Ein Liebhaber wie Tony
und sie musste erst zweimal schwer schlucken, bevor sie sprechen konnte. »Ich bin so schnell wie möglich hergekommen. Gehtâs dir besser?«
Tony nickte nur. Das ganze Ausmaà seiner Frustration spiegelte sich in seinen Augen wider.
Ein kalter Hauch streifte Sharons Seele. »Tony â¦Â«
»Geh«, sagte er und richtete den Blick aufs Fenster. In der Ferne schimmerte und funkelte das Meer in der Nachmittagssonne. »Bitte, bleib mir fern.«
Sharon wollte auf ihn zu rennen, gleichzeitig aber auch flüchten, doch sie regte sich nicht.
»Ich gehe nirgendwo hin, bevor du mir nicht erzählt hast, was los ist.« Es klang so sachlich und gelassen, dass Sharon sich fragte, ob wirklich sie es war, die diese Worte gerade gesprochen hatte.
Tony sah noch immer aus dem Fenster.
»Wir fügen uns gegenseitig zu viel Schmerz zu«, erwiderte er nach einer langen Pause.
Sie wagte, einen Schritt vorzugehen, und sehnte sich danach, Tony zu berühren, seine Schmerzen zu lindern und ihn zu pflegen. Aber sie stand nur einfach da. Seine Worte, so wahr sie auch waren, hatten sie tief getroffen und schmerzten sehr.
Sharon wartete, bis Tony weitersprach.
»Wir müssen aufhören, in der Vergangenheit zu leben, jeder von uns beiden muss sein eigenes Leben führen. Durch den Unfall wurde mir das erst richtig klar.«
Tränen stiegen Sharon in die Augen, und sie senkte den Kopf.
»Du kannst das Haus haben«, fuhr Tony fort, und Sharon spürte seinen Blick auf ihrer Haut. »Ich war niemals wieder fähig, in unserem Zimmer zu schlafen. Wusstest du das?«
Sie zwang sich, den Kopf zu heben.
»Ich habe auch sehr oft im Arbeitszimmer übernachtet«, gestand sie.
Das folgende Schweigen hing unerträglich im Raum. Sharon trat an Tonys Bett, obwohl sie wusste, dass er es nicht wollte.
»Ich hatte solche Angst«, flüsterte sie. Ihre Hand zitterte, als sie vorsichtig den Kopfverband berührte, der nicht nur Tonys Haare, sondern auch ein Auge verdeckte, was ihm den Anschein eines Piraten verlieh.
»Das glaube ich dir. Du hattest Angst, dass Carmen und ich schlieÃlich doch noch einen Weg gefunden haben könnten, um zusammen zu sein«, bemerkte er mit grausamer Kälte.
Diese spöttische Bemerkung trat Sharon wie ein Schlag. Der Schmerz zuckte durch ihren Körper, während sie den Blick nicht von Tony lieÃ.
»Die Gedenkstätte, wie du es nennst, war das Werk meiner GroÃmutter.« In einem Anflug von bitterem Humor verzog er die Mundwinkel, und seine Augen funkelten. »Da dich die Bilder so gestört haben, überredete ich Mama, sie mir zu überlassen. Ich hatte vor, den Streit mit Brian zu bereinigen und sie ihr dann zu geben. Zwischenzeitlich aber fand GroÃmutter die Bilder und wollte sich die Zeit vertreiben, indem sie die Toten ehrte.«
Sharon legte ihm den Zeigefinger auf den Mund, damit Tony nicht weitersprach. Sie konnte es nicht mehr ertragen. Er hatte recht; er hatte ja so recht. Sie fügten einander zu viel Schmerz zu.
Wie eine Ertrinkende nach einem Strohhalm griff sie zu einem etwas weniger brisanten Thema. »Was ist mit Brian? Werde ich sie weiterhin sehen dürfen?«
Tony wirkte plötzlich betroffen. »Du bist für sie die einzige Mutter, die sie je gekannt hat. Niemals würde ich Brian oder dich verletzen wollen, indem ich euch voneinander trenne.«
»Danke.« Sharon küsste ihn sanft. »Schlaf jetzt«, sagte sie leise, bevor sie sich umdrehte, um zu gehen.
Tony ergriff ihren Arm und hielt sie auf. Als Sharon über die Schulter blickte, hatte er Tränen in den Augen.
»Leb wohl«, flüsterte er.
Sie versuchte, ihre eigenen Gefühle unter Kontrolle zu halten, und lief aus dem Zimmer. Bis auf ihren Schwiegervater war niemand mehr auf dem Flur.
Vincent sah sie an und nahm sie in die Arme.
»Ist ja gut«, sagte er mit weicher Stimme. »Jetzt wird alles wieder gut. Tony ist bald wieder gesund.«
Die Tränen, die Sharon bisher unterdrückt hatte, quollen nun hervor. Sie lehnte den Kopf an Vincents Schulter und lieà all ihren Kummer und Schmerz hinaus.
»Erzählâs mir, meine Kleine«, bat er vorsichtig, als sie sich etwas beruhigt hatte. »Sag mir, was dich so sehr bedrückt.«
Sharon blickte hoch und versuchte zu lächeln. Sie ignorierte seine Worte und sagte: »Tony kann sich glücklich schätzen, einen Vater wie dich zu
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