Ein Leben lang
warf einen Blick auf ihren Wecker. Als sie sah, dass die Anzeige auf fünf Uhr morgens stand, stöhnte sie laut auf, bevor sie sich herumrollte und zum Fenster schaute, hinter dem langsam der Morgen dämmerte.
Sie drehte sich auf den Rücken und schaute an die Decke, während sie den gedämpften Stimmen lauschte, die von der Treppe herüberdrangen. Gleich darauf hörte sie, wie unten die Fliegengittertür ins Schloss fiel.
Anschließend herrschte wieder Stille, doch dummerweise war Rebecca jetzt hellwach. Sie setzte sich auf, reckte sich gähnend, dann warf sie die Decke zurück und sprang aus dem Bett. Nachdem sie in ihre Hausschuhe geschlüpft war, zog sie ihren Morgenrock über und ging zur Tür. Dort blieb sie einen Moment lauschend stehen, aber als es weiterhin still blieb, ging sie ins Bad.
Eine Stunde später betrat sie, frisch geduscht und angezogen, mit einer Tasse Tee die Veranda. Die Sonne hing wie ein goldener Ball an einem strahlend blauen Himmel, obwohl die Luft immer noch kühl war. Rebecca setzte sich in einen der alten Schaukelstühle und verkroch sich tiefer in ihre leichte Sommerjacke aus Leinen, während sie auf die sanften Hügel der saftig grünen Weiden hinausschaute und ihren Tee trank. Auf einer kleineren Koppel grasten mehrere Pferde, deren Fell in der Morgensonne glänzte.
Es war so ungewohnt für Rebecca, mit ihrem Morgentee müßig auf einer Veranda zu sitzen, dass sie lächeln musste. Für sich selbst Zeit zu haben, ohne dass einem alle möglichen Termine und dringenden Aufgaben im Nacken saßen, hatte etwas Befreiendes. Und gleichzeitig war es seltsam beunruhigend.
Vielleicht hat Mom ja Recht. Vielleicht bin ich wirklich urlaubsreif.
Obwohl immer noch nicht restlos überzeugt, war sie zumindest bereit, es ein bisschen langsamer angehen zu lassen. Urlaub light, dachte sie schmunzelnd.
Sie kehrte in die Küche zurück, packte eine Thermosflasche mit Kaffee, ein Sandwich sowie einen Apfel in ihren kleinen Rucksack und nahm eine Karotte aus dem Gemüsefach des Kühlschranks. Dann setzte sie den Cowboyhut aus Stroh auf und machte sich auf die Suche nach Jackson. Sie fand ihn in der Scheune.
Er stand auf einer Leiter und schlug Nägel in die Bretterwand, die er gerade ausbesserte. Die morschen alten Latten hatte er entfernt, so dass jetzt in der Wand ein Loch war, durch das man nach draußen schauen konnte.
Glücklicherweise war es in der Scheune noch so kühl, dass er bis jetzt keine Notwendigkeit gesehen hatte, sein Hemd auszuziehen. Rebecca atmete innerlich auf. Sie hatte keine Lust gehabt, den Tag mit einem atemberaubenden Blick auf seinen nackten Oberkörper zu beginnen.
„Jackson?“
Er antwortete nicht. In der Annahme, dass er sie über den Lärm der Hammerschläge und das Kreischen einer Säge im Nebenraum hinweg nicht hören konnte, versuchte sie es noch einmal ein bisschen lauter. „Jackson?“ Jetzt hörte er auf zu hämmern und schaute über die Schulter auf sie herunter.
„Könnte ich mir vielleicht eins der Pferde ausborgen? Ich würde gern ein bisschen ausreiten und wollte es machen, bevor es zu heiß wird.“ Er streifte sie mit einem skeptischen Blick. „Sie können reiten?“
„Ja.“
Er stieg von seiner Leiter und hängte den Hammer über eine der Sprossen. „Wie gut?“
„Ganz passabel.“ Er schaute sie erwartungsvoll an. „Ich bin schon als Kind geritten. Meine Mutter und ich halten ein paar Pferde in einem Reitstall außerhalb der Stadt.“
„Was für Pferde?“
„Vollblüter.“
Er zog eine Augenbraue hoch, kommentierte es jedoch nicht. „Ich habe eine hübsche kleine Stute, die geeignet sein könnte. Sie ist sehr sanft.“ Rebecca verkniff sich eine hitzige Erwiderung. Es war nicht anzunehmen, dass sich Jackson durch Worte überzeugen lassen würde, wahrscheinlich musste er erst mit eigenen Augen sehen, dass sie tatsächlich reiten konnte.
„Klingt perfekt.“
Nur wenig später kam Jackson mit der gesattelten Stute an. Rebecca hielt sie am Zaumzeug fest und streichelte ihr mit einer Hand den samtweichen Kopf, während sie mit der anderen die Mohrrübe aus ihrer Hosentasche zog. Sie brach ein Stück ab und hielt es der Stute auf dem Handteller hin. Die weichen Pferdelippen kitzelten auf ihrer Haut, als das Tier den Leckerbissen nahm.
Rebecca lachte, und als sie aufschaute, ertappte sie Jackson dabei, wie er sie beobachtete.
„Sie liebt Mohrrüben“, stellte sie fest, plötzlich nervös geworden unter seinem nicht entzifferbaren
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