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Ein Land, das Himmel heißt

Ein Land, das Himmel heißt

Titel: Ein Land, das Himmel heißt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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zu reden, was seit der Einweihung passiert war. Sie lag da, in der prallen Sonne, saugte mit jeder Pore die Hitze in sich hinein, bis ihre Haut brannte und ihr Gesicht hochrot anlief. Dann sprang sie wieder ins Wasser, planschte ausgelassen mit Vicky, die vor einem halben Jahr zwei geworden war, hielt das vergnügt quietschende kleine Mädchen im Arm, schmiegte sich an die glatte, feste Haut, versuchte nicht daran zu denken, dass Christina jetzt fast genauso alt wäre.
    »Hast du etwas mit diesem Reporter?«, durchbrach Angelica ihre Gedankenbarriere. Sie hielt Michaela, ihre Jüngste, auf dem Schoß und fütterte sie mit Bananenstückchen.
    »Wenn du mit deiner überaus taktvollen Frage meinst, ob wir miteinander geschlafen haben, ist die Antwort Ja, aber eigentlich geht dich das überhaupt nichts an.« Sie lächelte schief, strich Vicky die feinen hellen Haare aus den Augen. »Sie sieht dir ähnlich, sie hat dein Lachen«, sie küsste die kleinen Füßchen, »aber glücklicherweise wohl nicht deine Schuhgröße.« Behutsam hüllte sie die Kleine in ein Handtuch und trug sie hinüber zu ihrem Liegestuhl, setzte sich, hielt sie zwischen den Knien und rubbelte sie ab.
    Neugierig beugte sich Angelica vor, die glatten blonden Haare fielen ihr ins Gesicht. »Nun lenk nicht ab, Jilly, natürlich geht mich das etwas an, wer sonst wacht über dein Wohlergehen? Also heraus mit der Sprache, liebst du ihn?«
    Sie legte ihr Kinn auf Vickys Kopf, drückte sie an sich, dachte nach. Zuckte die Schultern. Lehnte sich hinüber, nahm ein Papiertaschentuch aus einer Packung auf dem Tisch und putzte der Kleinen die Lecknase. »Ich weiß es nicht. Wirklich nicht. Mir wäre wohler, wenn ich mir darüber klar wäre.« Die feinen Haare Vickys wellten sich sanft, als sie rasch in der Sonne trockneten. Sie ordnete sie mit den Fingern, dann pellte sie eine Banane ab und fütterte das kleine Mädchen. »Er ist verdammt attraktiv, ich muss dauernd an ihn denken und bekomme weiche Knie dabei. Das heißt ja zumindest, dass ich ziemlich in ihn verknallt bin. Strohfeuer, nannte es meine Mutter, schnell entzündet, schnell verbrannt.«
    »Und ist es ein Strohfeuer?«
    »Manchmal kannst du einem wirklich auf die Nerven gehen. Woher soll ich das wissen, es ist noch zu früh.« Die Erinnerung an seine kühlen, trockenen Lippen überfiel sie, sie schmeckte, roch ihn, spürte ihn in jeder Faser ihres Körpers. Energisch schüttelte sie sich, als wollte sie ihn abschütteln. »Außerdem kann ich das jetzt überhaupt nicht gebrauchen, es ist zu kompliziert. In ein paar Tagen fährt er wieder, und das war’s. Kurz und süß.«
    »Aha«, sagte Angelica, »soso.« Aber sie lächelte.
    Spätnachmittags machte Jill sich auf den Heimweg. Während der Fahrt nach Inqaba wälzte sie das Problem, ob sie Leon anzeigen sollte oder abwarten, was Len Pienaar und seine Leute aussagten. Die Vorstellung, zur Polizeistation zu fahren, den Polizisten mühsam zu erklären, wer Leon war, was er getan und was sie von Lens Leuten darüber gehört hatte, erfüllte sie mit tiefer Unlust. Es würde Stunden dauern, sie würden fragen, fragen, fragen und alles in Frage stellen, sie in die Ecke drängen, schließlich war Leon ein geachtetes Mitglied der Farmervereinigung, sie würde sich verteidigen müssen, die Männer würden ihr nach kurzer Zeit so gründlich auf die Nerven gehen, dass sie vielleicht ausrasten und sie anschreien würde, und im Handumdrehen säße sie in der Zelle wegen Beleidigung.
    Jetzt lachte sie laut über sich selbst, wich in letzter Sekunde einem riesigen Schlagloch aus, landete prompt im nächsten. Leise fluchend ging sie mit der Geschwindigkeit herunter. Der Zustand der Straßen verfiel rapide, wie alles hier. Wie Inqaba. Grübelnd fuhr sie weiter, erwiderte den Gruß einiger bunt gekleideter Zulufrauen, die am Straßenrand gingen und große Bündel Zuckerrohr auf dem Kopf nach Hause trugen. Noch lange hörte sie ihre hellen, lachenden Stimmen, beneidete sie, wünschte sich ihre Unbeschwertheit.
    Dann stand sie an der Kreuzung, die sie rechts auf die Straße nach Hlabisa bringen würde, von der die Sandstraße nach Inqaba abzweigte, links führte sie nach Mtubatuba. Dort war die Polizeistation. Sie drehte ihr Steuerrad nach rechts, trat aufs Gas und fuhr nach Hause. Heute nicht, vielleicht morgen, und vielleicht löste sich das Problem durch ein Geständnis von Len Pienaars Leuten. Der Jüngere mit dem Kotfleck auf der Hose konnte seine Haut vermutlich

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