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Ein Land, das Himmel heißt

Ein Land, das Himmel heißt

Titel: Ein Land, das Himmel heißt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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Ein wenig Lachs vielleicht, mit Toast. Das macht doch sicherlich keine Umstände, nicht wahr?«
    Jill öffnete den Mund, um ihr zu erklären, dass sie erstens kein Restaurant führte und zweitens für solche Sachen jetzt gar keine Zeit hätte, aber sie klappte ihn wieder zu. Stattdessen lächelte sie süß. »Eigentlich servieren wir nur Frühstück und tagsüber Kleinigkeiten wie Salate, aber ich werde sehen, was sich machen lässt. Und bitte nennen Sie mich Jill.« Im Eilschritt hetzte sie in die Küche. »Nelly, haben wir Lachs da? Ja? Ich könnt dich küssen! Bitte leg ein paar Scheiben auf eine Platte, mach Toast dazu, einen Klacks Butter, vergiss Petersilie als Dekoration nicht und schick Fikile damit zu den Gästen auf die Veranda!« Sie küsste Nelly herzhaft auf die Wange. Diese stöhnte, brummelte, klickte und zischelte, aber zwanzig Minuten später saßen Krusens strahlend vor ihrem Lachs. »Wunderbar, wirklich ganz wunderbar, schottischer Wildlachs, nicht wahr?« Iris Krusen trug ihre dunkelblonden Haare in einem ordentlichen Pagenkopf, die Oberkopfhaare hatte sie zu einem Pferdeschwanz gebunden. Um ihren Hals leuchtete ethnischer Silberschmuck mit Türkisen.
    »Wir tun alles für unser Gäste, Frau Krusen.« Diesmal gelang ihr ein ganz perfektes Gastgeberinnenlächeln. Von wegen Wildlachs.
    »Wir werden gleich für nächstes Jahr buchen, Jill«, sie warf ihr einen koketten Blick zu, »und bitte nennen Sie uns Iris und Rainer. Ich finde es absolut fabelhaft, wie locker ihr Südafrikaner seid, man bekommt doch gleich eine ganz andere Beziehung zu den Menschen …«
    »Ganz meiner Meinung«, sagte Herr Krusen, Rainer, »auch die Eingeborenen sind so freundlich.« Er war Lehrer, wie sie gleich darauf erfuhr, trug Bart und Brille und konnte jede Pflanze beim Namen nennen.
    »Aber ja doch«, hatte Jill gelächelt und war an jenem Abend in einer ganz erstaunlichen Weise glücklich ins Bett gefallen.
    Jetzt hatte sie noch immer die Vögel im Visier. Das Ehepaar Krusen machte einen ziemlich grünseligen Eindruck, sie würden bestimmt zutiefst schockiert sein, wenn sie so etwas typisch Afrikanisches wie kreischende Hadidahs abschießen würde. Seufzend stellte sie das Gewehr weg, klatschte ein paar Mal in die Hände, was aber auf die großen Vögel keinerlei Eindruck machte. Dann ging sie unter die Dusche und drehte das kalte Wasser an, was allerdings jetzt im Hochsommer eher warm aus der Leitung floss.
    Nasse Spuren auf dem honigfarbenen Fliesenboden hinterlassend, lief sie zu ihrem Kleiderschrank, der eine ganze Wand einnahm, und zog eine weiße Bluse und Jeans heraus. Beide waren in tadellosem Zustand, denn sie hatte sie erst vor einer Woche gekauft. Das schlechte Gewissen deshalb drückte sie noch immer. Energisch bürstete sie ihre Haare, bis sie glänzten, und schob ungeduldig den höchst unerwünschten Gedanken beiseite, was wäre, wenn Leon in den nächsten Tagen wieder wegen des vermaledeiten Briefs ankommen würde.
    Warum ging ihr dieser Mensch nicht aus dem Kopf? Seit seinem Auftritt hier hatte sie nichts mehr von ihm gehört. Vor ein paar Tagen hatte sie Lorraine in einem Laden getroffen, aber die hatte auf ihren kurzen Gruß nicht geantwortet, war mit verächtlich geschürzten Lippen und empört wippender Lockenmähne an ihr vorbeigestakst. Eine Tatsache, die sie mit Erleichterung begrüßte. Leon jedoch drängte sich zu den unpassendsten Momenten unangenehm in den Vordergrund ihres Bewusstseins.
    Kritisch prüfte sie ihr Gesicht. Wimperntusche und Lippenstift würden genügen, entschied sie, und ein Hauch von goldfarbenem Lidschatten. Sie fand, dass er das Blau ihrer Augen zum Leuchten brachte. Nach kurzem Zögern entschied sie sich gegen Jeans und Bluse, wählte ein leichtes schwarzes Leinenkleid mit schmalen Trägern und großzügigem Ausschnitt bis zum Brustansatz, das sie seit Martins Tod nicht mehr getragen hatte. Reporter sind auch Männer, dachte sie und tupfte ein wenig Parfum in ihre Halsgrube. Schließlich sollte der Bericht über ihre Farm so positiv ausfallen, dass die Gäste aus Übersee in hellen Scharen anreisen würden. Es gefiel ihr, was sie im Spiegel sah. Sie war sehr schlank geworden, ihre Haut zeigte jenes Goldbraun, das Irma mediterrane Bräune nannte, die nie wirklich ausblich, auch wenn sie die Sonne mied. Es war das Erbteil ihrer hugenottischen Vorfahren, wie die dunklen Haare, die glänzend um ihren Kopf lagen. Sie trug eine schwarze Swatch am Handgelenk, modern und billig,

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