Ein Land, das Himmel heißt
doch sicher bei Ihnen? Ich gehe davon aus, dass mein Kameramann und ich bei Ihnen unterkommen werden?«
»Natürlich, mit dem größten Vergnügen. Wann werden Sie ankommen? Ich hole Sie natürlich vom Flughafen ab.«
»Dabu«, schrie sie, als sie den Hörer hingelegt hatte, »du musst sofort meinen Geländewagen putzen und polieren, innen und außen, lüften und so weiter. Der Fernsehhochadel kommt!«
Dann rief sie Angelica an. »Klingt gut«, berichtete sie, »ein bisschen vage, und es wird vermutlich der siebenhundertfünfzigste Reisebericht mit sozialkritischem Touch werden – soll mir aber recht sein, solange ihn nur viele reiche Deutsche sehen.«
»Roll den roten Teppich aus«, riet ihre Freundin, »gib ihnen deine schönsten Zimmer und sorg dafür, dass sie eine unvergessliche Zeit bei dir verbringen, Lagerfeuerromantik am Wasserloch unter afrikanischem Sternenhimmel, tanzende Jungfrauen mit nackten Brüsten, Eingeborene in Leopardenfellen – Dabu hat doch noch eins, Ben sicher auch –, den ganzen Pipapo. Danach schick sie zu mir, ich werde sie mit südafrikanischem Wein abfüllen und das Beste auftischen, was ich zu bieten habe. Wir brauchen gute Presse, damit die Geldsäcke aus Übersee angelockt werden. Von den paar einheimischen Typen, die mal einen Tagesausflug zu uns machen, können wir nicht leben.«
Typisch Angelica, sie kennt ihre Prioritäten, dachte Jill. Vor zwei Jahren hatte sie ein kleines Restaurant aufgemacht, anfänglich selbst gekocht und dann das Glück gehabt, einen jungen Mann aus der Schweiz namens Jean Rütli, kennen zu lernen, der den Abschluss seiner Kochlehre mit einer Südafrikareise feierte. Er war bei ihr hängen geblieben. »Jean wird zur Höchstform auflaufen, dafür werde ich sorgen.«
Jill kicherte. »Ich lad dich zur Begrüßung ein, und du kannst die reiche Südafrikanerin aus der Zuckerbarondynastie spielen … «
Ihre Freundin lachte trocken. »Schön wär’s, oder besser gesagt, schön war’s. Aber sei auf der Hut«, fügte sie nach einer kurzen Pause hinzu, »ich trau den Typen von der Presse nicht. Erinnerst du dich, wie sie dir das Wort im Mund umgedreht haben, als die Sache mit deiner Mutter passierte?«
Wie könnte sie das je vergessen? Wie ein Schwarm Schmeißfliegen hatte sich die Presse auf ihre Familie gestürzt, in der Vergangenheit gewühlt, jeden Stein umgedreht, Tommy und seine Ermordung natürlich sofort gefunden, Parallelen gezogen, wo es keine gab.
»Jill, war Ihr Vater auch im Widerstand tätig? Könnte es da einen Zusammenhang mit dem Absturz des Flugzeugs geben? Ist Ihre Mutter vielleicht an seiner Stelle geflogen – oder hat sie politisch gearbeitet? Hatte sie einen Liebhaber, Jill? Hierher sehen, Mrs. Bernitt, bitte …« Und dann klickten die Verschlüsse der Fotoapparate. Sie hatte die Mikrofone weggestoßen, war ins Haus gerannt und hatte sich verkrochen.
»Ich werde vorsichtig sein«, versprach sie, »aber sie sind uns wohl gesinnt. Sie wollen hier ein paar angenehme Tage in schöner Umgebung erleben, ein paar Tiere sehen, gut essen und den ganze Pipapo, wie du sagst. Sie werden mich nicht austricksen, ich wüsste auch nicht, womit und warum.«
11
D ie Hadidahs kreischten direkt vor ihrem Fenster, und sie schoss im Bett hoch. Es war erst fünf Uhr, stellte sie empört fest. Heute kamen die wichtigsten Gäste der Eröffnungsfeier, der Fernsehjournalist aus Deutschland und sein Kameramann, und sie hatte bis halb sieben ausschlafen wollen, um nicht mit dunklen Ringen unter den Augen am Flughafen anzukommen. Blitzschnell sprang sie aus dem Bett, ergriff ihr Gewehr, das am Nachttisch lehnte, lud durch und nahm die großen Vögel aufs Korn. Sie wollte gerade abdrücken, als ihr einfiel, dass sie nicht mehr allein auf Inqaba war. Völlig überraschend war gestern bereits ein Ehepaar aus Deutschland angereist.
»Sind Sie die Eigentümerin? Frau von Bernitt? Wir mussten unseren Flug vorverlegen, und nun sind wir etwas früher da. Es macht Ihnen doch sicher keine Umstände, nicht wahr?«, fragte die Frau, die sich als Iris Krusen vorstellte, etwa vierzig Jahre alt war und mit viel Modeschmuck klimperte, »wir stellen gar keine Ansprüche. Ein schönes Bett, etwas zu essen und nette Leute, damit kann man uns immer zufriedenstellen.«
Jill hatte sie voller Horror angestarrt. »Natürlich nicht«, krächzte sie, quälte sich aber ein breites Lächeln ab. Hektisch versuchte sie ihre Panik zu überspielen, denn die Gästebungalows waren
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