Ein Kuss für die Ewigkeit
Euch tatsächlich angehört wie ein altes Weib.“ Keldra bedachte er mit einem herablassenden Lächeln. „Und du machst dich ganz ausgezeichnet als Einfaltspinsel.“
„Dafür siehst du aus wie einer“, erwiderte das Dienstmädchen prompt.
Finn ignorierte die beiden. „Nun, Mylady, darf ich fragen, was Euren Sinneswandel herbeiführte? Waren die Gestalten doch nicht so vertrauenswürdig?“
„Wenn Ihr es unbedingt wissen wollt, ich kenne den Mann. Das war Lord Gilbert of Fairbourne, der einmal um meine Schwester warb. Ich bin mir sehr sicher, er hätte uns geholfen, wenn ich ihn darum gebeten hätte.“
Abwartend und sichtlich unzufrieden mit ihrer Antwort schaute Finn sie an.
„Er ist auf dem Weg zu Lord Wimarcs Burg.“
Das ließ den Iren hellhörig werden. „Weshalb?“
Nun hob sie das Kinn und ging hochnäsig an ihm vorbei. „Ich habe mich nicht danach erkundigt.“
Als er hinter ihr herhastete, verfluchte er sich für sein Verhalten. Er hatte wie ein beleidigtes Kind geschmollt, als sie ihm sagte, was sie zu tun beabsichtigte. Innerlich hatte er sie als undankbares Weib beschimpft, weil er sich die Mühe gemacht hatte, ihr zu helfen. Gott behüte, er hatte sich sogar versucht gefühlt, sie zu packen, über die Schulter zu werfen und in den Wald zu tragen.
Anders als sie selber hatte er sich nicht vorstellen können, jemand würde sie beim Wort nehmen und ihr glauben, dass sie Lady Elizabeth d’Averette war, auch wenn sie so redete und sich so verhielt wie eine Adlige. Er war davon überzeugt gewesen, dass die Reisenden sie für eine Bäuerin halten würden, die ihnen etwas vorzumachen versuchte, oder für eine Kurtisane, die vom Pech verfolgt war. Auf jeden Fall hätten diese Menschen Elizabeth seiner Ansicht nach mit Verachtung gestraft.
Oder ihr wäre noch viel Schlimmeres widerfahren. Als er zehn Jahre alt gewesen war, hatte er miterleben müssen, was Soldaten mit einer Bäuerin machten, die allein und schutzlos auf der Straße unterwegs gewesen war. Ein Rudel Wölfe wäre noch gnädiger gewesen.
Aus diesem Grund hatte er sich ein Versteck gesucht und das Geschehen beobachtet, um gegebenenfalls zu Elizabeth’ Verteidigung zu eilen. Auch wenn er wusste, wie tapfer und willensstark diese Frau war, die sich vermutlich mit jedem Adligen messen und den Respekt einfordern konnte, der ihr zustand, war er einfach nicht in der Lage gewesen, sie ihrem Schicksal zu überlassen. Genauso wenig, wie er den Gedanken ertragen konnte, dass Ryder in einem Verlies sterben sollte.
Selbst wenn er sich durch sein Verhalten zum Narren machte. „Mylady, Ihr geht in die falsche Richtung.“
Sie hielt inne, machte kehrt und lenkte wortlos ihre Schritte an Finn vorbei in die Richtung, aus der sie gekommen war. Wieder folgte er ihr und Garreth und das Dienstmädchen liefen wiederum ihm hinterher. „Dann ist dieser Gilbert also auf dem Weg nach Castle de Werre?“, fragte er in der Hoffnung, einen Waffenstillstand schließen zu können.
„Das hat er gesagt.“
„Was für eine Sorte Mann ist er?“
„Raffgierig. Arrogant. So wie die meisten Männer.“
„Dann könnte er sich mit Wimarc verbündet haben.“
„Das könnte sein. Er ist auch sehr ehrgeizig.“ Sie sah Finn an. „Gilbert war in Averette und warb um Adelaide. Als sie ihn nicht wollte, versuchte er es bei meiner anderen Schwester und dann bei mir, nachdem auch Gillian ihm einen Korb gegeben hatte. Und er besaß sogar die Frechheit, mich zu küssen.“
Das hatte ihr offensichtlich nicht gefallen, dachte Finn. Er war sich sicher, wenn er sie küsste, würde sie das nicht mit solcher Abscheu im Gedächtnis behalten.
„Er ist ein aufgeblasener, herablassender Tor“, fuhr sie fort und holte Finn ins Hier und Jetzt zurück. „Ich kann mir vorstellen, dass er zum Verräter wird, wenn er sich übergangen oder ausgenutzt fühlt. Vielleicht hatten Adelaide und Gillian mit ihrer Befürchtung recht, dass John ein König ist, der durch seine Habsucht und Wollust Männer dazu bringt, gegen ihn zu rebellieren.“
Am Hof hatte Finn genug mitbekommen, um zu wissen, wie tief der Hass der Adligen auf John war. „Viele Lords verabscheuen ihn. Er verlangt von ihnen nicht nur Steuern, um seine Kriege zu bezahlen, sie haben auch viele Söhne verloren, weil er seine Ländereien in Frankreich zurückerobern will. Und ihre Frauen und Töchter hat er zudem verführt.“
„Er mag ein schrecklicher Mann sein, aber er ist nun einmal der König“, entgegnete sie.
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