Ein Land, das Himmel heißt
einen Taschenrechner. »Du brauchst ein gewisses Überbrückungskapital, aber wenn eure Ananasernte gut ist, kommst du dieses Jahr über die Runden. Knapp, aber es könnte klappen. Allerdings nur, wenn deine Leute da mitmachen, und das kann ich mir ehrlich gesagt nicht so richtig vorstellen.«
»Ich werde eine Auktion veranstalten und alle Antiquitäten verkaufen, die ich besitze. Meinen Schmuck und das Silber natürlich auch, bis auf Martins Verlobungsring. Das sollte doch als Überbrückungskapital reichen.« Das Heben ihrer Stimme machte den Satz zur Frage.
Und so geschah es, doch eine Auktion war überflüssig.
Ihren Schmuck und das Silber schickte sie zu einem Juwelier nach Johannesburg. Ihre antiken Möbel aber kauften ihre Freunde und ließen sie, ihren vehementen Protest fröhlich ignorierend, als Leihgabe, wie sie es bezeichneten, da stehen, wo sie jetzt standen. »Jetzt bürgen wir für dich«, sagte Marius, als er über das goldene Holz des alten Aufsatzschrankes strich. »Ein wunderschönes Stück, es gehört hierher wie du.«
»Wir erwarten natürlich, dass wir uns immer ohne Eintritt zu zahlen in deinem Vogelgarten aufhalten können. Außerdem werde ich hemmungslos Ideen bei dir klauen.« Tita berührte die prächtige rote Blütendolde eines Flaschenputzers. »Die scheint ein Leckerbissen für Nektarvögel zu sein. Gleich morgen lasse ich eins dieser Bäumchen vor meine Terrasse pflanzen.«
»Ich werde zur Eröffnung einen Artikel schreiben«, kündigte Neil an, »und ich habe eine gute Freundin in der Presseabteilung des Südafrikanischen Touristenbüros. Wenn Inqaba in deren Liste der empfehlenswerten Ausflugsziele erscheint, bringt das viel. Wir werden ein Interview mit dir machen und ein paar eindrucksvolle Fotos mit Oskar.«
»Ich wiederum habe einen Freund«, Irma lächelte zweideutig, »in der Presseabteilung von South African Airways. Ich werde ihm vorschlagen, etwas über Inqaba in seinem Magazin zu bringen.«
Jill brach in Tränen aus und fiel ihren Freunden in die Arme.
»Übrigens, Irma«, sagte Neil und nahm ihre Tante zur Seite, »ich habe, wie du mich gebeten hast, in unseren alten Archiven nachgeforscht, ob ich irgendetwas über Konstantin von Bernitt und deinen Urururgroßvater herausbekommen kann. Einen Hinweis habe ich. Leider sind die Kakerlaken in den Archiven, und immer da, wo es interessant wird, haben sie ein Loch gefressen. Ausgerechnet da fehlt die Hälfte des Artikels, das heißt, nur die rechte Hälfte ist lesbar. Aber ich lass mir die linke von einem unseren jungen Genies am Computer zusammenstückeln.«
*
Mit Ben Dlamini und den anderen redete Jill in Alastair Farringtons Anwesenheit. »Es ist besser, wenn du als Mann dabei bist«, sagte sie, als sie ihn darum bat, »du weißt doch, was für grauenvolle Chauvis die Zulus sind. Mich kennen sie nur als Tochter meines Vaters und Frau meines Mannes. Sie werden mich schon noch als Person kennen lernen, aber darauf kann ich nicht warten.« Sie schickte Bongi zu Ben und ließ ihm ausrichten, er und seine Leute sollten sich am Morgen unter dem Indaba-Baum einfinden, dem Versammlungsbaum, unter dem alle wichtigen Sachen besprochen wurden, die das Dorf betrafen.
Ein schwüler, bleigrauer Tag brach an. Besorgt musterte sie den Himmel, suchte ihn nach den aufquellenden Wolkenformationen ab, die einen Gewittersturm ankündigten. Aber noch drückte nur eine einheitlich weißgraue Wolkendecke auf das Land, verwandelte es in eine dampfende Waschküche, dämpfte alle Laute. Um sieben Uhr morgens, vor der schlimmsten Hitze, trafen sie sich unter der ausladenden Krone des uralten Indaba-Baums. In seinen winzigen Blütenbüscheln summten die Bienen, und ihr süßer Duft erfüllte die Luft. Ben hatte auf einem einfachen Holzstuhl Platz genommen, alle anderen hockten um ihn herum auf dem Boden.
Jill sah sich um. Es gab keine Möglichkeit für sie und Alastair, sich auch zu setzen, und sie durchschaute den schlauen Schachzug des alten Ben. »Wir setzen uns nicht zu seinen Füßen, wir sind keine Bittsteller«, flüsterte sie Alastair zu. »Wir brauchen auch Stühle.« Sie beauftragte zwei der jüngeren Männer, Stühle vom Haupthaus zu holen, und wartete, sich leise mit ihrem Freund über ihr Vorgehen beratend. »Lass bitte mich hauptsächlich reden, sie sollen gleich begreifen, dass ich es bin, mit der sie verhandeln. Dich brauche ich als Rückendeckung, geht das in Ordnung?«
»Natürlich«, nickte er, »das ist eine gute
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