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Ein Land, das Himmel heißt

Ein Land, das Himmel heißt

Titel: Ein Land, das Himmel heißt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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Bernitt liegt, und ich werde mir mein Land wiederholen, darauf kannst du dich verlassen!«
    »Hau ab«, sagte sie ruhig. Nichts in ihrer Haltung oder Stimme verriet, welch übermenschliche Anstrengung es sie kostete, keine Angst zu zeigen. »Hau ab, du jämmerlicher Wurm, und wage nicht, hier noch einmal aufzutauchen.«
    Leon packte sie an den Oberarmen und zog sie mühelos aus dem Sessel, und jetzt bemerkte sie, dass Irma sie allein gelassen hatte. Ihr schlug das Herz bis zum Hals. Seine Hände pressten ihr das Blut ab, der volle Mund unter dem schwarzen Schnurrbart war nur Millimeter von ihrem entfernt. Mit einem Knurrlaut presste er ihn auf ihre Lippen, schlang die Arme um ihre Schultern, hielt sie wie mit einer Schraubzwinge fest. Sie konnte sich nicht rühren, nicht schreien, die Hand, die an ihr heruntertastete, nicht wegschlagen, selbst ihre Beine hatte er zwischen seinen festgeklemmt. »Wir haben noch eine kleine Rechnung offen, Schwägerin, erinnerst du dich?«
    »Lass sie los«, sagte eine Stimme, die sie kaum als die von Irma erkannte, mit tödlicher Ruhe. »Ganz langsam, halte deine Hände immer so, dass ich sie sehen kann!«
    Und da stand Irma. Schlank, elegant, die glatten weißen Haare schimmerten um ihr markantes Gesicht, das schwarze Kostüm saß perfekt. Über Kimme und Korn des Gewehrs in ihren sehnigen Händen aber sprühten die babyblauen Augen kaltes Feuer. Der Waffenlauf bewegte sich wie eine angreifende Schlange. »Beweg dich, los!« Ihre Stimme war kraftvoll, verriet nichts von ihren einundsiebzig Jahren.
    Leon löste seine Lippen von Jills, gab sie zögernd frei. Seine Hände flogen zu Fäusten geballt hoch, Hass loderte in den eisgrauen Augen.
    »Zurück!« Das Gewehr zeigte ihm, wohin. »Hände an die Wand«, kam Irmas emotionslose Stimme, als er bis dorthin zurückgewichen war, »Jilly, hol den Brief«, befahl sie, und für eine Sekunde flog Irmas Blick zu ihr. Im selben Moment sprang Leon vorwärts, und so schnell, dass es gleichzeitig erschien, krachte ein Schuss. Präzise zwischen seinen Füßen zeigte eine schwarze Brandspur, wo das Projektil in den Teppich gefahren war. »Ich hatte gesagt, Hände an die Wand«, bemerkte Irma, »das nächste Mal ziele ich etwas höher, und wie du siehst, kann ich ziemlich gut schießen. Lass dich nur nicht durch mein Äußeres täuschen. Das ist nur Tarnung.« Sie lachte belustigt auf.
    Jill, sprachlos über die unerwartete Verwandlung ihrer Tante, sah zu Leon hinüber. Ihre Blicke trafen sich, und seiner war eine offene Kriegserklärung. Mit drei Schritten war sie bei ihm, nahm den Brief aus seiner Tasche und trat wieder zurück. Den Flintenlauf in seinen Rücken gebohrt, trieb Irma Leon vor sich her. Ihre hohen Absätze klackten auf den Fliesenboden, das Kostüm raschelte. Energisch stieß sie ihn durch die Eingangstür zu seinem Wagen.
    »Den Brief kannst du behalten. Das ist eine Kopie, das Original liegt bei meinem Anwalt im Safe«, brüllte er, während der Motor aufheulte.
    Irma wartete unbeirrt mit der Waffe im Anschlag, bis sich das automatische Tor hinter ihm geschlossen hatte. »So«, sagte sie mit tiefster Zufriedenheit in ihrer Stimme und einem Lächeln auf ihrem fröhlichen Großmuttergesicht, »der kommt nicht wieder.« Sie legte den Sicherungsbügel der Waffe um und stellte sie an die Wand. Dann zog sie den Kostümrock hoch und setzte sich graziös in einen Sessel, die schlanken Beine korrekt geschlossen nebeneinander platziert, verwandelte sie sich wieder in eine elegante Dame.
    »Der kommt wieder, garantiert, so eine Niederlage steckt der nicht einfach so weg, nicht von zwei Frauen. Er wird sich rächen«, sagte Jill, wissend, dass sie Recht hatte.
    »Dann brenn ich ihm eins aufs Fell«, lachte Irma, »und wir hetzen die Hunde hinter ihm her.«
    Jill fühlte eine Art verrücktes Lachen in sich aufsteigen, versuchte es zu unterdrücken, aber es bahnte sich unaufhaltsam seinen Weg, brach wie eine Explosion aus ihr hervor. Beide Frauen hingen, irre Lachsalven ausstoßend, in den Sesselpolstern. »Guter Gott, was würde ich dafür geben, hätte ich sein Gesicht fotografieren können, du im todschicken Kostüm und hohen Hacken, ganz die Grande Dame, mit dem Gewehr im Anschlag, und er, als hätte er einen Geist gesehen …«, japste Jill endlich.
    Irma wischte sich die Lachtränen und schwarze Mascaraspuren weg und zog sich die Kostümjacke aus. »Ich bin auf der Farm aufgewachsen, er müsste wissen, dass die Frauen von Inqaba zähe Luder

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