Ein Land, das Himmel heißt
schuldig.«
»Und Mama?«, flüsterte sie nach einer Weile. »Hat sie davon erfahren, ist es deswegen, dass sie …?«
Er nickte. »Ja. Sie hat Thuleleni im Dorf aufgesucht und sie gefragt, was sie von mir wollte. Es war ihr eigenartig vorgekommen.« Er seufzte tief. »Wir hatten einen entsetzlichen Streit. Ich wusste nicht, was ich ihr sagen sollte. Sie packte sofort ihre Sachen, sie wollte zu dir, Irma. Sie war fast irrsinnig vor Wut und Enttäuschung. Und dann ist sie in das Flugzeug gestiegen.«
So war es also gewesen. Jill hielt ihre Augen geschlossen. Sie brauchte ein paar Sekunden, um das zu verdauen, um die Bilder, die jetzt auf sie einstürmten, zu verdrängen.
»Ich hätte es wieder hinbiegen können, da bin ich mir sicher«, flüsterte er, »aber dann ist das Flugzeug … einfach so …«
»Nicht einfach so, Daddy.« Sie öffnete die Augen und sagte ihm, was sie über Len Pienaar und Leon von Bernitt erfahren hatte. »Die Bombe galt einem schwarzen Parlamentsmitglied, das sich für die Landumverteilung einsetzte. Das genügte, um in die Schusslinie von Pienaar und Leon zu kommen. Ich habe es gerade erst erfahren. Beide sitzen seit zwei Tagen in Durban im Gefängnis.« Wie sie es erfahren hatte, würde sie ihm später erzählen.
»Das ist gut so«, flüsterte er rau, »das rettet ihnen das Leben, denn das würde ich ihnen sonst nehmen. Wann wird ihnen der Prozess gemacht?«
Da Jill davon keine Ahnung hatte, beschloss sie, Neil Robertson anzurufen, um zu hören, ob er etwas erfahren hatte. Sie erreichte ihn in der Redaktion. »Sie haben beide einen Antrag gestellt, vor der Wahrheitskommission aussagen zu dürfen, offenbar schon vor längerer Zeit. Es scheint, dass dieser Antrag gewährt wird.«
»Du meinst, die können sich hinstellen, ein paar Krokodilstränen vergießen und sagen, dass es ihnen Leid tut, und dann marschieren sie als freie Männer aus dem Gerichtssaal?«, schrie sie empört.
»So in etwa.« Neils Ton war anzuhören, dass er ihre Ansicht teilte.
Irma und ihr Vater wechselten einen Blick, als sie das berichtete. »Ich weiß nicht, ob ich das ertragen könnte«, sagte er.
*
Sie saßen noch lange zusammen. Jill berichtete, was in den letzten Tagen vorgefallen war. Irgendwann ging sie in die Küche, entdeckte zu ihrer Genugtuung, dass Nelly wieder am Tisch stand und ihren Teig knetete, als wäre nichts gewesen, machte einen Salat, legte frische Brötchen dazu und wies Bongi an, etwas später Kaffee und Kuchen in ihr Arbeitszimmer zu bringen.
Dann redeten sie weiter.
»Ich werde ins Dorf gehen und ein Wörtchen mit den Herrschaften reden«, verkündet Phillip.
»Wie lange hast du vor, hier zu bleiben?« Irma fragte das.
»Ich weiß noch nicht«, antwortete er zögernd, »eine Zeit lang.«
»Und dann ist Jilly mit allem wieder allein, oder?« Sie wartete gar nicht auf seine Antwort. »Jill hat hier dieser Tage zu entscheiden, Phillip, sie ist der Boss, nicht du. Besser, wenn du dich möglichst gleich daran gewöhnst.«
»Das ist richtig, Dad«, sagte Jill, »du hast mir vor zwei Jahren die Führung von Inqaba übertragen. Ich habe hier das Sagen, und so wird es bleiben.«
Er hatte seine Hände in den Hosentaschen versenkt, wippte auf den Fußballen. Starrte sie unter gesträubten Brauen an. »Soso, aus dem Kätzchen ist eine Katze mit Krallen geworden.«
Sie wartete.
»Das beruhigt mich ungemein, ich hatte schon geglaubt, ich müsste hier bleiben, um dir zu helfen.« Nun lächelte er. »Ich will nämlich wieder zurück nach Juan Les Pins. Mir geht es gut dort.«
Sie stand auf. »Du willst dich sicher umziehen und ein bisschen ausruhen nach diesem anstrengenden Tag. Ich zeig dir dein Zimmer.« Sie nahm einen Schlüssel aus der Schreibtischschublade. »Hast du noch mehr Gepäck?«
Er schüttelte den Kopf, nahm seinen Koffer und folgte ihr. Sein Schritt war schleppend, die Haltung nicht mehr so straff. Die vergangenen Stunden mussten ihn ziemlich geschlaucht haben. In dem Zimmer, das ebenfalls im Haupthaus lag, öffnete sie Gardinen und Fenster. Ein leichter Wind blähte den weißen Baumwollstoff auf, trug den Duft der Amatunguluhecke herein. Ihr Vater lehnte am Fenster, atmete tief ein. »Ich hatte vergessen, wie schön Inqaba ist«, murmelte er, fuhr sich dann über die Augen. »Ich leg mich für ein paar Stunden hin, ich bin furchtbar müde. Wann wirst du zu Abend essen?«
»Ist dir acht Uhr recht? Dann hast du gut drei Stunden Zeit.« Damit schloss sie die Tür hinter
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