Ein Lord mit besten Absichten
Weston.«
»Die Adresse steht vorne drauf. Sie brauchen nicht auf eine Antwort zu warten.«
Charles schaute auf die Vorderseite des Briefs und wurde blass.
»Charles? Sie fallen doch nicht gleich in Ohnmacht, oder? Geht es Ihnen gut?«
»Ach herrje, Mylady, bitte verlangen Sie nicht von mir, diesen Brief zu überbringen.«
»Warum denn nicht?«
»Lord Weston wird mich an meinen edelsten Teilen aufhängen, Mylady. Ganz bestimmt!«
»Unsinn. Ihre edelsten Teile sind bei mir in den besten Händen. Lord Weston braucht auch gar nichts davon zu erfahren, es sei denn, Sie erzählen es ihm. Und Sie werden es ihm doch nicht erzählen, nicht wahr, Charles?«
Charles spürte förmlich den kalten, schmerzhaften Griff an seinen edelsten Teilen, während er mit einem Kopfschütteln bekräftigte, Lord Weston nichts zu erzählen, oh nein. Gegen das Lächeln seiner Herrin war er machtlos, und das wusste er, doch um seiner ungeborenen Kinder willen hoffte er, dass der Schwarze Earl nicht herausfände, welche Rolle er bei dem Vorhaben der Countess gespielt hatte.
»Nick, du hörst mir gar nicht zu. Was ist denn nur so interessant da draußen, dass du immerzu rausschauen musst? Komm, mein Junge, noch eine Stunde, und dann machen wir einen Spaziergang im Park und sehen uns Flora und Fauna an.«
Nick seufzte, tätschelte Piddles Kopf und kehrte zu dem vor ihm liegenden Buch zurück.
»Wie du nun also siehst, ist ein gleichschenkeliges Dreieck ein Dreieck, dessen Seiten alle gleich lang sind. Hier zeichne ich dir so ein Dreieck und gebe einer Seite einen bestimmten Wert. Wenn wir die Länge dieser Seite kennen, was sagt uns das dann über die Länge der anderen beiden Seiten?«
Nick betrachtete missmutig das Dreieck und murmelte ein Kraftwort, das er bei seinem Vater aufgeschnappt hatte. Rogerson ließ die Schiefertafel fallen und starrte ihn an.
»Wo willst du denn hin, Crouch?«
»M’lady hat wieder ein’n ihrer verrückt’n Einfälle. Sie möchte, dass ich ein paar Bow Street Runners zum Schutz des hoh’n Herrn anheuer’.«
»Ach, tatsächlich?« Devereaux rieb sich das Kinn. »Wie interessant. Weiß sie denn von den neuesten Lakaien Seiner Lordschaft?« Er nickte in Richtung eines der Männer aus der Bow Street, der gerade mit einem der niederen Dienstmädchen plauderte.
»Nein, ich hab’s ihr nich’ gesagt. Schätze, wenn Seine Lordschaft möchte, dass Sie ’s erfährt, wird er’s ihr schon sagen.«
»Du wirst ihr verrücktes Vorhaben doch wohl nicht unterstützen, oder?«
»Doch«, antwortete Crouch, während er sich eine gepuderte Perücke aufsetzte und sie so zurechtrückte, dass sie flott und verwegen auf seinem Kopf saß. »Ich glaube, es is’ gar keine so schlechte Idee, dass Seine Lordschaft unterwegs ’n bissch’n Gesellschaft hat.«
»Aber, aber …«, stammelte der kleine Dickbauch. Crouch schenkte ihm ein breites Grinsen, grüßte ihn mit seinem Haken und schlenderte über die Hintertreppe zu den Stallungen.
»Mylord, wenn ich Ihnen meinen Arzt rufen dürfte …«
»Nicht nötig, Jackson. Die Schwellung wird nicht lange anhalten. Ich glaube, Ihr Mann hat den Knochen ordentlich gerichtet.«
John »Gentleman« Jackson, der berühmte Boxer und famose Lehrer für Boxkunst für den halben männlichen Teil der Londoner guten Gesellschaft, der Mann, der die Meisterschaft gewann, indem er den berüchtigten Mendoza k . o. schlug, beobachtete mit besorgter Miene, wie der Schwarze Earl den Kopf in den Nacken legte, um sich das Halstuch binden zu lassen.
»Ich hätte Ihnen nie den jungen MacDonald als Gegner vorgeschlagen, Mylord, wenn ich geglaubt hätte, dass er Ihnen eine Abreibung verpasst.«
Weston zuckte zusammen, doch Jackson war sich nicht sicher, ob es an der Verletzung lag oder weil er daran erinnert wurde, dass ihn ein erheblich jüngerer und weniger erfahrener Mann im Ring geschlagen hatte. »Sie sollten lieber etwas Kaltes drauflegen, bis die Schwellung zurückgegangen ist.«
Lord Weston nickte steif, brummte etwas vor sich hin und verließ die Einrichtung. Jackson stieß ein Seufzen der Erleichterung aus, als der Earl ging.
»Hätten Sie geglaubt, dass der Tag mal kommt?«, fragte sein Angestellter, während er aus dem Fenster spähte und beobachtete, wie Weston die Kutsche bestieg. Jackson schüttelte den Kopf. So einen Tag wollte er auch nie wieder erleben.
»Der Schwarze Earl, umgehauen von einem Grünschnabel«, sagte der Mann in einem ehrfürchtigen Ton, während er laut mit
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