Ein Land, das Himmel heißt
noch nicht vorbereitet. Die Ankunft der deutschen Fernsehjournalisten am nächsten Tag war ohnehin mehr Stress als genug. Die Einweihung sollte übermorgen Nachmittag gegen vier stattfinden. Nervös bat sie die Krusens auf die große Terrasse, servierte ihnen Drinks, stapelte einen Stoß Bücher und Magazine mit wundervollen Bildern aus der Umgebung vor ihnen auf und floh zu Nelly in die Küche.
»Bongi ist im Laden«, informierte die Zulu sie, »einräumen.«
Sie nickte. Den Laden hatte sie auf Vorschlag von Angelica und Alastair eingerichtet. »Du willst doch keinen Restaurantbetrieb aufziehen, oder? Frühstück und Kleinigkeiten sind genug. Richte in jedem Bungalow eine kleine Küche ein, stell ihnen einen Grill auf die Terrasse, und bingo, schon floriert dein Laden. Warte es nur ab.« Angelica begleitete ihre Worte mit einigen Karateschlägen durch die Luft, die unterstrichen, wie einfach die ganze Sache sein würde.
Bingo, dachte Jill und fühlte sich völlig überfordert.
Auf der Rückseite der Küche hatten Dabulamanzi und Ben nach ihren Anweisungen einen weiteren Raum gemauert und Regale eingebaut. Dann war sie mit Angelica in zwei Autos losgefahren und hatte eingekauft. Berge, absolute Berge von tiefgekühlten Hähnchen, Würstchen, Rancher-Hacksteaks, Kisten mit Coca, Sprite, Säften und Mineralwasser, Kartons mit Ketchup, Cornflakes, Zucker, Salz und so weiter. »Ich bin völlig fertig«, stöhnte sie, als sie die letzte Kiste in ihren Geländewagen gewuchtet hatte, »ich muss was trinken, was essen und drei Tage schlafen. Und dann möglichst weit weg in Urlaub fahren, mir graust vor der Einweihung.« Ich kann das nicht, dachte sie, aber das darf ich niemanden merken lassen.
»Quatsch, alles wird ganz prima laufen«, sagte Angelica, die Unverwüstliche, Unerschütterliche, und schob einen Einkaufskorb mit Zahnbürsten, Zahnpasta, Toilettenpapier, Shampoo, Waschlappen, Seife, Rasiercreme, Rasierklingen und ähnlichem Schnickschnack heran. »Der Wagen mit den Konservendosen bringt jemand vom Laden, die Schokoriegel, Kekse, Lollis müssen wir noch kaufen, Pizzas und irgendwelche Fertiggerichte musst du in der Tiefkühltruhe vorrätig haben, das Zeug aus den Dosen ist nicht jedermanns Sache. Und Eiscreme, um Himmels willen, vergiss bloß Eiscreme nicht«, sprudelte sie, als sie die Sachen in ihrem Wagen verstaute. »Du glaubst gar nicht, was die Leute alles vergessen. Ich kenn das von mir. Irgendetwas lasse ich immer zu Hause, was so lebensnotwendig ist wie eine Zahnbürste oder Tampons.«
»Meine Güte, hör bloß auf, was hab ich mir da nur aufgehalst«, unterbrach Jill entnervt den Redefluss ihrer enthusiastischen Freundin, »wovon soll ich das bezahlen?«
»Lass es anschreiben, die kennen dich doch alle.«
Während Krusens in den Magazinen blätterten, war sie gemeinsam mit Zanele und dem Hausmädchen Fikile, das sie sich von den Farmarbeitertöchtern ausgesucht und die Nelly dann ausgebildet hatte, wie ein Wirbelwind durch das Häuschen gefegt, hatte Betten bezogen, Seife und Handtücher hingelegt und eine Vase mit Hibiskusblüten auf den niedrigen Couchtisch gestellt. In der Küche prüfte sie, ob Trinkwasser im Eisschrank stand. »Wo sind Kaffee und Tee?«, zischte sie Fikile an. »Ich hab euch doch gesagt, dass in jedem Bungalow ein Begrüßungs-Set liegen muss, damit sich die Gäste als Erstes Kaffee oder Tee machen können. Danach können sie ihre Vorräte aus unserem Laden aufstocken.«
Das Mädchen stob davon.
»Nachdem du hier fertig bist, richte meinen ehemaligen Bungalow für die Journalisten her«, wies sie Zanele an, »ich werde nachher kommen und es nachprüfen.«
Unvermittelt erschien Iris Krusen neben ihr. »Ach, hier sind Sie.« Neugierig spähte sie durch ihre Brille mit dem roten Glitzerrahmen in den Bungalow. »Nein, wie niedlich. Werden wir hier wohnen? Wunderbar«, rief sie aus, als Jill die Frage bejahte. Verzückt betrat sie die kleine Terrasse des Hauses. Jill hatte den Bungalow direkt auf einen der mächtigen Felsen bauen lassen, die am Abhang aus dem Boden ragten, einer bildete den Abschluss dieser Terrasse. Alle Gästebungalows hatten Rieddächer und waren aus Stein gebaut. Den Außenputz hatte sie mit der roten afrikanischen Erde färben lassen. Das warme Terrakotta mischte sich farblich perfekt mit der Umgebung. »Absolut hinreißend«, seufzte Frau Krusen, »aber jetzt haben wir so einen klitzekleinen Hunger, Frau von Bernitt, hätten Sie eine Kleinigkeit für uns?
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