Ein Lord entdeckt die Liebe
das nur ein einziges Mal: Ashton wird zurückkommen, dessen bin ich mir sicher. Wenn du möchtest, kannst du hier auf ihn warten. Such dir eine nette Beschäftigung. Und werde dir vor seiner Rückkehr darüber klar, welche Art von Ehe du führen und welche Art von Gattin du sein möchtest. Ashton ist dir aufrichtig zugetan. Ich sehe es, und andere sehen es auch. Du hingegen scheinst noch immer an ihm zu zweifeln. Hör auf damit, oder gib ihm seine Freiheit.“
Sie wollte protestieren, doch er ließ sie nicht zu Wort kommen.
„Wünscht ihr euch keine Kinder? Und wenn ihr welche bekommt, wirst du sie dann behandeln wie deinen Gatten? Willst du ihnen deine Liebe nie zeigen?“
„Ach, Braedon …“ Obwohl sie flüsterte, war ihre Verzweiflung nicht zu überhören.
„Denk in Ruhe darüber nach. Und triff deine Entscheidung. Es dürfte die wichtigste deines Lebens sein.“
Schweigend schaute sie zu ihm auf.
„Vielleicht solltest du einmal mit einer Frau über deine Probleme reden. Mit der Gattin des Pfarrers zum Beispiel.“ Er leerte sein Glas, nickte Mairi zu und floh aus der Bibliothek. Oh Gott, wie er solche Gespräche hasste!
Unwillkürlich schlug er den Weg zum Ausstellungsraum ein. In der Mitte unter dem kuppelförmigen Dach blieb er stehen, schloss die Augen und ließ die Stille auf sich einwirken. Dennoch konnte er nicht aufhören daran zu denken, wie viele unterschiedliche Arten es gab, sich vor der Welt zu verstecken, um sich vor Leid zu schützen. Seine eigene, Mairis oder auch Hardwicks …
Hardwick … Das letzte Gespräch mit ihr fiel ihm ein. Warum hatte sie ihm von ihrer Liebe zum Meer erzählt? Es passte so gar nicht zu ihr, über etwas anderes als berufliche Themen zu sprechen. Das konnte Mairi natürlich nicht wissen. Dennoch war es seltsam, dass seine Schwester glaubte, er brächte Hardwick tiefere Gefühle entgegen.
Tiefere Gefühle, ha! Sicher, hin und wieder hatte er über Hardwick nachgedacht. Es mochte es, wenn sie unvermutet lachte. Es fiel ihm auf, wenn sich eine Haarsträhne aus ihrer strengen Frisur löste und ihr in die Stirn fiel. Manchmal erwachte in ihm Neugier auf den Menschen, der sich hinter dem abweisenden Äußeren verbarg. Aber er hatte dieser Neugier nie nachgegeben.
Mairis Worte allerdings hatten seine Neugier unerwartet heftig angestachelt. Er fühlte sich verunsichert. Was sollte er tun? Nachdenklich begab er sich in die Werkstatt, wo er eine Weile Hardwicks Arbeitstisch anstarrte. Dann straffte er die Schultern. Nichts und niemand würde ihm etwas anhaben können. Schließlich hatte er Schlimmeres überlebt als den Krieg.
Chloe litt, denn all ihre Versuche, die Aufmerksamkeit des Marquess zu erringen, waren gescheitert.
Sie hatte geglaubt, es könne nützlich sein, ihm an ungewohnten Stellen zu begegnen. Tatsächlich hatte er überrascht reagiert. Doch nie war er stehengeblieben, um mit ihr zu reden. Bei beruflichen Gesprächen hatte sie versucht, neue Themen anzuschneiden. Aber er weigerte sich, Fragen zur Verwaltung seines Besitzes zu beantworten oder etwas über seine Schwester zu erzählen.
Als sie beschloss, ihr Haar einen Tag lang offen zu tragen, dachte sie schon, sie habe gewonnen. Immer wieder hatte sie Braedons Blick auf sich gefühlt. Und gegen Abend, als sie einige Einzelheiten bezüglich des Ausstellungsraums besprachen, hatte er nachdenklich eine Locke betrachtet, die ihr auf die Schulter fiel. Dann jedoch war er ohne ein weiteres Wort aus dem Raum gestürzt.
Trotzdem verspürte sie Befriedigung über diesen kleinen Erfolg. Offenbar war sie dem Marquess nicht gleichgültig, auch wenn er es sich – noch nicht – eingestehen wollte.
Natürlich durfte sie ihre Arbeit nicht vernachlässigen. Also erforschte sie alle nur denkbaren Quellen nach Informationen über Skandas Speer. In der Bibliothek fand sie schließlich ein altes Buch, das nicht nur ein Kapitel über einen indischen Kriegsgott namens Skanda enthielt, sondern auch eine Beschreibung seiner Lieblingswaffe. Es handelte sich um einen hölzernen Speer mit auffällig kurzer metallener Spitze.
Sie las das Kapitel gerade ein zweites Mal, als Lichtstrahlen auf der Wand vor ihr zu tanzen begannen. Das konnte nur eines bedeuten! Rasch nahm Chloe ihre Brille ab und trat zum Fenster, wo sie sich so hinstellte, dass man sie von draußen nicht sehen konnte. Ihr Herz schlug zum Zerspringen. Vor dem Haus, auf einem extra dafür angelegten Platz, standen Lord Marland und sein Trainingspartner sich
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