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Ein Land, das Himmel heißt

Ein Land, das Himmel heißt

Titel: Ein Land, das Himmel heißt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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sprechen, der Wind wird euern Ruf mit sich über die Hügel nehmen, er wird mit den Flüssen ins Meer fließen und sich über die Welt verteilen. Er wird mächtig sein wie das Donnern der Himmel.« Sie ballte ihre Hand zur Faust.
    »Meine Güte, Jilly, woher nimmst du solche Worte?«, gluckste Alastair.
    »Was erwartet die Madam, dass wir dafür tun?« Bens Argwohn war unüberhörbar. Er schien wenig beeindruckt von ihrer Wortgewalt.
    »Wir werden rechtsgültige Verträge beim Magistrat machen, und ihr werdet euch verpflichten, für mich zu arbeiten.« Sie war sich klar darüber, dass es ihr gut passieren konnte, dass keiner der Männer einen Grund sehen würde, sich weiter auf der Farm abzuschuften, wenn sie erst einmal fette Weidegründe für ihr Vieh besaßen. Ein Zulu war ein Genussmensch. Viel Muße, eine Frau, die gutes Essen kochte und stets frisches Utshwala, Hirsebier, vorrätig hatte, die Gesellschaft der anderen Männer und gelegentliche Stockkämpfe, das war ihre Vorstellung eines guten Lebens. Ein Blick auf Bens listige Miene sagte ihr, dass seine Gedanken bereits in diese Richtung liefen. Seine nächsten Worte bestätigten ihre Annahme.
    »Jetzt, wo ich ein bedeutender Mann mit viel Land sein werde und mein Ruf um die Welt läuft, werde ich Vieh und Maschinen brauchen, um es zu bestellen. Werde ich die von Madam bekommen?«
    Sie unterdrückte ein Lächeln. Der alte Gauner. Das würde eine interessante Partnerschaft werden, aber sie würde auf der Hut sein. »Maschinen und Vieh werdet ihr euch mit dem Geld kaufen können, das ihr verdient«, sagte sie, »so wie auch ich mir nur Maschinen kaufen kann, wenn ich das Geld dazu verdiene.«
    »Aber Madam wird mehr verdienen als wir, also ist es nur gerecht, wenn sie die Maschinen kauft.« Ben verzog keine Miene.
    »Ich werde nur Geld verdienen, wenn ihr eure Seite des Vertrages erfüllt und für mich arbeitet«, konterte sie, »so dass die Häuser für die Gäste fertig gestellt werden, die übers Meer zu uns kommen, um unser schönes Land zu sehen. Dafür werden sie zahlen. Nur dann werde ich Geld haben, euch wiederum mit Land und Geld zu bezahlen, und nur dann werdet ihr euch Vieh und Maschinen kaufen können. Es liegt also bei euch, ob ihr viel Vieh und Maschinen haben werdet, die euch zu bedeutenden Männern machen. So ist es und nicht anders.«
    Über Bens Gesicht zog ein Lächeln, leuchtend wie die aufgehende Mondsichel, die entzückten Ausrufe der anderen, die Rufe der Frauen, alles fand sich zu einem Rhythmus, wurde zu Gesang, der ihre Körper ergriff, bis alle Zulus in einer einzigen mächtigen Wellenbewegung vorwärtssprangen und ihre Lebensfreude austanzten. Alastair und sie gingen unbemerkt von den Tanzenden nach Hause.
    Spät am Abend dieses Tages suchte Ben sie auf. Er erschien ihr angetrunken. Offenbar war das Hirsebier reichlich geflossen. Seine Worte aber versetzten sie sofort in höchste Alarmbereitschaft. »Ich habe eine Person auf unserem Land gesehen, den Freund des Bruders deines toten Mannes, den, der nur einen Arm hat. Ja!« Das Wort war wie eine Explosion. Er hieb eine Faust durch die Luft.
    Sie wartete angespannt.
    Ben starrte ins Leere, schien etwas zu sehen, was sie nicht sehen konnte. »Er ist uSathane, der Satan«, flüsterte er heiser, »ubulala ngehlaya, er tötet mit einem Lachen … mit einem Lachen …« Er schien weit weg, in einer Welt, zu der sie keinen Zutritt hatte.
    Ihr lief ein Kälteschauer über den Rücken, als sie den mörderischen Ausdruck in Bens blutunterlaufenen Augen sah.
    Nach einer Weile belebte sich seine Miene wieder. Sein Blick kehrte zu ihr zurück. »Ist uSathane hier mit deiner Erlaubnis?«
    »Nein«, flüsterte sie, fragte nicht, warum, wollte nicht wissen, was uSathane ihnen angetan hatte. Wollte nicht wissen, was Ben Dlamini plante, wenn er ihn erwischte. Wollte einfach nichts damit zu tun haben.
    Bestimmt nicht.
    *
    Jetzt drehte sie das Wasser ab und schob den Duschvorhang zur Seite. All diese Ereignisse lagen Monate zurück, waren Vergangenheit. Draußen wartete das Heute und das Morgen, die Chance zu überleben. Und Leon. Der Gedanke traf sie wie ein Schlag, bevor sie sich davor schützen konnte. Flüchtig tauchte sein Gesicht vor ihr auf, schärfer geschnitten als das seines jüngeren Bruders Martin, doch die Ähnlichkeit war stark genug, um ihr jedes Mal, wenn sie ihn sah, einen Stich zu versetzen. Aber dann schob sich seine Persönlichkeit vor, die härter und kraftvoller war als die

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