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Ein Land, das Himmel heißt

Ein Land, das Himmel heißt

Titel: Ein Land, das Himmel heißt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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geblendet. Sie nahm es kaum wahr. Sie tanzte, bis ihr Herz jagte und ihr schwindelig wurde. Erst der tosende Beifall ihrer Gäste brachte sie zur Besinnung, und erst jetzt merkte sie, dass sie und ihre Kindheitsfreundin zum Schluss allein getanzt hatten. Yasmin war verschwunden, Thandi stand vor ihr, atemlos, die graugrünen Augen leuchtend, die schwarze Haut glänzend vor Schweiß.
    »Willkommen zu Hause, Thandi«, flüsterte Jill.
    Für einen Moment schaute die Zulu sie an, unsicher, schien zwischen Thandi und Yasmin zu schwanken. »Aiih, yabonga ghakulu«, hauchte sie ihren Dank auf Zulu, dann veränderte sich ihr Ausdruck. »Na, das war ja eine lustige Vorstellung, die du da gegeben hast«, lächelte sie biestig, fuhr sich durch ihre steifen, glatten Haare. »Muss mein Gesicht reparieren …« Sie hatte wieder Amerikanisch gesprochen. Yasmin war zurückgekehrt. Leise vor sich hin singend, tänzelte sie im Takt ins Haus, ihre Zuluseele offenbar im Kampf mit der New Yorker Modeprinzessin.
    Jill bemerkte es mit Vergnügen. Welch ein Tag. Sie schloss ihre Augen, um in diesem Gewühl für einen Augenblick mit sich allein zu sein. »Ich habe es geschafft«, flüsterte sie. »Ich. Allein.« Sie war bisher nie stolz auf sich gewesen. Es war ein ganz neues Gefühl. Ein sehr angenehmes. Warm und süß wie Schokolade. Der Eindruck, beobachtet zu werden, veranlasste sie, die Augen wieder zu öffnen. Nils Rogge lächelte ihr über die Menge zu, hob sein Glas. Er überragte alle, hatte freien Blick über die Köpfe. Widerwillig gestand sie sich ein, dass er sehr attraktiv war, ganz besonders wenn er lachte. Sie anlachte. Beunruhigt über sich selbst, blickte sie ihm entgegen, während er sich zu ihr durchdrängte.
    »Wunderbare Party«, sagte er und nahm einen Schluck aus seinem Glas, »was war da vorhin los?« Er lächelte nicht mehr.
    Der Satz erwischte sie kalt, der Blick aus seinen blauen Augen war entnervend direkt und sagte ihr deutlich, dass er Len Pienaar gesehen haben musste. Und dass sie ihn mit dem Gewehr von Inqaba verjagt hatte. Sie konnte förmlich seine Nasenspitze zucken sehen, als er den Geruch der Story witterte. Innerlich verfluchte sie ihn, fand ihn nur noch aufdringlich, fast bedrohlich. »Ich weiß nicht, was Sie meinen«, sagte sie, während sie sich fieberhaft eine Ausrede zurechtlegte. Glücklicherweise entdeckte sie Neil, der mit Tita neben Irma, den Farringtons und den Konnings an der Tür stand. »Kommen Sie, ich möchte Sie mit Neil Robertson bekannt machen. Am Telefon haben Sie sich ja schon gesprochen.« Sie zog ihn hinüber.
    Neil begrüßte Nils hocherfreut und verwickelte ihn sogleich in ein angeregtes Gespräch. Sie atmete auf. Die Gefahr war vorüber. Ab und zu spürte sie noch den Blick des Journalisten, vermied es aber sorgfältig, ihn zu erwidern, nahm sich vor, sich so weit wie möglich von Nils Rogge entfernt zu halten. Sie nahm sich ein Glas Orangensaft vom Tablett, das eine Serviererin an ihr vorbeibalancierte, und begrüßte Thabiso, den Freund von Tommy, sah, dass Jonas, Nellys Enkel, ebenso gekommen war wie Max Clarke. Der Botaniker nahm sie in den Arm und gratulierte ihr mit einem Kuss. »Ich bin beeindruckt. Ich werde meiner Familie nächstes Wochenende Inqaba zeigen.«
    Leider konnte sie mit ihm nur ein paar Worte wechseln, die Gesellschaftsjournalistinnen zweier rivalisierender Tageszeitungen verlangten ihre Aufmerksamkeit, und da die Damen für ihre Eitelkeit bekannt waren, beeilte sie sich, deren Aufforderung zu folgen. Schon fast routiniert gab sie der einen ein improvisiertes Interview, als sie eine warme Hand auf ihrer nackten Schulter spürte. »Na, turteln Sie mit der Konkurrenz?«
    Nils Rogges Stimme. Sie fuhr herum, öffnete den Mund, um ihm eine passende Antwort zu geben, doch sie kam nicht mehr dazu. Wie aus dem Boden gewachsen tauchte Leon vor ihr auf. »Hi, Jill«, sagte er mit einem unangenehmen Grinsen.
    Als hätte jemand einen Schalter herumgeworfen, stieg ihr die Wut in den Kopf, aber bevor sie Leon zur Rede stellen konnte, drängte sich Lorraine zwischen sie und Nils, die warme Hand glitt ab. Er trat zurück. »Jilly, meine Liebe …«, ihre Schwägerin schmatzte zwei lautstarke Luftküsschen rechts und links neben ihr Ohr. Eine Lockenkaskade in Silberblond fiel ihr bis zur Mitte des Rückens, ihr Kleid war aus Goldlamé, die Schuhe waren hoch und spitz.
    Fehlen nur noch die Flügel, dann kann sie im Weihnachtsmärchen als Rauschgoldengel auftreten, dachte

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