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Ein Land, das Himmel heißt

Ein Land, das Himmel heißt

Titel: Ein Land, das Himmel heißt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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Erschütterung unserer Schritte spüren.«
    »Und die anderen?« Axel Hoppers nervöse Blicke verrieten, dass er in jeder Bodenritze eine lauernde Schlange erwartete.
    »Ach, die sind eher selten, und Philani, unser Game Ranger, passt schon auf«, antwortete Jill. Unnötig, ihren Gästen Geschichten über angriffslustige schwarze Mambas zu erzählen, deren Opfer außerordentlich selten überlebten, in Natal bisher nur eines. Oder Puffottern, die sich auf ihre Tarnung verließen, auf den warmen Sandwegen liegen blieben und schneller zuschlagen konnten, als ein Maschinengewehr schießt. Sie einigten sich darauf, zu Fuß zu gehen, und Jill sagte Musa, dass er nicht zu fahren brauchte. Eine halbe Stunde später, die Nässe einer kurzen Regendusche glänzte noch auf Blättern und Steinen, trocknete auf der sonnengebackenen Erde aber schon weg, trafen sie sich auf der Terrasse. Die Krusens waren zünftig ausgerüstet, komplett mit Safarihut mit Nackenschutz und Buschstiefeln. Iris Krusen hatte die breite Krempe ihres khakifarbenen Huts keck über ein Auge gezogen, die halblangen Haare wippten um ihr Gesicht. Sie roch nach Mückenschutz. Beide Journalisten trugen so etwas wie Arbeitskleidung. Khakihemden und Hosen mit unzähligen Taschen und Riegeln und Klappen, in die man Dinge hineinschieben konnte. Das Ganze wirkte ziemlich militärisch. Axel Hopper hatte zusätzlich zu der Filmkamera einen Fotoapparat umgehängt. Mehrere Objektive steckten in den Taschen seines Hemdes.
    Überraschenderweise erschien auch Irma. »Ich komme mit«, verkündete sie, »ich muss ein bisschen Atmosphäre schnuppern. Brauch ich für mein nächstes Buch. Wohin gehen wir heute?«
    »Zum Wasserloch, ein Stück den Fluss hoch und wieder zurück«, antwortete Jill und winkte Philani, dem frisch gebackenen Game Ranger. Sie stellte ihn vor. Iris Krusen und Axel machten ein paar Fotos von ihm, dann öffnete Jill das große Tor, und sie marschierten los, Philani mit geschultertem Gewehr voran. Die Luft war weich und schmeichelnd, es roch nach frisch geschnittenem Gras und reifen Ananas. Sie empfand es als ihren ersten Schritt ins neue Leben, und Zuversicht strömte heiß durch ihre Glieder. Sie würde es schaffen, niemand würde sie kleinkriegen. Am liebsten wäre sie über den sonnengefleckten Weg getanzt, hätte gesungen, allen ihre Kraft und Entschlossenheit verkündet.
    Aber ein scharfes Klatschen zerstörte den Zauber. »Verdammt viele Mücken hier«, klagte Iris hinter ihr, »und alle fallen über mich her. Trotz Mückenschutz.« Sie streckte ihr mit anklagendem Blick einen nackten Arm entgegen und zeigte auf zwei böse rote Schwellungen.
    Ihren Unmut unterdrückend, kramte Jill aus ihrer Notfalltasche eine Salbe hervor und reichte sie der Frau. »Hier, tragen Sie diese auf, sonst hilft nur wegwedeln.«
    »Vorwärts, vorwärts!«, rief Irma ungeduldig. Nach der langen Zeit auf der Farm war sie tiefbraun gegerbt, trotz der Warnung ihres Arztes, die Haut ihrer sehnigen Arme war mit braunen Altersflecken und frischen weißen Operationsnarben übersät. Schlapphut mit Nackenschutz, das Hemd mit aufgekrempelten Ärmeln in Jeans gesteckt, kräftige Wanderschuhe und über die Hosenbeine gezogene Baumwollsocken zeugten von ihrer Buscherfahrung.
    Unter einer der großen Schirmakazien vor dem Zaun in der Nähe des Küchengartens blieb sie zwischen wuchernden Kürbispflanzen stehen. »Mist, verdammter«, schimpfte sie und bückte sich. »Jill, meine Liebe, das sieht wie Nashornkot aus, und ich bin mitten hineingetreten! Merkwürdiger Ort für Nashornkot, hier im Gemüsegarten, findest du nicht auch? Sieh dir das an. Scheint ein Rhinozeros mit Verdauungsstörungen zu sein.« Sie kicherte.
    Jill erreichte sie noch vor Philani. Mehrere fußballgroße Kotballen lagen zu Irmas Füßen. »Tatsächlich, Nashorndung«, bestätigte sie, beugte sich hinunter und brach den Kot mit einem Stock auf. Er war innen noch feucht, ohne Insektenbefall. »Er ist ganz frisch. Vermutlich ist das Vieh noch in der Nähe.« Flüchtig untersuchte sie die tiefen Hufabdrucke, die zwischen den Büschen ins Kürbisfeld führten. Die zertrampelten Kürbisranken ließen sie Böses ahnen. »Philani«, zischte sie und zeigte auf den Haufen, »Oskar ist wieder ausgebrochen!« Beunruhigt suchte sie die Umgebung mit den Augen ab. Oskar war mit zunehmendem Alter jähzornig geworden, und es gab nur ein Lebewesen, das er liebte und das ihn beruhigen konnte, und das war Jill. In letzter Zeit jedoch

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