Ein Land, das Himmel heißt
kreischender Kinder. Die Sache hatte sich herumgesprochen. Verbissen investierte sie erneut Geld in Perlen, änderte ihre Entwürfe, plante, Muster an die großen Kaufhäuser in Frankreich oder Deutschland zu senden, träumte von Bloomingdales in New York, konnte sich nicht vorstellen, dass diese kunstvollen Perlenbänder keinen Anklang finden sollten.
Am nächsten Monatsende, nachdem sie zähneknirschend die Lieferung des ersten Monats an einen Souvenirladen mit Rabatt verkauft hatte, weil die Stücke keine traditionellen Muster aufwiesen, lieferten die Frauen fast die doppelte Menge ab. Mit einem Blick erkannte sie, dass ein großer Teil der ihr dargebotenen Sachen nicht mit ihren Qualitätsglasperlen, sondern den sonst üblichen hergestellt worden waren. Alle Frauen der Umgebung schienen ihre alten Perlenerzeugnisse zusammengesucht und mitgebracht zu haben. Entschlossen sortierte sie die Sachen aus, weigerte sich, andere anzunehmen als die, die sie entworfen und finanziert hatte.
Die Frauen murrten untereinander, schimpften, fuchtelten mit den Armen. »Ich will mein Geld«, schrie eine, eine dicke Matrone mit wogender Brust in einer lila Strickjacke und rosa Rock. Sofort stimmten die anderen mit ein, die, die nicht zum Dorf gehörten und kein Geld zu erwarten hatten. Die Dicke baute sich vor ihr auf, sie verströmte einen beißenden Geruch von Rauch und Schweiß. Theatralisch hielt die Frau ihr einen Perlengürtel vor die Nase, wie er von den Zulufrauen üblicherweise getragen wurde. »Ich habe diesen gemacht, mit meinen eigenen Händen«, rief sie mit durchdringender Stimme und sah sich Beifall heischend um.
»Yebo, das hat sie«, bestätigten die anderen, scharten sich im engen Kreis um ihre Wortführerin, bildeten eine Mauer, die Jill den Weg abschnitt.
»Ich kann also Geld erwarten, denn es ist gute Arbeit«, rief die Aufwieglerin, und wieder stimmten die Freundinnen ihr zu. Mehrere trillerten schrill, rückten vor, standen so nah, dass Jill sie berühren konnte. Der Geruch von Schweiß, vermischt mit dem von billiger Seife, Rauch, dem Tiergeruch ihrer Rindslederröcke, stieg ihr in die Nase. Instinktiv wollte sie zurückweichen, stieß aber gleich mit dem Rücken gegen die Hauswand. Ihr Blick flog über die Köpfe der Menge, suchte nach Martin oder Ben, aber keiner war zu sehen. Zentimeter für Zentimeter schob sie sich an der Wand entlang zur Tür. Die Frauen folgten, ließen sie nicht aus den Augen, ihre schrillen Stimmen wurden zu einem Geräuschebrei.
Ein paar Kinder drängelten sich durch, ganz nach vorn, streckten ihr die Hände entgegen. »Süßigkeiten, Süßigkeiten«, schrien sie, »Ball, wir wollen auch einen Ball.« Sie zupften an ihrer Kleidung, und ein Junge riss einen Knopf von ihrer Bluse und zog sie ihr aus den Shorts. Triumphierend lachend lief er weg. Die anderen zerrten an ihr, bohrten ihre kleinen Hände in ihre Taschen. Sie hielt sich die Taschen zu, es half nichts, die kleinen Hände krabbelten sogar die Beine ihrer Shorts hoch.
Das war zu viel. »Geht nach Hause«, schrie sie, so laut sie konnte, »haut ab, ihr gehört nicht hierher. Suka!« Sie holte aus, erwischte ein Kind, dessen Hand tief in ihrer Tasche steckte, am Kopf. Es fiel hin, rappelte sich auf, warf sich heulend seiner Mutter in den Arm.
»Rassistenschwein«, kreischte die wild, »Rassistenschwein!«
In diesem Moment erreichte sie die Tür ihres Hauses, stieß sie auf, schlüpfte hinein, knallte sie wieder zu und verriegelte sie. Dann holte sie das Gewehr ihres Vaters, schoss durchs Fenster einmal in die Luft und brüllte in die danach entstandene Stille, dass sie abhauen sollten, sofort, schnell. Und nie wiederkommen. Sonst würde sie scharf schießen. Die Menge stob schrill johlend auseinander. Den Frauen ihres Dorfes rief sie zu, dass sie am nächsten Tag ihr Geld bekommen würden.
Später fuhr sie nach Mtubatuba zur Bank und hob die Summe ab, die etwa fünfhundert Mark betrug. Mzamo hockte vor ihrer Tür, als sie kam, schob seine kleine Hand in ihre und hüpfte neben ihr her ins Haus. Aus großen, vertrauensvollen Augen lächelte er sie an. Aber es gelang ihm nicht, sie aufzuheitern. Sie legte das Geld in den Bücherschrank, in dem sie auch die Süßigkeiten aufbewahrte, gab ihm ein paar Bonbons, und er trollte sich.
Abends beichtete sie Martin ihr Fiasko, erzählte ihm auch von den Frauen aus den anderen Dörfern. »Es hat keinen Sinn. Irgendetwas mache ich falsch. Ich werde unseren Frauen morgen das Geld
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