil auf die Erde. Dann küßte er sie – sehr distinguiert.
»Herpi –«, flüsterte Lil an seinem Hals. »Herpi, ich werde ohnmächtig vor Freude. Halt mich fest, halt mich ganz fest … ich habe keine Beine mehr –«
Er faßte sie unter, trug sie fast vom Bahnsteig und verfrachtete sie in einen Mietwagen.
Erst hier, in dem kleinen Blechkäfig, küßte Herp Masters Lil richtig und sagte:
»Lil, ich verspreche dir eins: Ich werde nie wieder versuchen, die frommen Lügen, mit denen wir Menschen leben, zu zerstören. Ich habe begonnen, meinen ersten Roman zu schreiben. Märchen erzählen – das ist etwas Schönes. Seit Jahrtausenden liebt man die Märchenerzähler. Das ist alles, was ich dir im Augenblick bieten kann. Willst du trotzdem meine Frau werden?«
»Wäre ich sonst hier, du Kindskopf?« fragte Lil zärtlich zurück.
»Okay! Der Pfarrer weiß schon Bescheid. In zwei Wochen heiraten wir in der St. Patrick-Kirche von Prestwick …«
Dann ließ er den uralten Wagen an, der Motor schnaufte, alles klirrte um sie herum, aber das Ding fuhr wirklich und trug sie hinaus in die nebelige, feuchte Nacht.
Schon nach zwanzig Metern hatte sie der Nebel
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