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Ein Kreuz in Sibirien

Ein Kreuz in Sibirien

Titel: Ein Kreuz in Sibirien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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erste Fahrer, der sich meldete – die anderen hatten Mühe, den Sonntag abzuschütteln, duschten sich noch kalt und dachten an die nächtlichen Stunden der Liebe.
    »Mein lieber Victor Juwanowitsch«, sagte Smerdow, gähnte, kratzte sich zwischen den Beinen und stieß dann pfeifend Luft aus, »immer voran, immer einsatzbereit, immer freudig am Aufbau des Staates. Heute geht's auf eine verdammte Strecke. Machst sie zum erstenmal, deshalb warne ich dich. Die Fahrt geht nach Tetu-Marmontoyai. Kein Begriff, was? Frag die anderen Genossen; die halten sofort ihre Hosen fest und fressen im voraus zehn Eier.« Smerdow grinste breit, aber so, als müsse er wie ein Märtyrer Freude über seinen Tod zeigen. »Es geht ins Frauenlager, Abukow!«
    »Von mir aus«, sagte Abukow leichthin. Sein Herz aber schlug schneller. Aus allen Berichten, die man in Rom vorliegen hatte und die er und Monsignore Battista immer wieder durchgesprochen hatten, konnte man entnehmen, daß der unglückliche Bruder Pjotr nie die Gelegenheit gehabt hatte, bis ins Frauenlager vorzudringen. Es war Neuland … »Ich habe davon gehört. Achthundert Verurteilte.«
    »Achthundert?« schrie Smerdow und rollte die Augen. »Fast zweitausend sind es. Vollgestopft bis unter die Sparren. Die Baracken quellen über vor Weiberleibern! Das hat man noch nie gesehen: Wohin man blickt: Brüste und Schenkel. Hast du schon mal den Finger in ein Schmiedefeuer gesteckt? Ein Vergnügen ist es gegen das, was passiert, wenn die einen Mann in die Hände bekommen. Frag Valerian Petrowitsch Utiaschwili, den Georgier in deiner Brigade. Der hat's erlebt, der hat's hinter sich. Seitdem weigert er sich, ins Frauenlager zu liefern. Lieber aufgehängt werden, schreit er sofort, wenn er das hört. Utiaschwili lieferte Kartoffeln ab und war so unvorsichtig, einen Blick in die Wäscherei zu werfen. Schwupp, war er weg. Haben ihn mit einem Ruck hineingezogen, den Mund mit einem Handtuch zugestopft, und vier Weiber haben ihn weggetragen zum Lager der schmutzigen Wäsche. Haben ihn auf die weichen Berge geworfen, ja, und dann …« Smerdow seufzte tief und kratzte sich wieder zwischen den Beinen. »… die Hölle brach auf, mein lieber Abukow. Überall Brüste, Bäuche, Unterleiber. Im Ruckzuck war Valerian Petrowitsch nackt, er brüllte, aber der Handtuchknebel stak ja zwischen seinen Zähnen, und da blieb er … Was soll ich sagen? Als man Utiaschwili nach drei Stunden vorsichtig hinter der Wäscherei ins Gras legte, war er wie von Raubtieren zerbissen, besinnungslos und so zugerichtet, daß die Genossen Ärzte in Surgut sich berieten, ob man ihm nicht eine Penisplastik machen sollte. Abukow, ich habe den Armen besucht – so etwas von einem zugerichteten Mann hält man nicht für möglich!« Smerdow verdrehte die Augen und seufzte wieder tief. »Und nun mußt du hin, mein lieber Victor Juwanowitsch. Gibt keinen Ausweg, jeder muß mal ran. Ihr werdet mit zehn Wagen fahren. Man hat angerufen, das Magazin ist fast leer. Ich warte immer bis zum letzten Augenblick.« Smerdow hob väterlich belehrend den Zeigefinger. »Also, Abukow: Nie in die Nähe von mehr als zwei Weibern kommen! Ab drei bist du verloren …«
    »Keine Sorgen«, sagte Abukow und bemühte sich, frech zu grinsen. »Was auch passiert – ich bin nun vorbereitet und gut in Form.«
    »Diese Jungen!« stöhnte Smerdow und wischte sich mit beiden Händen über das leidende Gesicht. »Der saftigste Baum hält nicht stand, wenn hundert Säue daran knabbern.«
    Das Beladen der Lkw ging schnell, nachdem alle Mitarbeiter eingetroffen waren. Am längsten dauerte es bei Abukow. Sein Kühlwagen Nummer 11 mußte unter Ausnutzung aller Ecken und Winkel mit den begehrtesten Lebensmitteln beladen werden. Mit Fleisch, Butter, Quark, Käse, Wurst, Schinken, Hühnern, Schokolade und allem, was verderblich war, vor allem jetzt in dem ungewöhnlich glühenden Sommer. Aber nach zwei Stunden stand die Kolonne bereit, der Leiter des Konvois ging die Wagenreihe entlang und benahm sich, als schreite er eine Ehrenformation ab. Abukows neuer Beifahrer, ein Usbeke mit dem Namen Safar Witaliwitsch Chakimow, bohrte in der Nase und scharrte mit den Füßen am Kabinenblech. Er war schon dreimal im Frauenlager gewesen und hatte das Glück gehabt, jeweils nur ein Mädchen schnappen zu können. Er verschwand mit ihr irgendwo hinter einem Stapel Holz. Beim letzten Besuch hatte er dann erfahren, daß er bei seinem ersten Weibchen Vater würde, und das Mädchen war

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