Ein Land, das Himmel heißt
ohnehin nur retten, indem er Polizeiinformant wurde. Len Pienaars und Leons Genossen würden ihm sicherlich nicht sonderlich wohl gesinnt sein. Eine halbe Stunde später öffnete sich das Tor Inqabas, und sie parkte ihr Auto im Schatten des Carports. Die
Daily News
lag auf dem Telefontisch im Eingang. Jemand musste sie mitgebracht haben. Sie nahm sie hoch. Der Name Pienaar auf der ersten Seite erregte sofort ihre Aufmerksamkeit. Sie entfaltete die Zeitung. Unter der Überschrift war ein kurzer, fett gedruckter Absatz.
Geheimer Farmerbund enttarnt, las sie, mehrere Attentate auf ANC -Aktivisten stehen vor der Aufklärung. Mit klopfendem Herzen überflog sie den ausführlichen Bericht über die Festnahme des Mannes, den sie die Verkörperung des Bösen nannten, und den letzten Absatz, der sich damit befasste, dass die Polizei zum ersten Mal einen der Leute Len Pienaars zum Geständnis bewegen konnte. Während sie überlegte, mit welchen Methoden sie das wohl geschafft hatten, las sie, dass Pienaar mit einem Haftbefehl ins Zentralgefängnis von Durban eingeliefert worden war und der Farmer Leon Bernitt ebenfalls, und zwar noch während der Nacht.
Sie ließ das Blatt sinken. Das Geständnis war also umfassend gewesen. Sie lehnte ihren Kopf an die Wand, geschüttelt von heftigen Emotionen. Bilder flimmerten vor ihrem inneren Auge, von Tommys Leiche, Mamas Gesicht, während sie in den Tod stürzte. Die Zeitung rutschte ihr aus den Händen, raschelte zu Boden.
»Seit wann liest du denn Zeitung?«, fragte Irma hinter ihr. »Ich denke, du willst nichts von der Außenwelt wissen?« Sie trug Catherines Tagebücher unter dem Arm.
»Seit ich aus meinem Paradies vertrieben worden bin«, flüsterte sie, hob die
Daily News
auf und gab sie Irma. »Hier, sieh dir das an.«
Irmas Augen blitzten, als sie die Worte las. »Endlich«, stieß sie hervor, ein Lächeln im gebräunten, faltigen Gesicht, das mehr ein Zähneblecken war, »die werden Leon verurteilen, dann hast du keine Sorgen mehr. Oh, wie ich ihm das gönne«, sagte sie voller Inbrunst, »keiner hat das mehr verdient. Aber wenn sie ihn und Len vor die Wahrheitskommission stellen sollten, und sie kommen mit einem ›tut mir Leid‹ wieder frei, dann übe ich Lynchjustiz.« Sie ballte ihre altersfleckige Faust.
»Irma!« Manchmal war Jill sich nicht sicher, ob Irma nur blutrünstig tat oder ob sie derartige Aussprüche ernst meinte.
»Ja, ja, ich weiß, wir alten Afrikaner sind nicht mehr zeitgemäß«, Irma hob die Hand, »ich werde niemanden abknallen, sondern Beschwerde beim Obersten Gerichtshof einlegen, ganz zivilisiert. Keine Angst, Jilly, ich werde mich benehmen. Jetzt ziehe ich mich wieder in Catherines Zeit zurück, da gab es diese Probleme noch nicht. Da waren die Regeln klar und einfach. Auge um Auge, Zahn um Zahn. Im Übrigen hoffe ich, dass du ein oder zwei Tage auf mich verzichten kannst. Ich möchte ein paar Sachen, die mir in Catherines Tagebüchern aufgefallen sind, in der Killie-Campbell-Africana-Bibliothek in Durban recherchieren und werde in meinem Haus in Umhlanga übernachten. Es hat keinen Sinn, jeden Tag zweimal diesen langen Weg zu fahren.«
»Das ist kein Problem, fahr nur, Irma. Sobald du die Tagebücher ausgelesen hast, möchte ich sie lesen. Du hast mich neugierig gemacht.« Jill verabschiedete sich, um auf die Terrasse zu gehen, die Gastgeberin herauszukehren und ein wenig mit ihren Gästen zu plaudern. Iris Krusen kam ihr entgegen, den Arm voller Lebensmittel. Sie war offensichtlich im Laden gewesen. »Wie war Ihr Tag? Waren Sie mit allem zufrieden, konnte Ihr Mann viele der Vögel von der Liste streichen?«, fragte sie interessiert.
»Wir haben einen wunderbaren, umwerfend schönen Tag heute gehabt, Rainer hat vier Filme voll geknipst. Mittags waren wir im Eingeborenendorf und haben uns lange mit den Leuten unterhalten. Sogar Bier haben sie uns angeboten. Dann haben wir einige Fotos gemacht«, sie zog die Brauen hoch, »das war allerdings nicht billig. Die Preise sollten Sie doch noch einmal überdenken, Jill.«
»Wer hat denn Geld für Fotos verlangt?«, fragte sie, bemüht ihren Ärger nicht zu zeigen. Wer zum Teufel machte da Geschäfte, von denen sie nichts wusste?
»Sie scheint die Frau des Häuptlings zu sein – eine ältere Frau, groß, imposante Erscheinung, beeindruckende Persönlichkeit.«
»Nelly!« Jill fragte nicht. Das konnte nur Nelly sein. Oh Nelly!
»Richtig«, nickte Iris Krusen, ihre Haare schwangen um ihr Gesicht,
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