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Ein Kuss fur die Unsterblichkeit

Ein Kuss fur die Unsterblichkeit

Titel: Ein Kuss fur die Unsterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beth Fantaskey
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mir.
    Wir sahen
uns lange an und es herrschte eine seltsame Stille zwischen uns. Als versuchten
wir, mit unseren Augen einen Riss, der sich zwischen uns aufgetan hatte, wieder
zu kitten. Es war, als hätte jemand den Pflock genommen – den schrecklichen
Pflock, der immer noch in dem offenen Kasten zu sehen war – und mit solcher
Macht in den Boden gerammt, dass zwischen uns eine Kluft entstanden war.
    Würde diese
Kluft von nun an immer zwischen uns sein?
    »Warum hast
du mir diesen Raum nie gezeigt?«, fragte ich schließlich. »Warum hast du ihn
vor mir geheim gehalten?«
    »Sieh dich
doch um«, sagte Lucius, ohne den Blick von mir zu nehmen. »Du steckst schon
mitten in einer Welt voller Gewalt. Du hast die Gewalt geheiratet. Ich
wollte dich nicht noch zusätzlich erschrecken, indem ich dir auf solch unnötig
anschauliche Weise vor Augen führe, wie brutal deine neue Familie ist und in
welchem Ausmaß wir Vladescus Aggression verehren. Noch nicht.«
    Unendlich
viele Gedanken und Gefühle stürzten auf mich ein, als ich Lucius'
schmerzerfüllte Erklärung dafür hörte,
warum er mich bisher von dieser Kammer ferngehalten
hatte. Seine Familie war unglaublich wichtig für ihn. Und doch hatte er in
Amerika gelernt, dass Gewalt nicht der
einzige Weg ist, die Ordnung aufrechtzuerhalten. Auch er
hatte mit einer neuen Art zu leben zu kämpfen und er tat mir leid. Und ich schämte
mich dafür, dass er mich wieder
einmal als zu schwach eingeschätzt hatte, um mit meinem neuen Leben
zurechtzukommen – auch wenn ich tatsächlich nicht stark genug war.
    Ja, es lag
wirklich noch eine Menge Herausforderungen vor uns.
    Ich starrte
auf den Pflock, der gerade das größte Problem darstellte.
    Wie sollten
wir das den Ältesten erklären? Warum hatte ich nur auf Ylenia gehört? Die
Ältesten würden das Blut natürlich auch riechen und sofort denken, dass Lucius
schuldig war.
    »Jessica?«
Ich sah auf, als Lucius nach meinen Händen griff und seine Finger um meine
schloss. Ich spürte das X in seiner
linken Handfläche und merkte, wie es mir half, die
Verbindung zwischen uns wiederherzustellen – wie damals bei unserer Hochzeit,
als wir uns gegenseitig in die Hände
geritzt und unser Blut vermischt hatten. »Ich hatte noch mehr Gründe, dir
diesen Raum nicht zu zeigen«, gab er zu. »Egoistische Gründe.« Er sah mich
entschuldigend an. »Glaubst du, ich möchte dir unbedingt wieder in Erinnerung
rufen, was ich dir beinahe angetan hätte? Glaubst du, ich
hätte es irgendwie eilig gehabt, die Erinnerung an diese Nacht schon bald
wieder wachzurufen, und noch dazu im Schatten der dunkelsten Momente meiner
Vorfahren?«
    »Lucius
...« Ich drückte seine Hand, während ich um die richtigen Worte rang. Ich
dachte oft an diese Nacht. Ich konnte mich noch gut daran erinnern, wie sich
die Spitze seines Pflocks angefühlt hatte, als er sie unter meinem Brustbein in
mein Fleisch bohrte – und wie seine Reißzähne Minuten später meine Haut auf
eine ganz andere Weise durchbohrt hatten. »Vergiss nicht, dass es für mich auch
eine der schönsten Nächte in meinem Leben war. Du hast gesagt, für dich wäre es
die allerschönste gewesen.«
    »Und die
schlimmste«, erinnerte er mich.
    »Es war
beides«, beharrte ich. »Beides.«
    Zum ersten
Mal sah ich die Ereignisse an jenem Abend als ein untrennbares Ganzes und nicht
mehr wie zwei einzelne, vollkommen gegensätzliche Vorkommnisse – Lucius'
Drohung, mich zu vernichten, gefolgt von dem wunderschönen Moment, als er mich
gebissen und uns damit für die Ewigkeit miteinander verbunden hatte. Es war wie
bei dem Yin-Yang-Symbol, das ich auf Ranieros Arm gesehen hatte. »Vielleicht
musste all das so passieren, damit wir zusammenkommen konnten«, sagte ich.
»Vielleicht ist der Pflock ja ein guter Teil unserer gemeinsamen Geschichte.
«
    Lucius
lächelte grimmig. »Verzeih mir, aber ich habe im Moment doch eher
Schwierigkeiten, eine blutbefleckte Waffe, die ich beinahe gegen dich gerichtet
hätte – und die sich jetzt gegen mich gewandt hat –, als Vorbote eines
Happy Ends zu sehen.«
    Dann ließ
er meine Hände los und blies die Kerzen aus und ich hörte, wie der Deckel des
Kastens zuschnappte und Holz über
Stein schrappte, als er den Pflock in seinem Behältnis vom Tisch nahm, um ihn
zurück in unser Schlafzimmer zu tragen. Und obwohl er ihn ursprünglich holen
wollte, um mich damit zu beschützen, wusste ich, dass ich mit diesem Ding im
Zimmer kein bisschen besser schlafen würde.
    Der

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