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Ein Land, das Himmel heißt

Ein Land, das Himmel heißt

Titel: Ein Land, das Himmel heißt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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Konkretes, noch ist es nur ein Gefühl.«
    Verbissen schwieg sie für die nächsten Minuten, wollte ihn mit Fragen überschütten, wusste genau, dass sie gegen eine Mauer gestoßen war. Schwieg, um sich keine Blöße zu geben. Als ihre Wut etwas abgekühlt war, sie ihrer Stimme wieder trauen konnte, schob sie ihm den Umschlag mit den Dokumenten zu. »Bitte sieh sie dir noch einmal an. Ich denke, sie sind hieb- und stichfest.« Vor ihnen zuckelte Bens Treckergespann. Es war hoch mit Ananas beladen, und der süße Früchteduft wehte zu ihnen herein. »He, Ben, lass uns vorbei«, rief sie. Doch es gab keine Möglichkeit für ihn, die Straße frei zu machen. Mit Fußgängergeschwindigkeit schlichen sie weiter.
    Nachdenklich kaute Nils auf seiner Unterlippe, während er las. Dann nickte er. »Die sind wasserdicht. Aber vergiss nicht, dass er sich in den Kopf gesetzt hat, dass Johann Steinach seinen Vorfahren Konstantin umgebracht und irgendwo verscharrt hat.«
    »Glaubst du ernsthaft, er fängt mit dem Quatsch wieder an?«
    »Leon von Bernitt ist ein Schwein, Jill, ein böses, niederträchtiges Schwein, und rachsüchtig obendrein, lass dir das von jemandem gesagt sein, der schon einige böse Schweine erlebt hat. Dem ist es scheißegal, ob seine Anschuldigungen haltbar sind, der will dich von deinem Land herunterekeln, damit dieser unsägliche Len es kaufen kann. Die Geschichte mit dem Freizeitgelände für seine Leute glaube ich im Übrigen auch nicht.«
    Sie warf ihm einen erstaunten Blick zu. »Warum denn das nicht? Wozu sonst würde er es brauchen?«
    Er lehnte sich zurück, streckte seine langen Beine aus. »Seit ich hier bin, habe ich den Eindruck, als schwele Unheil unter der schönen Oberfläche Südafrikas. Vergleiche es mal mit der Kruste auf erkalteter Lava, unter der es in der Tiefe noch glüht.«
    »Du glaubst, sie rotten sich zusammen, um Mandela zu stürzen?«, rief sie, vermied gerade noch, eine Ziege umzufahren.
    »Nein«, er schüttelte den Kopf, »aber nein. Am 2. Juni 1999 findet die zweite demokratische Parlamentswahl Südafrikas statt. Mbeki wird Mandelas Nachfolger sein. Faktisch regiert er schon heute. Mandela ist Geschichte. Noch tappe ich im Dunklen, aber ich bin sicher, dass ich Recht habe. Irgendetwas geht da vor.«
    »Ach, du heiliger Strohsack.« Mehr fiel ihr als Kommentar momentan nicht ein. Ihre Gedanken wirbelten durcheinander wie trockene Blätter im Herbststurm. »Vorläufig sitzen die beiden ja im Gefängnis«, sagte sie, »und ich hoffe, da verrotten sie. Wenn das Verfahren eröffnet worden ist, werde ich als Nebenklägerin auftreten. Schließlich haben sie meine Mutter auf dem Gewissen.«
    »Hm.« Es war nicht klar, ob er ihr überhaupt zugehört hatte. Er blickte mit zusammengekniffenen Augen aus dem Fenster, war offenbar weit weg.
    Sie fuhr weiter. Fünf Minuten später bog sie auf den unbefestigten Weg zur Bernitt-Farm ein. Den Eingang verschloss ein stacheldrahtbewehrtes, mit einem Elektrodraht gesichertes Tor. Sie hielt, starrte mit offenem Mund durch den Drahtzaun, vergaß zu hupen.
    Die Auffahrt zu Leons Haus war etwa hundert Meter lang. Rechts und links parkten Autos, ließen nur eine schmale Gasse frei, durch die gerade ein Wagen passte. Männer in uniformähnlichen Safarianzügen, khakifarbenen Schirmmützen mit Nackenschutz, einige trugen Hüte mit aufgeschlagener Krempe, und umgehängten Gewehren liefen in der Nähe des Zaunes herum. Jeder hielt einen unfreundlich aussehenden Hund an der Leine, meist Schäferhunde oder Rottweiler. Rechts und links vom Tor entdeckte sie zwei Wachen, die im Schatten der Bäume gestanden hatten und jetzt zum Tor kamen. Auch sie hatten Gewehre umgehängt, ihre Hunde geiferten aufgeregt an der Leine.
    Aber das, was ihre ganze Aufmerksamkeit fesselte, war die Gruppe der Männer, die vor dem Haus um einen Tisch herumsaßen. Es waren vielleicht zwanzig. Alle trugen diese Safarianzüge, alle hatten Schnellfeuergewehre oder Maschinenpistolen griffbereit neben sich gestellt. Sie redeten, lachten, beides sehr laut. Dazwischen tranken sie Bier aus der Dose. Lorraine mit hochgesteckten Locken kommandierte zwei schwarze Mädchen in adretten Uniformen und passenden Häubchen herum, die einen Imbiss servierten. Eine von ihnen war groß und kräftig wie ein Mann. Im Hintergrund hockte ein schwarzer Gärtner und rupfte Unkraut.
    Und mittendrin, am Kopf des Tisches, lümmelten sich Len Pienaar und Leon von Bernitt in ihren Stühlen, hielten breit grinsend

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