Ein Land, das Himmel heißt
Gewehrlauf. »Ihr könnt wieder aufstehen, Jungs, alles vorbei. Keine Gefahr mehr.«
Verlegen grinsend erhoben sich die beiden jüngeren Männer, halfen dann Neil auf die Beine. Alastair schien einen Schlag aufs Auge bekommen zu haben. Es war bereits stark angeschwollen.
»Meine Güte«, schimpfte Tita, während sie an Neil herumzupfte, untersuchte, ob er noch ganz war, »fällt dir in deinem Alter nichts Besseres ein, als dich mit solchen Männern herumzuprügeln? Leg dich mit Leuten an, die dich nicht gleich zu Brei schlagen.« Ihr Gesicht strafte die spöttischen Worte Lügen. Es war deutlich, dass sie Angst um ihn gehabt hatte.
Angelica warf einen Blick auf ihren lädierten Mann, drückte ein wenig an seinem Auge herum, bis er mit einem Schmerzenslaut zurückzuckte. »Ich hole Eis aus der Küche«, sagte sie kurz.
Auch Lina zog das Ganze ins Lächerliche. Sie schaute in die Runde. »Alle Zähne noch drin? Ja? Na, dann muss ich wenigstens nicht in Aktion treten.« Dann untersuchte sie doch noch Alastairs sich bereits verfärbendes Auge. »Ist nicht weiter schlimm«, murmelte sie, »wird deine Schönheit nicht nachhaltig beeinträchtigen.«
Jill war klar, dass die drei Frauen sich über den Vorfall lustig machten, um sich nicht mit der Tatsache auseinander setzen zu müssen, dass ihre Männer sich ziemlich leichtsinnig einer großen Gefahr ausgesetzt hatten. Irma brachte ihr Gewehr ins Haus, und Jill schickte ein Dankesgebet zum Himmel. Das war gerade noch gut gegangen. Es würde eine andere Gelegenheit geben, alles mit Leon zu klären. Bis dahin würde sie hoffentlich handfeste Beweise in der Hand halten, die sie ihm um die Ohren schlagen konnte.
Es ist an der Zeit, dass hier geredet wird, wir sollten ein Indaba abhalten, dachte sie, ein anständiges Zulu-Indaba, wie es hier üblich ist, wo jeder seinen Fall vor einem Schiedsrichter darlegen kann. Sie war sich sicher, beweisen zu können, dass Inqaba ihr gehörte.
Der dicke Bürgermeister drängte sich im Kreis seiner Leibwächter zu ihr hindurch. »Jill, es war eine sehr schöne Feier, ich werde immer daran denken, alle Besucher in unserer schönen Stadt zu Ihnen zu schicken.« Die Worte klangen einstudiert. »Ich werde jetzt gehen müssen. Geschäfte warten auf mich.« Mit einem Handschlag in traditioneller Manier, Handfläche, Daumen, Handfläche, verabschiedete er sich, und nach ihm gingen alle anderen Gäste. Zurück blieben nur ihre engsten Freunde, die Hausgäste und die beiden Reporter.
»Was ist an dieser Geschichte von diesem Herrn von Bernitt dran, dass Ihr Vorfahr seinen ermordet haben und sich sein Land unter den Nagel gerissen haben soll?«, fragte Nils Rogge, und an dem Glitzern in seinen Augen konnte sie erkennen, dass er mal wieder eine Story witterte. »Klingt faszinierend.« Er biss krachend in ein Baguettestück mit angetrocknetem Parmaschinken, das er sich vom Büfett geholt hatte.
»Natürlich nichts«, fauchte Irma ihn an.
»Dafür scheint der Herr Graf sich aber sehr sicher zu sein.« Sein Tonfall war süffisant. »Und wer ist dieser einarmige Fleischklops mit seinen Kettenhunden?«
»Ein ehemaliger Polizist«, mischte sich Neil ein, »Jill, morgen können wir Leon wohl das Gegenteil beweisen, dann kann ich dir mehr über den Artikel sagen, den ich in den Archiven gefunden habe. Er scheint nahe zu legen, dass Konstantin von Bernitt sein Land beim Spiel verloren hat.«
»An Johann Steinach?«, rief Jill überrascht. »Der hat gespielt? Das glaub ich nicht.«
»Wo könnte man das recherchieren?« Nils fragte ungerührt weiter. »Ich bin Journalist, vergessen Sie das nicht, ich bin auch ziemlich gut im Ausgraben von Nachrichten, die nicht gefunden werden sollen.«
»Im Geschichtenzimmer«, sagte Irma bestimmt, »hier entlang.« Neil und Nils folgten ihr auf dem Fuße, unterhielten sich dabei angeregt. Jill hörte, dass Neil seinem Kollegen genau erklärte, wer und was Len Pienaar war. Axel, der mit suchendem Blick umherirrte, fragte Jill nach Yasmin. »Sie war plötzlich einfach verschwunden, hat keinen Ton gesagt.« Seine schokoladenbraunen Augen wurden groß und tragisch, und Jill musste lachen, versprach nach dem Verbleib des Models zu forschen. Sie fragte Nelly und Zanele, stieß aber nur auf Schulterzucken, schickte Zanele dann zu Thandis Zimmer. »Klopf an, sieh nach, ob sie da ist.«
»Nicht da«, meldete die Zulu kurz darauf, »ist weggegangen.«
Das war offensichtlich, aber wohin, um diese Tageszeit? Nur die Wege
Weitere Kostenlose Bücher