Ein Lord entdeckt die Liebe
Hardwick, Sie ziehen Ihr bestes Kleid an und erscheinen pünktlich zum Dinner.“
„Unmöglich.“
„Oh, Sie dürfen mich jetzt nicht im Stich lassen. Ich brauche Sie, weil sonst einem der Gentlemen eine Tischdame fehlt.“
„Es tut mir leid. Ich habe nichts Passendes anzuziehen. Meine Kleider …“ Sie schaute an sich hinunter.
„Alle Ihre Kleider sehen so aus?“, fragte Mairi schockiert.
Chloe nickte.
Fassungslos schüttelte die Countess den Kopf. Doch plötzlich schien sie von unerwarteter Energie erfüllt. Sie sprang auf und läutete nach einem Zimmermädchen. Tatsächlich wirkte sie so aufgeregt, dass Chloe glaubte, sie beruhigen zu müssen.
„Bitte, machen Sie sich keine Sorgen wegen der ungeraden Zahl von Gästen. Ich könnte einen Boten zu einer der Damen in der Nachbarschaft schicken.“
„Oh nein, Miss Hardwick“, wehrte Mairi ab. „Ich sehe, dass Sie wirklich für jedes Problem eine Lösung finden. Kein Wunder, dass mein Bruder so angetan von Ihnen ist. Sie tun, was getan werden muss. Trotzdem …“
„Probleme rasch zu lösen, ist meine Hauptaufgabe hier.“
„Nun, dieses Problem werden wir auf meine Art lösen“, verkündete die Countess.
Im gleichen Moment klopfte es an der Tür, und Daisy erschien.
„Hol mir Brigita“, befahl Lady Ashton.
Wenig später tauchte die Zofe auf.
„Brigita, wir brauchen dringend Ihren Rat.“ Die Countess wies mit einer weit ausholenden Bewegung auf Chloe.
Die Zofe runzelte die Stirn.
„Ich verstehe nicht …“, begann Chloe.
„Nun, was meinen Sie, Brigita?“, erkundigte Lady Ashton sich. „Ich persönlich denke, dass alle Farben, die irgendwie an Edelsteine erinnern, in Frage kommen.“
Die Zofe nickte nachdenklich.
„Dann nehmen wir das Rubinrote.“
„Nein, Mylady. Achten Sie auf den Kontrast zwischen der hellen Haut und dem dunklen Haar. Da passt das Aquamarinblaue bedeutend besser.“
„Hm …“
In diesem Moment begriff Chloe, was vorging. Erschrocken wollte sie sich gegen den Plan der Countess zur Wehr setzen. Dann aber fiel ihr ein, wie Lord Marland reagiert hatte, als sie ihr Haar offen trug. Würde er sie mit anderen Augen anschauen, wenn sie ihre Kleidung änderte? War es einen Versuch wert? Wagte sie es überhaupt, diesen Versuch zu machen?
Unwillkürlich schloss sie die Lider. In Gedanken sah sie den Marquess vor sich, wie er sich im Schwertkampf übte. Wie er sich einem zu restaurierenden Schwert widmete. Wie er ihre Arbeit lobte. Ein kluger Mann, aber auch ein kräftiger, beeindruckend muskulöser Mann. Er sah gut aus. Himmel, er war unglaublich attraktiv.
Ihr Herz begann zu rasen, und sie verspürte eine heftige Sehnsucht danach, von ihm als Frau wahrgenommen zu werden. Würde sie es wagen, ihre Sicherheit aufzugeben? Sie würde verletzlich sein. Doch vielleicht auch glücklich, irgendwann … Sie wollte dieses Glück. Sie wollte es für sich selbst. Und sie wollte es auch für Lord Marland.
Widerstreitende Gefühle erfüllten sie, und in ihrem Kopf schien sich alles zu drehen. Sie hatte Angst. Gleichzeitig spürte sie, dass Lord Marland und sie gemeinsam eine Chance hatten, ihr Glück zu finden. Es gab da etwas, das sie verband. Eine kleine Flamme, die hell aufloderte, wenn sie einander nahe waren. Immer wieder hatte sie versucht, diese Flamme zu ignorieren. Vergeblich. Nun war es an der Zeit, sie brennen zu lassen.
Allerdings gab es einen Grund, der dagegen sprach: Marland war ein Marquess. Er entstammte einer alten und zweifellos stolzen Familie. Würde er überhaupt in Erwägung ziehen, eine Beziehung zu einer Frau einzugehen, die gesellschaftlich unter ihm stand?
Sie biss sich auf die Lippe. Alles, was sie über ihn wusste, bewies, dass die gesellschaftlichen Regeln ihm wenig bedeuteten und er in erster Linie nach seinen eigenen Gesetzen lebte.
„Miss Hardwick?“
Die Stimme der Countess klang sanft, und Chloe öffnete die Augen.
„Seit ich hier bin, sind erstaunliche Dinge geschehen. Mein Bruder hat mir einen Rat gegeben, was schon überraschend genug ist. Noch überraschender ist, dass ich mich entschlossen habe, diesen Rat zu befolgen. Das wäre weitaus schwieriger, wenn Sie mir nicht geholfen und mich auf eine Idee gebracht hätten. Sie, Miss Hardwick, haben mir Hoffnung geschenkt.“
„Ich …“, stammelte Chloe.
„Sagen Sie jetzt nichts. Überlassen Sie einfach alles Weitere Brigita.“
Wie gern hätte sie nachgegeben! Aber da war diese Angst. Sie hatte so hart gearbeitet, um die
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