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Ein Land, das Himmel heißt

Ein Land, das Himmel heißt

Titel: Ein Land, das Himmel heißt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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unmittelbar am Haupthaus waren beleuchtet. Außerhalb dieses Kreises war tiefe, undurchdringliche Nacht. Afrikanische Nacht. Jill meinte, vorhin das trockene Husten eines Leoparden gehört zu haben. Sie sah hinaus. Natürlich, dachte sie, Popi. Er musste hier irgendwo sein. Thandi traf sich mit ihrem Zwillingsbruder. Ein ungutes Gefühl ballte sich wie eine Faust in ihrem Magen. Was hatten die beiden vor? Sie glaubte nicht an einen Zufall oder eine harmlose Erklärung für Thandis überraschendes Auftauchen auf Inqaba. Thandi hatte gelogen. Ihr Mienenspiel hatte sie verraten.
    »Jill«, es war Nil’s Stimme, die sie rief, »wir haben alle brüllenden Hunger hier«, er grinste fröhlich in die Runde, die sich im Geschichtenzimmer versammelt hatte. Die Robertsons, die Farringtons, Irma. Lina und Marius hatten sich vor ein paar Minuten verabschiedet, weil der Babysitter nach Hause gebracht werden musste. Auch die Gäste, die auf Inqaba wohnten, hatten sich zurückgezogen.
    »Das wird sich beheben lassen«, lachte sie, »Tita, Angelica, an die Front, mal sehen, was wir aus den Überresten zaubern können.« Eine halbe Stunde später kehrten sie stolz mit zwei großen Tabletts mit Salaten, Sandwiches, den verlängerten Resten der Vichyssoise, einer kalten Kartoffel-Lauch-Suppe und Getränken zurück. Die drei Journalisten – Axel war von seiner Suchexpedition mit hängenden Ohren unverrichteter Dinge zurückgekehrt – lagen bequem auf dem Boden ausgestreckt, Irma und Tita saßen auf dem Sofa. Im Lampenlicht tanzten Mücken, und die Geckos hatten bereits ihre Abendmahlzeit begonnen. Ein Gecko erwischte einen fetten Moskito und verschwand mit seiner Beute hinter dem Bild eines angreifenden Löwen. Bevor Jill und ihre Helferinnen die Tabletts auf dem niedrigen Tisch absetzen konnten, mussten sie erst mehrere Bücher, deren Leinenbuchdeckel verstaubt und mit Wasserflecken übersät waren, und Stapel von Papier auf den Boden räumen. »Wo wollt ihr denn hier bloß anfangen zu suchen?«, fragte Jill, ließ ihren Blick über die deckenhohen Regale wandern.
    Irma legte ein Stück Papier als Lesezeichen in das Buch, in dem sie geblättert hatte. »Wir fangen am Anfang an und hören am Ende auf, bis wir etwas gefunden haben. Irgendwo hier drin«, ihre Handbewegung umfasste die bis zur Decke voll gestopften Bücherregale, »muss der Schlüssel zu diesem Geheimnis liegen, und den werden wir finden.«
    Aber sie fanden nichts. Das heißt, sie fanden Unmengen interessanter Unterlagen, die Irma begeisterten, aber nichts, was den Erwerb von Konstantin von Bernitts Land durch Johann Steinach belegte. Es war schon weit nach Mitternacht, als Neil gähnend am Sofa lehnte und sich mit den vom Staub der alten Bücher verdreckten Fingern durchs Gesicht fuhr. »Ich gebe bald auf. Langsam kenne ich die Geschichte aller Bewohner von Natal Mitte des neunzehnten Jahrhunderts, aber ich weiß nicht, wie Johann an das Bernitt-Land gekommen ist.« Ächzend drückte er sich auf die Füße und lief auf dem Holzboden hin und her. Hin und Her.
    »Halt!«, kommandierte Nils Rogge auf einmal. »Gehen Sie noch einmal zurück, genau da lang, wo Sie eben gegangen sind.«
    Neil runzelte die Brauen, tat, worum ihn Nils gebeten hatte.
    »Und noch einmal«, forderte der ihn auf und schien auf etwas zu lauschen. »Hört ihr das denn nicht auch?«, fragte er dann in die Runde. »Neil, bitte, noch einmal.«
    Und dann hörte es Jill und sprang auf. Sie deutete auf eine der Holzdielen. »Ich glaube, es ist die hier. Darunter muss der Boden anders beschaffen sein.« Ihr Pulsschlag wurde schneller.
    Nils nickte, klopfte das Holz ab. »Ja, die hier. Können wir das Brett hochheben?« Jill organisierte ein Stemmeisen und eine Taschenlampe. Mit den vereinten Kräften der anwesenden Männer hebelten sie die Planke hoch. Erdig feuchte, schimmelige Luft schlug ihnen aus einer Höhlung entgegen, und alle wichen zurück. Mit der Taschenlampe leuchtete Nils hinein, kratzte die Erde ab, stieß dann auf etwas Hartes. »Es sind Ziegel aus gebrannter Erde …« Mit dem Stemmeisen lockerte er sie, dann machte er Platz für Jill. »Das ist Ihr Haus, Sie sollten als Erste sehen, ob irgendetwas dort versteckt ist.«
    Sie brachen die Ziegel heraus, und Jill leuchtete in das entstandene Loch. Es hatte die Größe eines großen Koffers und war mit roh gebrannten Backsteinen ausgekleidet. Sie griff hinein. Es knisterte. »Da ist tatsächlich etwas«, jubilierte sie, gab die Taschenlampe

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