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Ein Land, das Himmel heißt

Ein Land, das Himmel heißt

Titel: Ein Land, das Himmel heißt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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Mores bei. Dann werden wir einen solventen Käufer finden, und du bist diesen Klotz am Bein los und kriegst wohl noch genügend heraus, um irgendwo ein einigermaßen angenehmes Leben zu führen.« Bei seinen nächsten Worten machte er ein Gesicht wie ein Erwachsener, der einem Kind einen Lolli verspricht. »Ich kann dir jetzt schon verraten, dass Len sehr interessiert ist, Inqaba zu kaufen. Er braucht unbedingt ein Freizeitlager für seine Leute. Er hat das Land angrenzend an eure Nordgrenze aufgekauft. Es wäre logisch, wenn er Inqaba übernimmt.«
    Sie konnte ihn nur weiterhin sprachlos anstarren. Hatte er mit Klotz Inqaba gemeint, hatte er wirklich sagen wollen, dass sie Inqaba verkaufen sollte? An Ein-Arm-Len, die Verkörperung des Bösen? »Bist du verrückt …«, platzte sie heraus. »Das ist … sehr freundlich von dir«, verbesserte sie sich sofort, »aber ich komme gut allein klar.« Sie presste die Worte durch die Zähne, mühsam darauf bedacht, nicht zu zeigen, wie sehr er sie anekelte, wie sehr sie wünschte, dass er verschwinden würde. Sie war sich absolut sicher, dass sie sich damals mit ihrem Tritt einen unversöhnlichen Feind gemacht hatte, egal wie viel Süßholz er jetzt raspelte. Ein Mann wie Leon vergaß eine solche Demütigung nicht. Nie.
    Die nächsten Worte bestätigten ihre Vermutung auf der Stelle. Sein ganzes Gehabe änderte sich schlagartig. »Quatsch, ich seh doch, was hier los ist. Außerdem gibt es da noch ein kleines Problem.« Er grinste tückisch. »Ich habe einen außerordentlich interessanten Brief gefunden. Hör doch mal!« Er fischte einen dünnen Bogen Papier aus der Hosentasche und hob ihn hoch. Er war mit einem engmaschigen Gitter spinnenfeiner Schriftlinien bedeckt. Die waagerechten Zeilen wurden von senkrechten gekreuzt. Das Ergebnis war verwirrend. »Die Steinachs hatten wohl nicht einmal Geld, um sich Papier leisten zu können.« Er zog seine Mundwinkel verächtlich nach unten.
    »Geliebter Konstantin«, las er langsam, denn offenbar hatte er Mühe, die wie im Karomuster übereinander laufenden Worte zu entziffern, »es beweist mir Deine große Liebe, dass du mir den kostbarsten Gegenstand, der sich in Deinem Besitz befindet, überlässt, Deine Pistole, die Du von Deinem lieben Bruder bekommen hast, die der wiederum von seinem König, Otto von Griechenland, für hervorragende Tapferkeit erhalten hat. Er gab sie Dir, damit Du vor den Gefahren auf diesem dunklen Kontinent geschützt bist. Ich werde sie stets bei mir tragen, aber, so ein gütiger Gott will, nie benutzen müssen, denn ich wähne mich nicht in Gefahr auf Inqaba. Allerdings habe ich es ihm noch nicht gesagt.«
    Leon warf ihr einen brennenden Blick zu. »Gefahr auf Inqaba! Sie kann nur die Gefahr meinen, die Johann Steinach, dein Urururgroßvater, für sie war«, er hielt einen Finger auf eine Stelle des Briefes. »Hier, hör dir das an.«
    Mühsam las er weiter. »Ein grausames Schicksal hat uns damals auseinander gerissen, doch ich bin Gott aus tiefstem Herzen dankbar, dass er Dich auf Deinen Reisen vor Unheil bewahrt hat und es in seiner Güte möglich machte, dass wir uns wiedersahen. Ach, nur die doppelte Grausamkeit, dass jeder von uns mit einem anderen verheiratet ist! Ich liebe Dich mehr als mein Leben, und für Dich und unser ungeborenes Kind werde ich die Kraft finden, es ihm zu sagen. Unsere Ringe werden uns ewig verbinden, auch wenn wir sie nicht offen tragen können. Um ihn immer bei mir zu haben, habe ich ein geheimes Täschchen eigens zu diesem Zwecke in meinen Rock …«
    Leon ließ den Brief sinken. »Hier fehlt der Rest, aber es ist ja wohl klar, was passiert sein muss. Hier, siehst du das Datum?« Er hielt ihr das Blatt unter die Nase, wartete aber nicht auf ihre Antwort. »Der 7. Mai 1854. Kurz danach verschwindet Konstantin, und Johann Steinach hat sich unseren Besitz einverleibt. Mein Vorfahr ist nie wieder gesehen worden. Seine schwangere Frau saß in einem Zelt in d’Urban, wie Durban damals noch hieß, mit einem Kind allein da, ein paar Monate später kam das zweite. Weißt du, was ich glaube?« Er packte die Armlehnen ihres Sessels, lehnte sich über sie, schob sein Gesicht dicht vor ihres. »Ich glaube«, zischte er, »dass Johann Steinach ihn vor Eifersucht ermordet, ihn irgendwo auf Inqaba verscharrt und sich das Bernitt-Land unter den Fingernagel gerissen hat.« Er richtete sich wieder auf. »Hiermit verspreche ich dir, Jill, dass ich herausfinden werde, wo Konstantin von

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