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Ein Land, das Himmel heißt

Ein Land, das Himmel heißt

Titel: Ein Land, das Himmel heißt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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Sie beschattete ihre Augen mit beiden Händen. Ihre Sonnenbrille lag im Büro. »Ich kann es nicht erkennen. Ist es ein Buschfeuer? Kannst du es sehen? Wo ist es?«
    Er fuhr herum, lief zum Geländer. Auch er schirmte sich mit den Händen gegen die Sonne ab. »Ist die Ananaslagerhalle noch am selben Platz? Ja? Dann brennt die, komm«, rief er und lief zum Auto. Im Vorbeirennen nahm sie ihr Handy vom Tisch in der Eingangshalle und folgte ihm. Er setzte sich wie selbstverständlich ans Steuer des Geländewagens, sie rutschte auf den Beifahrersitz, öffnete mit der Fernbedienung das Tor, und sie rasten los.
    Die Halle, eigentlich nichts weiter als ein flachgiebeliges Dach auf hohen Stützen, an allen Seiten offen, brannte lichterloh. Der schwarze Rauch roch süßlich nach verbranntem Ananaszucker, große Ascheflocken flogen herum. Die Ananaspflückerinnen rannten schreiend durcheinander, Ben Dlamini, sein offenes Hemd im Feuerwind flatternd, versuchte in Windeseile seinen Anhänger mit Früchten zu füllen, um einen Teil der Tagesernte für Inqaba zu retten. Nahm sie jedenfalls an. Die Möglichkeit, dass er die Ananas für sich selbst rettete, war genauso groß.
    »Ben«, brüllte Phillip Court, und dem großen Zulu fielen die Ananas aus der Hand, die er gerade mit Schwung auf den Anhänger befördern wollte. »Lass das, es ist zu gefährlich, schieb den Anhänger weg, hörst du!«
    Ben gehorchte, ohne zu mucken, auf der Stelle. Er packte die Achse des Wagens und zog. Phillip Court sprang hinzu, befahl den Pflückerinnen, die ihn mit offenem Mund anstarrten, auch zu helfen, griff selbst zu. Und alle taten, was er befahl. Gemeinsam hievten sie den Anhänger aus der Gefahrenzone. Jill stand daneben, für sie blieb nichts zu tun, nichts zu helfen, nichts zu sagen. Es störte sie sehr.
    Ben schwitzte stark, war noch schwärzer als sonst durch den Ruß, der sein Gesicht verschmierte. Heftig nach Atem ringend, hielt er sich an dem Anhänger fest. »Sakubona, Boss«, keuchte er, hob eine Hand. Mehr bekam er nicht heraus.
    »Eh, Sakubona, Ben.« Phillip reichte ihm die Hand, die sein ehemaliger Vorarbeiter im Dreiergriff packte. Die beiden Männer grinsten sich an. Jill hätte ebenso gut unsichtbar sein können. »Lasst die Halle abbrennen«, befahl er dann, »Ben, spring ins Auto, ich nehm dich mit zum Haus.«
    Ben tat, wie ihm geheißen, doch zu ihrer Freude bemerkte sie den verlegen fragenden Blick, mit dem er sie streifte. Sie nickte. Es war jetzt nicht die Zeit für einen öffentlichen Streit mit ihrem Vater. Phillip Court wendete den Geländewagen und fuhr zurück. Ein paar Minuten später stiegen sie auf dem Hof aus.
    »Wo zum Teufel kommst du denn her, Phillip?«, rief Irma und lief mit wehenden weißen Haaren auf sie zu. »Ich hab von Bongi gehört, dass du vom Himmel herabgefallen bist, dachte, sie hat Dagga geraucht oder so etwas.« Sie streckte den Hals vor und starrte ihn an, als glaubte sie noch immer, eine Erscheinung vor sich zu haben. »Wie seht ihr überhaupt aus, was ist passiert?«
    Schnell erzählte Jill es ihr.
    »Jemand war dort«, sagte Ben, wischte sich dabei sein Gesicht mit einem angekokelten Hemdzipfel ab, »die Frauen haben Männer gesehen. Sie sind weggerannt.«
    Phillip drehte sich zu Jill um. »Wer kann das gemacht haben? Hast du mit jemandem Streit?« Sein Ton gab ihr die Schuld.
    Ärger kroch in ihr hoch. Sie vermutete, dass Popi die Halle aus Wut über ihre Reaktion auf seine Forderungen als ihr Halbbruder angesteckt hatte. Bevor sie antworten konnte, fuhr jedoch Irma dazwischen.
    »Phillip, mein Lieber, ich würde den Mund nicht so weit aufreißen. Jill hat genug durchgemacht. Du hast sie mit allem allein gelassen, und lass dir das sagen, sie macht ihre Sache gut.« Eis klirrte in ihrer Stimme, ihre Augen blitzten. Es war unschwer zu erkennen, dass sie sehr wütend war. »Es ist Zeit, dass du redest.«
    Ihr Vater versteifte sich. »Ich komme später ins Dorf«, sagte er dann zu Ben und ging mit Jill und Irma ins Haus. »Ich muss mich erst waschen, ich komme gleich.« Damit verschwand er in der Gästetoilette. Jill ergriff die Gelegenheit, aus ihren nach Rauch stinkenden Sachen zu schlüpfen. Sie wusch ihre Hände, kühlte Nacken und Gesicht mit Eiswürfeln. Ganz hatte sie noch nicht begriffen, dass ihr Vater hier war, und auch nicht, warum.
    Sie fand ihn in seinem ehemaligen Arbeitszimmer, das jetzt ihres war. Irma saß im Sessel neben dem Gewehrschrank. Beklommen blieb Jill in der Tür

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