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Ein letzter Brief von dir (German Edition)

Ein letzter Brief von dir (German Edition)

Titel: Ein letzter Brief von dir (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Ashton
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spüren, dass das Glück unser Zuhause verlassen hatte.»
    «Das ist so traurig.»
    «Und dann war sie fort. Herzrhythmusstörungen. Ich will es hier jetzt nicht ausbreiten, aber im Grunde hat ihr Herz ausgesetzt, und Aga hörte auf zu sein. Ich habe sie gefunden. Sie hat den ganzen Tag auf dem Boden unseres Wintergartens gelegen. Sie war so stolz auf ihn gewesen.»
    Die schlichte Art, mit der Marek all die herzzerreißenden Einzelheiten erzählte, berührte etwas in Orla – fast wie ein Finger, der die Saite einer Harfe zupfte.
    «Mein Freund Sim ist auch ganz plötzlich gestorben. Das ist schwer, nicht wahr?»
    Ihr war ganz übel von all dem Schmerz in der Welt. Dem Verlust.
    «Sehr. Aber, Orla, dein Verlust ist anders als meiner, er ist größer.»
    «Wieso?»
    «Ich habe Aga nicht geliebt.»
    Da war sie wieder, diese schneidende Aufrichtigkeit. Orla runzelte die Stirn. Ihr tat die verstorbene Frau leid, der man eine solche Totenrede hinterherschickte. «Was, nicht mal ein wenig?»
    «Nicht, wie ich sie hätte lieben sollen. Nicht so, wie ich sie hätte lieben können. Wir waren bitter geworden, wie Tiere, die in einem Käfig zusammengesperrt sind.» Marek hielt einen Moment inne und fuhr dann fort: «Wenn Aga noch am Leben wäre, wären wir nicht mehr zusammen.»
    Autsch. War sein nachdrückliches Bemühen, die Dinge beim Namen zu nennen, eine osteuropäische Angewohnheit, oder war es einfach Marek? «Woher willst du das wissen?», fragte Orla.
    «Weil ich genau hinsehe.»
    «Wenn Sim noch am Leben wäre, wären wir zusammen.»
Wir wären verheiratet, untrennbar miteinander verbunden in unseren Ängsten, und würden auf dem Sofa sitzen und fernsehen.
    «Ich beneide dich.»
    «Wirklich, nein, das musst du nicht.» Orla schnaubte ein wenig bissig.
    «Dieses Geben und Nehmen, diese Gemeinschaft, das habe ich mir immer gewünscht. Ich habe dafür anderes gefunden – Begierde, Spaß –, aber für die Liebe gibt es keinen Ersatz.»
    «Wie Margarine mit Buttergeschmack. Kaum zu glauben, dass es nicht Liebe ist.»
    «Wie bitte?» Marek hatte den Scherz nicht verstanden.
    «Du weißt schon, diese Margarine, die den Kunden weiszumachen versucht, dass sie eigentlich Butter sei? Egal.» Sim hätte das sofort verstanden. «Ich rede nur so daher. Achte nicht auf mich. Man hat mir nie beigebracht, über Gefühle zu sprechen. Obwohl ich Irin bin, halte ich ständig die Ohren steif.»
    «Man muss kein Engländer sein, um steife Ohren zu haben.» Marek brach ein Brötchen, das mit Kümmel bestreut war. «Weißt du, ich erzähle das alles nicht, um dich runterzuziehen oder unser – was auch immer es ist, kein Date, natürlich nicht.»
    «Du hast mich nicht runtergezogen.» Gevatter Tod war schließlich ein regelmäßiger Gast an Orlas Tafel. «Das gehört alles zum Leben dazu.» Sie ahnte, warum Marek so detailliert davon erzählt hatte. «Es bringt die Menschen einander näher, über die großen Dinge zu sprechen. Leben. Liebe. Tod.»
    «Ja!» Marek griff die Idee auf, glücklich, verstanden worden zu sein. «Seit Agas Tod kümmere ich mich nur noch um die wirklich wichtigen Dinge. Ich versuche, ehrlich zu sein. Ich versuche, Kontakt herzustellen. Wenn ich es wirklich will», fügte er hinzu.
    Orla überging das Kompliment und sagte: «Wahrscheinlich ist es deine Art, sie zu ehren, nehme ich an. Etwas Positives, sei es auch noch so klein, aus der Erfahrung des Verlusts zu gewinnen.»
    «Vielleicht.» Marek sah über ihren Kopf hinweg. «Ja.»
    «Letztlich», sagte Orla, «müssen wir alle darüber hinwegkommen, irgendwie.»
    «Ja. Wir kommen darüber hinweg, weil wir es müssen.» Mareks dunkle Augen schauten nachdenklich. «Es hat mich abgehärtet. Ich bin ein anderer Mensch. Ich erwarte weniger. Ich hoffe, dass dir nicht das Gleiche passiert.»
    «Ich glaube, das ist schon passiert.»
    «Kämpfe dagegen an. Du willst nicht so sein wie ich. Vierzig, voller Narben. Ich lasse mich nur auf Beziehungen ein, die schon von Anfang an einen grundsätzlichen Fehler haben, damit es nicht so wehtut, wenn sie am Ende scheitern.»
    Marek hielt inne. «Damit wäre ich wohl das schlimmste Profil von allen bei einer Online-Partnerbörse.»
    Froh über den kleinen Lichtstrahl in all dem Dunkel, lachte Orla. «‹Sinn für Humor, mag lange Spaziergänge und Gespräche am Kaminfeuer› kommt sicher besser an.»
    «Ich habe immer gehofft, jemanden zu finden, zu dem ich nett sein will. Jemanden, bei dem ich ich selbst sein kann. Den ich ein

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