Ein Land, das Himmel heißt
Vergnügungsparks zurückgekehrt und schien todmüde zu sein, zu müde, um zu erzählen, ob es Neuigkeiten gab, und welche. Er hatte sich eine ganze Woche dort aufgehalten, hatte sich nur zweimal bei ihr gemeldet, und jedes Mal konnte sie sich des Gefühls nicht erwehren, dass er ihr etwas verschwieg.
Doch er wehrte ab. »Alles in Ordnung, mach dir keine Sorgen. Ich bin bloß müde.« Das und Ähnliches antwortete er ihr auf ihre drängenden Fragen, und sie glaubte ihm, weil sie ihm glauben wollte.
»Ich bin völlig erledigt«, hatte er gestern Abend gemurmelt, als er sie mit einem Kuss begrüßt hatte.
»Ich mach dir etwas zu essen. Willst du ein Bier?«
»Nein, nein.« Sein übernächtiges Gesicht war geisterblass. Ohne etwas zu essen, war er dann gleich ins Bett gegangen.
Sachte legte sie sich jetzt neben ihn unter das dünne Laken. Vorsichtig streichelte sie ihm über die Wange, fühlte, dass sie schweißnass war. »Es hat Zeit bis nachher, wir haben noch unser ganzes Leben vor uns«, flüsterte sie. Er stöhnte unterdrückt und machte eine Abwehrbewegung, wachte aber nicht auf. Nach einer Weile stand sie wieder auf.
Es versprach ein stiller Hochsommertag zu werden, die Backofenhitze der vergangenen Wochen war durch eine Reihe gewaltiger Gewitter vorübergehend gebrochen worden. Martin schlief immer noch. Rasch ging sie in die Küche und schickte Nelly, die schönsten Papayas zu pflücken und zwei der kleinen, aromatischen Limetten. Dann weckte sie ihn mit einem langen Kuss.
»Lass uns wieder ein Baby haben«, flüsterte sie, als er aufwachte, »und dann noch eins und noch eins …« Übermütig warf sie sich in seine Arme. Dass sein Kuss lau ausfiel und seine Hände klamm waren, merkte sie nicht. »Ich drehe noch ein paar Runden im Swimming-Pool, dann gibt’s Frühstück«, rief sie ihm noch im Hinausgehen zu, »mach zu, es ist ein ganz wunderbarer Tag.«
»Sakubona«, rief sie fröhlich Dabulamanzi-John zu, der die veralgten Seiten des Pools schrubbte. Sie deckte den Verandatisch mit einer gestärkten weißen Tischdecke, die noch von ihrer Großmutter stammte, arrangierte üppige Bougainvillea-Dolden in einer Vase. Dann ging sie zurück in die Küche. »Nelly, bitte press frischen Orangensaft aus und back ein paar Brötchen. Sind die Guaven schon reif? Ich möchte sie mit Sahne essen. Haben wir genug Käse und Schinken?« Sie hatte in der vergangenen Zeit kaum wahrgenommen, ob und was sie gegessen hatte. Alles hatte nach trockener Pappe geschmeckt und war ihr am Gaumen kleben geblieben.
»Kein Schinken, kein Käse.« Nelly wischte mit gesenkten Lidern auf dem Küchentisch herum. Sie wirkte angespannt.
»Meine Güte, Nelly, warum hast du nicht Bescheid gesagt? Heute ist ein besonderer Tag, und ich will ihn feiern.«
»Kein Käse, kein Schinken, kein Geld. Kein Geld für mich.«
»Was heißt das? Hat mein Mann vergessen, dir deinen Monatslohn zu zahlen?«
Nelly nickte, wienerte noch immer die Tischplatte. »Diesen Monat und letzten und den davor auch. Kein Geld für Ben und auch keins für Dabulamanzi-John und die anderen.«
Jill stand ganz still, fühlte den atmosphärischen Druck eines herannahenden Unheils. Ihr Herz klopfte hart. Hatte er es einfach vergessen? Oder? Oder was? Es musste eine einfache Erklärung dafür geben, entschied sie, weigerte sich, sich heute aufzuregen. »Ich regle das sofort, wenn mein Mann aufgestanden ist«, sagte sie, »es tut mir entsetzlich Leid – ich habe es nicht gewusst … nicht gemerkt. Es tut mir so Leid.« Sie berührte Nellys Schulter. Dann wartete sie auf Martin, doch das Leuchten des Tages war matter geworden.
Die Papayas wurden matschig, der Kaffee kalt, das Rührei trocknete ein. Ungeduldig lief sie zum Bungalow hinüber. »Martin, bist du wieder eingeschlafen?« Aber Martin war verschwunden. Sie setzte sich aufs Bett. Wieder schien es ihr, als könnte sie nur schwer atmen, als würde die Luft zu wenig Sauerstoff enthalten. Energisch rief sie sich zur Ordnung, sah sich rasch im Zimmer um. Seine Jeans fehlten und ein blaues Baumwollhemd und – sie spähte in den Schrank – seine Docksides. Er war tatsächlich aufgestanden und hatte sich davongeschlichen, ohne mit ihr zu reden. Eine Mischung aus Empörung, böser Vorahnung und Besorgnis legte sich schwer auf ihr Gemüt.
Erst Stunden später tauchte er wieder auf, verschwand aber im Schlafzimmer, bevor sie ihn zur Rede stellen konnte, und drehte den Schlüssel von innen herum. »Lass mich bitte,
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