Ein letzter Brief von dir (German Edition)
würde, so wie es für uns immer gewesen ist. Ich dachte, wir wären unbezwingbar. Dass man uns vielleicht biegen, aber nicht brechen kann. Du bist also gar nicht so dumm, wenn du mir auf den Zahn fühlst. Ich habe mich wohl die ganze Zeit hinter meinen eigenen Vorstellungen von Liebe versteckt. Ich bin nicht ganz unschuldig an der ganzen Sache.»
«Doch, das bist du.» Reece legte seinen Arm um Orlas Schultern. Als er spürte, dass sie ihn nicht abschüttelte, nahm er auch noch den anderen zur Hilfe, um sie zu umarmen. «Als Orla noch nur ein Name war, ein Mädchen, das in seinen lustigen Anekdoten vorkam, fand ich es richtig, dir nichts von Sims wilden Nächten zu erzählen. Aber jetzt, da ich dich kenne – und sehr mag –, finde ich das schäbig, und es tut mir leid.» Er ließ es zu, dass sich Orla an ihn lehnte. Ihr Zorn war verraucht. «Versprich mir trotzdem etwas, Schätzchen. Nur eine Sache. Sprich nicht mit Anthea.»
Orla richtete sich auf und schob Reece entschlossen von sich. «Schützt du wieder deine Klienten?»
Reece ging zu seinem Schreibtisch und setzte sich auf die Kante. Er seufzte und erklärte: «Das ist mein Job. Und meine Pflicht. Außerdem haben wir doch gar keinen Beweis. Wir wissen nicht, was wirklich geschehen ist.»
«Das glaube ich aber schon.»
«Es gibt eine lange Liste Verdächtiger, Orla. Visagistinnen, Produzentinnen, Botinnen, Regieassistentinnen … irgendein Mädchen auf irgendeiner Party.»
«Nein. Sim hätte mich nie für irgendeine Partybekanntschaft verlassen. Am Ton seiner Karte habe ich gemerkt, dass es hier nicht um irgendwen ging. Es ging um
jemanden
.» Sie knurrte missbilligend und freudlos. «Ein Jemand, der ihm in seiner Karriere von Nutzen sein konnte, so wie ich ihn kenne.»
«Wir müssen ihn jetzt auch nicht dämonisieren. Sagen wir einfach, dass wir nicht wissen, wer das war, und belassen es dabei. Es hat keinen Sinn, darüber nachzugrübeln.»
«Keinen Sinn?» Orla war verblüfft. «Es hat keinen Sinn, zu erfahren, für wen mich die Liebe meines Lebens verlassen hat?» Sie stand auf. Ihre Füße fühlten sich plötzlich wund an in den Ankleboots, die schon immer zu eng gewesen waren, ihre Jacke kam ihr staubig und billig in diesem teuer eingerichteten Zimmer vor. «Ich bin quasi aus dem Grab heraus verlassen worden», sagte sie schrill. «Das ist absolut einmalig. Ich bin einzigartig! Ein Toter hat mich sitzenlassen. Natürlich muss ich wissen, für wen. Und ich weiß das auch.» Sie senkte das Kinn und funkelte ihn an. «Du weißt es auch. Gib mir wenigstens das, Reece. Bitte.»
Reece kaute auf der Innenseite seiner Wange herum und sagte eine ganze Weile lang gar nichts. Dann setzte er sich auf die Sofakante, die Hände zwischen den Beinen gefaltet, den Kopf gesenkt. «Orla, du kannst Ant nicht zur Rede stellen. Oder sie beschuldigen. Denk an den Skandal, den das auslösen würde.»
Orla schwieg. Sie fühlte sich tatsächlich sprachlos. Sie konnte diese neue Entwicklung der Dinge einfach nicht fassen. Reece fuhr beschwörend fort: «Sie sind die beiden Hauptdarsteller eines absoluten TV -Hits. Er ist der romantische Held für Tausende von Fans. Hast du die Facebook-Seite gesehen, die sie ihm gewidmet haben? Voller Gedichte und Gebete und Fankunst.» Er schaute ein wenig betreten in Orlas unbewegtes Gesicht. «Nein, nein, natürlich hast du dir die Seite nicht angesehen. Entschuldigung. Die Leute denken, Ant sei nur seine Filmpartnerin, eine liebe Freundin, jemand, der ein aufstrebendes Talent gefördert hat. Es wird einen zweiten Teil der ‹Kurtisane› geben, und Ant wird darin mitspielen. Wenn du jetzt herumstänkerst, dann wird dir jeder sagen, dass das das perfekte Fressen für die Boulevardpresse wäre. Ein schlechter Ruf verkauft sich heutzutage im Allgemeinen gut, aber nicht diese Sorte. Kannst du dir das vorstellen?
Ich spannte einer süßen kleinen Irin den sexy Mann aus, und dann fiel er tot um.
Die BBC dreht durch.»
«Und was geht mich das an?»
«Dir muss doch etwas an Sims Andenken liegen.»
«Nicht so viel, wie dir offenbar an Antheas Gage liegt.» Das war hässlich, aber unumgänglich.
«Ich bin ihr Agent. Alles in Antheas Leben liegt in meiner Verantwortung.» Reece zögerte, als ob er abwöge, ob er fortfahren sollte oder nicht. «Sieh mal, Orla, die Wahrheit ist, dass Ant ein wenig … labil ist.»
«Labil! Die alte Kuh besteht aus Gusseisen. Sie ist einfach so dahergekommen, hat meinen Freund gesehen, ihn sich unter den
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