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Ein Lied für meine Tochter

Ein Lied für meine Tochter

Titel: Ein Lied für meine Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Feierabend zu Portia de Rossi fährt.
    Vanessa kehrt ins Wohnzimmer zurück, doch anstelle des Weins hat sie zwei Champagnerflöten in der Hand. »Das ist Dom Pérignon«, sagt sie. »Wir beide haben nämlich was zu feiern.«
    Ich schaue auf die Blasen in der blassen Flüssigkeit. »Heute ist eine meiner Patientinnen gestorben«, platze ich heraus. »Sie war erst drei.«
    Vanessa stellt die beiden Gläser auf den Boden und nimmt mich in die Arme. Sie sagt kein Wort. Das muss sie auch nicht.
    Man weiß, dass jemand der Richtige für einen ist, wenn die Dinge, die er nicht aussprechen muss, wichtiger sind als die, die er sagt.
    Weinen bringt Marisa nicht wieder zurück. Es wird Menschen wie Max und Pauline nicht davon abhalten, mich zu verurteilen. Trotzdem fühle ich mich besser. Und so weine ich eine Weile, während Vanessa mir den Kopf streichelt, bis ich keine Tränen mehr habe und mich nur noch leer fühle. Dann schaue ich sie an. »Tut mir leid. Du wolltest etwas feiern …«
    Vanessa läuft rot an. »Ein andermal.«
    »Ich werde nicht zulassen, dass mein beschissener Tag deinen guten ruiniert …«
    »Wirklich, Zoe. Das kann warten …«
    »Nein.« Ich drehe mich auf der Couch um, sodass ich mich in den Schneidersitz setzen und sie anschauen kann. »Erzähl’s mir.«
    Sie sieht gequält aus. »Es ist so dumm. Ich kann dich später fragen …«
    »Mich was fragen?«
    Vanessa atmet tief durch. »Wenn du gemeint hast, was du gestern gesagt hast, als wir Max im Supermarkt getroffen haben …«
    Ich habe ihr gesagt, dass ich für immer mit ihr zusammen sein will und dass ›für immer‹ nicht lange genug sei.
    Trotz der Tatsache, dass ich mir mein Leben so nie vorgestellt habe …
    Trotz der Tatsache, dass es Menschen gibt, die mich dafür hassen werden, obwohl sie mich gar nicht kennen …
    Und trotz der Tatsache, dass es erst Monate und keine Jahre sind …
    Jeden Morgen bekomme ich erst einmal Panik. Und dann schaue ich Vanessa an und denke: Mach dir keine Sorgen. Sie ist noch hier.
    »Ja«, sage ich, »ich habe jedes einzelne Wort genau so gemeint, wie ich es gesagt habe.«
    Vanessa öffnet ihre Hand. Ein mit Diamanten verzierter Goldring liegt darin. »Wenn ›für immer‹ nicht lange genug ist, wie wäre es dann mit dem Rest meines Lebens?«
    Einen Moment lang bin ich wie erstarrt. Ich kann nicht mehr atmen. Ich denke nicht an die Reaktion der Leute, ich denke nur: Ich bekomme Vanessa. Ich und sonst niemand.
    Ich breche wieder in Tränen aus, doch diesmal aus einem anderen Grund. »Der Rest des Lebens …«, sage ich. »Hm … Das ist schon mal ein Anfang.«
    Ich bin von Wolken umgeben. Sie streichen über die Spitzen meiner Sneakers. Sie bedecken den Boden. Ich würde sogar so weit gehen zu sagen, dass ich im Himmel gelandet bin … wäre da nicht der Kauf des Brautkleides, denn der ist die reinste Hölle.
    Meine Mutter hält mir ein Gewand mit Rüschenkragen und Federn am Rock vor die Nase. Wer das anzieht, sieht aus wie ein Huhn, das vom Mähdrescher überfahren wurde. »Nein«, erkläre ich mit Nachdruck. »Nie nicht niemals.«
    »Da drüben ist noch eines mit Swarowski-Steinen am Mieder«, sagt meine Mutter.
    »Das kannst du ja anziehen«, murmele ich vor mich hin.
    Es war nicht meine Idee, zu dem Brautmodengeschäft in Boston zu fahren. Meine Mutter hat jedoch davon geträumt, wie wir beide hier im Showroom shoppen, und danach gab es kein Entrinnen mehr. Mom glaubt fest an die Macht des Unterbewusstseins.
    Meine Mutter – die eine Woche gebraucht hat, um sich an die Vorstellung zu gewöhnen, dass Vanessa und ich ein Paar sind – ist in Bezug auf die Hochzeit sogar noch aufgeregter als wir. Irgendwie glaube ich, dass sie Vanessa mehr liebt als mich, denn Vanessa, die mit beiden Beinen auf dem Boden steht, ist die Tochter, die sie nie gehabt hat – die Tochter, mit der sie über Bausparverträge und Lebensversicherungen reden kann und die ein Geburtstagsbuch hat, damit sie nie vergisst, jemandem eine Karte zu schreiben. Ich habe den Eindruck, meine Mutter glaubt wirklich, dass Vanessa für immer für mich sorgen wird – bei Max hatte sie da so ihre Zweifel.
    Aber dieser Laden macht mich nervös. Es wimmelt hier nur so von Bräuten, die sich im Gegensatz zu mir auf eine unkomplizierte Hochzeit freuen. Ich habe das Gefühl, als würde ich in Tüll, Spitze und Seide erstickt, und dabei habe ich bis jetzt noch nicht einmal ein Kleid anprobiert.
    Als die Verkäuferin uns fragt, ob sie uns

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