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Ein Land, das Himmel heißt

Ein Land, das Himmel heißt

Titel: Ein Land, das Himmel heißt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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ihre innere Stimme ein, »das meint er nicht so, bald, vielleicht schon morgen, wird er unruhig und will weiterziehen. Denk nicht mal daran, dass es was werden könnte.« Unwirsch befahl sie dieser unbequemen, stockvernünftigen Stimme zu schweigen. Für kurze Zeit zumindest wollte sie in dieser Vorstellung schwelgen.
    Heute stöhnte ganz Natal unter stickiger Schwüle. Eine dichte Wolkendecke lag über dem Land, hielt die feuchte Gluthitze darunter fest. Feuchtigkeitsschwaden trieben vom Meer herauf, jeder Gegenstand war nass, und stellte man ein kaltes Glas auf den Tisch, bildete sich sofort eine große Pfütze. Es war schlimmer als in einem Dampfbad, und die Menschen bewegten sich langsam, lagen ermattet im Schatten oder schleppten sich abgekämpft und verschwitzt durch ihren Arbeitstag. Nicht so die Krusens. Dick mit Sonnenschutzcreme bestrichen, einen breitkrempigen Hut auf dem Kopf, Fotoapparate umgehängt, marschierten sie energiegeladen mit einem schlapp wirkenden Philani in den Busch.
    Jill, die sie beobachtete, freute sich, nicht an Philanis Stelle sein zu müssen, zog sich einen Bikini an und ging schwimmen. Ihr Vater kraulte bereits durchs Wasser, Irma lag, den Hut über das Gesicht gestülpt, im tiefsten Schatten, Nils und Axel waren in die Stadt zu Neil Robertson in die Redaktion gefahren, um mehr über die Sache mit Len und Leon zu erfahren.
    Das Sirren der Insekten war ohrenbetäubend, die Steine um das Schwimmbecken waren so heiß, dass sie sich die Füße darauf verbrannte. Sie glitt ins Wasser, kraulte ein paar Längen, tauchte, und ließ sich dann reglos auf dem Rücken treiben.
    Auf einmal schob Irma den Hut vom Gesicht. »Hört ihr das?«, fragte sie lauschend. »Da, jetzt … als ob jemand trompetet.«
    Jill rollte sich auf den Bauch, schwamm in die flache Zone, versuchte sich das Wasser aus den Ohren zu schütteln, um überhaupt etwas zu hören. Als das nicht gelang, kletterte sie heraus und hüpfte auf einem Bein herum, ihr Ohr zum Boden geneigt. Es nutzte gar nichts.
    »Ich hör’s«, stimmte ihr Vater zu, sprang plötzlich auf, »da trompetet einer, und zwar ein Elefant. Verdammt, wie kann das angehen? Haben wir Elefanten auf Inqaba, Jill?«
    »Was? Nein, natürlich nicht. Bist du sicher?« Aber dann löste sich etwas in ihrem Ohr, und sie hörte es auch. »Ach, du heiliger Strohsack, das sind wirklich Elefanten!« Auch sie war aufgesprungen, warf sich ihr helles Hemd über, schlüpfte in die Sandalen und rannte los. Ihr Vater folgte ihr auf dem Fuße. Das Trompeten kam immer näher. In das Geräusch aber mischte sich ein anderes.
    »Da schreit jemand«, rief ihr Vater, »ist heute denn jemand in den Busch gegangen?«
    Schlagartig fiel es ihr ein. Die Krusens. Ach du liebe Güte. Sie rannte ins Arbeitszimmer, riss ein Gewehr aus dem Schrank. »Vielleicht kommen die von Hluhluwe herüber, wir müssen sie verjagen«, schrie sie mit sich überschlagender Stimme.
    Ihr Vater hatte schon seine alte Elefantenbüchse in der Hand und war auf dem Weg nach draußen. »Wir nehmen den Geländewagen …« Sie sprang auf, während er schon losfuhr, tippte gleichzeitig die Nummer der Parkverwaltung von Hluhluwe, des großen Tierreservats, das an Inqaba grenzte, ins Handy ein und verlangte, als sich jemand meldete, den obersten Wildhüter. Mit wenigen Worten machte sie ihm klar, was sie vermutete.
    »Scheiße«, schrie der Mann am anderen Ende, »wir kommen.« Die Verbindung wurde abrupt unterbrochen.
    Aber ein Blick um die nächste Biegung sagte ihr, dass es schon zu spät war. Die Büsche in etwa hundertfünfzig Meter Entfernung wackelten wild, Bäume schlugen hin und her, krachende Geräusche von brechenden Stämmen, begleitet von dem Knall eines Gewehres und schrillem Trompeten, jagten ihr Schreckensschauer über den Rücken. In diesem Moment schossen die Krusens aus dem Busch. Mit jedem Atemzug stieß Iris Krusen einen markerschütternden Schrei aus, Rainer Krusen umklammerte seinen Camcorder, die Hüte hatten sie verloren und alles andere, was sie mitgeführt hatten, wohl auch. Philani folgte ihnen auf den Fersen, feuerte gelegentlich in die Luft. Ihr Vater trat auf die Bremse.
    Kurz darauf brachen die Elefanten aus dem Grün. Die Leitkuh, ein graubrauner Koloss, hatte die Ohren aufgestellt, den Rüssel erhoben und raste wütend trompetend hinter den Fliehenden her. Ihr Vater drückte anhaltend auf die Hupe. »Schieß in die Luft, Jill, schnell.«
    Sie tat, wie ihr geheißen, und die Leitkuh

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