Ein Land, das Himmel heißt
»Popi, das ist ja eine Überraschung, möchtest du mit uns essen?«, rief sie, versuchte einen Scherz, gespannt, ob ihn das nicht aus dem Konzept bringen konnte.
Popi, wie Thandi schwarz gekleidet, kam auf sie zu, Hand in Hand mit seiner Zwillingsschwester, bis sie direkt vor ihr standen. »Sakubona, Jill«, grüßte er sie, »udadewethu«, setzte er hinzu, meine Schwester.
»Sakubona, udadewethu.« Thandi war das Echo ihres Bruders.
Jill entspannte sich etwas. Meine Schwester. Eine Höflichkeitsfloskel. Klang gut, nicht aggressiv. Hätte Popi die Farm illegal besetzen wollen, wäre er hier nicht so offen aufgetaucht. Sicher nicht. Sie atmete auf, betete aber, dass weder Musa noch Philani nach ihren Gewehren greifen würden, die sie zu ihrem Schutz bei sich trugen, und diese heikle Situation zum Kippen brachten. Aber das würden sie natürlich nicht, beruhigte sie sich selbst, denn schließlich waren Popi und Thandi mit ihnen verwandt, ihre eigenen Leute also. Ein Blick auf ihre Zulu-Begleiter bestätigte diese Annahme. Ungerührt wendeten sie die Steaks, schienen nicht überrascht zu sein. Vermutlich hatten sie gewusst, wer hier auf sie wartete, nahm Jill an und verwünschte ihre Unloyalität ihr gegenüber.
Joyce Kents Zähne klapperten wie Kastagnetten. Sie presste ihre Hand auf den Mund, und es war offensichtlich, dass sie kurz davor war, in Panik zu geraten. Beruhigend berührte Jill sie am Arm. »Keine Sorge, das hat nichts mit Ihnen zu tun, es wird Ihnen nichts passieren. Sie sind völlig sicher.« Fast hätte sie ihre Worte selbst geglaubt, so überzeugend klangen sie. Joyce zumindest nahm ihre Hand vom Mund und sank auf die Bank zurück.
Musa legte seine Grillgabel hin und baute sich vor Popi auf, Schultern hochgezogen, Kopf angriffslustig gesenkt, Arme in die Seiten gestemmt. Eine imposante Erscheinung. »Was wollt ihr hier?«, fauchte er auf Zulu.
Popi, selbst groß, musste zu ihm hochsehen. »Unseren Anspruch auf das anmelden, was unser ist«, antwortete er und stellte sich hin wie ein Matador, bevor er den Stier tötet. Schultern zurück, Beine breit, Kinn hoch. »Du weißt es. Du weißt, wer unsere Ahnen sind.«
»Nichts weiß ich! Euch gehört hier nichts. Geht weg.«
Popi rührte sich nicht. »Dem Vater des Vaters meines Großvaters, dem zweiten Sohn des großen Zulukönigs Mpande, Thulani genannt, gehörte das Land, das jetzt Inqaba heißt. Er hat es seinem zweiten Sohn genommen und dem Weißen gegeben, der gesagt hat, dass er Mpandes ersten Sohn vor einem Leoparden gerettet hat. Wir sind Thulanis Nachkommen. Wir verlangen unser Land.«
Während Jill ihn noch anstarrte, als wäre er ein Außerirdischer, lachte Musa auf. »Wenn du Land hier willst, Popi, der glaubt, dass er Inyathi ist, und doch nur blökt wie ein neugeborenes Kalb, wenn du Land willst, dann arbeite dafür wie wir.« Seine Augen ruhten auf Thandi. »Und Thandile mit ihrem angemalten Gesicht und den Kleidern, die wohl mehr kosten, als wir in vielen Monaten verdienen«, höhnte er, »was will die hier? Willst du mit deinen weichen Händen und langen Nägeln im Dreck kratzen? Willst du einen von uns heiraten, deinem Mann Hlonipha, Respekt, erweisen, wie es die Tradition verlangt, und auf Knien sein Essen servieren?« Er lachte lauter, mit weit offenem Mund und blitzenden Augen.
»Das ist ja rasend interessant«, hörte sie Nils murmeln, »könnte eine Story werden.« Sein Stift flog übers Papier.
Jill warf ihm einen wütenden Blick zu. Er redete von Storys, während diese eingebildete Matadorkarikatur ihr Inqaba stehlen wollte. »Die Übertragung des Landes war rechtmäßig, Popi, das weißt du so gut wie ich.«
Popi sah sie an. »Ich bin nicht mehr Popi, Popi gibt es schon seit einer langen Zeit nicht mehr«, er benutzte die gleichen Worte wie schon seine Zwillingsschwester, »ich bin Blackie Afrika …«
Irgendetwas an ihm, eine Erinnerung an früher, an den kleinen fröhlichen Popi, ihren Freund, mit dem sie gemeinsam durch den Busch gestreift war, Abenteuer erlebt hatte, Streiche ausgeheckt, ließ sie ihre Angst vor dem Rattenfänger vergessen, »Oh, um Himmels willen, Popi, red nicht diesen Unsinn, ich werde dich nicht Blackie Afrika nennen – das ist doch lächerlich, wir sind zusammen aufgewachsen …«
»Ich will mein Land«, unterbrach er sie harsch, ihre Worte mit einer Handbewegung zur Seite wischend.
Sie schaute auf das Land, das sich hinter dem Rastplatz erstreckte, sah das üppige Grün, gesprenkelt von
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