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Ein Land, das Himmel heißt

Ein Land, das Himmel heißt

Titel: Ein Land, das Himmel heißt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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auf dem Fliesenboden. Mit dem Fuß schob sie die Scherben beiseite, sammelte hastig die herumliegenden Tagebücher zusammen, um sie ins Safe zu legen. Niemand würde jetzt Catherines Geschichte schreiben.
    Mit schmerzverdunkelten Augen verließ sie das Zimmer. Noch konnte sie es nicht ertragen, auch nur daran zu denken, es auszuräumen, die Sachen wegzugeben. Ihrem Vater hatte sie geholfen, das Zimmer von Tommy leer zu räumen, nach Mamas Tod hatte sie deren Zimmer allein geleert, auch nach Martins Tod war sie allein mit dieser Aufgabe gewesen. Es war ihr unerträglich, in die intimsten Winkel eines anderen Lebens eindringen zu müssen, Papiere zu sichten, Kleider zu berühren, den Geruch des Verstorbenen zu riechen, all die kleinen Geheimnisse, die jeder hat, schonungslos ans Licht zu bringen. Sie drehte den Schlüssel im Schloss und nahm ihn mit, legte ihn mit Catherines Notizen in den Safe.
    Zu ihrem Erstaunen saß Jonas im Empfang, im blütenweißen Hemd, aber mit verbundenem linkem Arm und traurigen Augen. Schweigend drückten sie einander die Hand. »Schlimm?« Sie berührte sacht den Verband. Er verneinte. Sie bat ihn, ein paar Männer vom Dorf zu organisieren. »Sie sollen die Reste des Bungalows wegräumen. Wir müssen ihn so schnell wie möglich wieder aufbauen, und die Hütte von Dabulamanzi ebenfalls.«
    »Yebo, Nkosikasi«, antwortete Jonas, der Brückenbauingenieur, respektvoll, »ich werde dafür sorgen.«
    »Oh, und bitte veranlasse, dass das Schwimmbecken abgelassen und gründlich gesäubert wird. Danach lass es desinfizieren.« Ihre Haut kribbelte allein bei der Erinnerung an das, was die Männer gemacht hatten. Einige der Gäste hatten gepackt, planten offenbar, Inqaba zu verlassen. Das Gepäck stand bereits in der Halle. Sie ging auf die Terrasse. Bongi und Zanele hatten Frühstück serviert. Fünf Tische waren besetzt, die Gäste waren ausnahmslos Südafrikaner. Gewalt, Überfälle, Schießereien waren ihnen sicher nicht fremd. Es war anzunehmen, dass einige sogar selbst schon überfallen worden waren. Als sie Jill erblickten, sprangen mehrere auf. »Jill, wie entsetzlich, wir haben es gehört, das mit Ihrer Tante«, sagte die Grauhaarige, die auch heute wieder kräftige Wanderschuhe trug, »es tut uns so Leid, sie war eine wunderbare Schriftstellerin. Wir lieben ihre Bücher.«
    »Was wird nun, hat man die Verbrecher gefasst, weiß die Polizei, wer es war?«
    »Wie garantieren Sie jetzt die Sicherheit Ihrer Gäste?«
    »Können wir Ihnen helfen? Wir sind ein paar kräftige Männer hier.« Alle redeten durcheinander.
    Sie hob eine Hand, und die anderen verstummten. »Danke«, begann sie, musste sich räuspern, weil ihr die Stimme nicht gehorchte, »danke für Ihre Anteilnahme. Die Polizei hat einige der Verbrecher gefangen«, sie fand es unnötig, zu erwähnen, dass man auch einige erschossen hatte, »und ich bin sicher, sie wissen jetzt, wer dahinter steckt. Ich werde sofort noch striktere Sicherheitsmaßnahmen ergreifen.« Sie hatte sich das irgendwann letzte Nacht überlegt. Gleich heute beabsichtigte sie, den Elektrozaun in Auftrag zu geben, einen mit Wumm, wie Irma gesagt hatte, aber auch das erwähnte sie den Gästen gegenüber nicht. »Außerdem werden ab heute noch mehr Wachen auf Inqaba patrouillieren.« Und ich werde Mamas Opalpfau verkaufen müssen, um das zu bezahlen, dachte sie.
    »Schwarze?«, rief einer der Gäste. Er war kahlköpfig und hatte die sonnenzerstörte Haut der weißen Afrikaner, die ihre meiste Zeit im Freien verbringen, voller dunkelbrauner Flecken und heller Stellen, wo die ersten Hautkrebsgeschwüre entfernt worden waren.
    Für einen Augenblick antwortete sie nicht, dann schüttelte sie den Kopf. »Nein, ich werde einen sehr erfolgreichen Sicherheitsdienst engagieren. Die meisten der Leute sind weiß.« Es würde sie zwar fast umbringen, aber wenn sie keine Alternative fand, musste sie Len Pienaar bitten, Inqaba zu schützen. Sie beschloss, Alastair anzurufen, ihn zu fragen, ob er eine andere Möglichkeit wusste.
    In diesem Moment sah sie Nils und Axel durch den Wohnraum auf die Terrasse kommen. Flüchtig fragte sie sich, wo die beiden die Nacht verbracht hatten. Nils deutete auf den Tisch hinten in der Ecke, und sie nickte. Danach stand sie noch eine Zeit lang Rede und Antwort, versprach den beiden Paaren, die sofort abreisen wollten, die Rechnung fertig zu machen, und bedankte sich bei den anderen, dass sie bleiben würden.
    »Och, so einen sonnengedörrten

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