Ein Lord zu Tulivar (German Edition)
bedurfte es dann meiner Anstrengungen, Neja und ihre Kumpanen und Kräfte am Leben zu erhalten?
Ich war mir nicht sicher, ob Neja meine Gedanken lesen konnte oder ob sie meinem Gesicht die Richtung meiner Überlegungen ansah. Jedenfalls lächelte sie traurig, soweit ihre Lefzen dazu in der Lage waren.
»Aber hier im Norden ist es noch anders. Und was wir tun können, ist, ein Bündnis zu schmieden. Das bieten wir dir an, Baron. Wir sagen dir, was wir brauchen, um am Leben zu bleiben und unser Bewusstsein zu erhalten. Und dafür helfen wir, wo wir können.«
»Wo könnt ihr helfen?«, fragte Frederick.
»Gute Ernten. Linderung schwerer Winter oder trockener Sommer. Guter Baumwuchs, reichhaltige Fischgründe.«
Ich schaute Neja schweigend an. Sie erwiderte meinen Blick und es war, als würde sie in mich hineinsehen. Ich ergriff diese Gelegenheit, gleich offen auszusprechen, was mir auf dem Herzen lag. Denn sosehr mir gute Ernten und milde Winter auch am Herzen lagen, so sehr waren es doch ganz andere Herausforderungen, die mich um einiges mehr beschäftigten.
»Ich möchte nicht gegen das Land agieren«, erklärte ich leise. »Ich habe die Schnauze voll von Magie, die mir ans Leder will. Ich bin dessen müde, Sprecherin.«
Neja nickte. Sie schien genau zu verstehen, was ich meinte.
»Aber ich habe große Probleme, die es zu lösen gilt, und ich frage mich, ob das Land mir dabei helfen kann«, fuhr ich fort.
Neja sagte nichts und zwang mich so weiterzusprechen. Ich war mir aber recht sicher, dass ihr die Ereignisse, die sich jüngst um Felsdom zugetragen hatten, nicht entgangen waren.
»Ich habe einen Teil des Landes verloren«, sagte ich.
»Nein. Das Land ist da. Schließen wir ein Bündnis, dann mit dir, Baron. Du hast das Dorf evakuiert, aber die Menschen aus den Bergen haben das verlorene Gebiet nicht für sich reklamiert. Du hast nichts verloren. Du weißt nur nicht, wie du den Norden sichern kannst.«
»Das ist das Gleiche, zumindest aus meiner Sicht.«
»Was erwartest du von uns?«
»Wie kann ich etwas erwarten, wenn ich gar nicht weiß, wozu ich fähig bin? Ich möchte mittelfristig Felsdom wieder besiedeln. Ich muss es aber auch beschützen können. Kannst du mir dabei helfen?«
Neja schüttelte den Kopf in einer erneut sehr menschlichen Geste. »Nein. Wir haben keine Armee. Zumindest keine, die dir dauerhaft dienen könnte, Baron.«
Jetzt war es an mir, die Schultern zu heben. Ich war gar nicht so scharf auf eine magische Truppe von seltsamen Wesen, die sich möglicherweise durch mich gar nicht kontrollieren ließen und die Angst und Schrecken verbreiten würden. Ich vermutete, dass Neja mir die Wahrheit sagen würde, also war ich eher erleichtert als enttäuscht über ihre Aussage.
»Was kannst du also anbieten?«, fragte ich.
»Ich biete dir Informationen. Mit diesen kannst du möglicherweise dafür sorgen, dass das Problem gelöst wird. Das biete ich dir an.«
Ich runzelte die Stirn. Ja, Wissen ist Macht, da stimmte ich zu.
»Was für Informationen?«
Neja lächelte. »Haben wir einen Bund, Baron?«
Ich zögerte. Das klang wie eine Bedingung, wenngleich wie eine nachvollziehbare.
»Ich weiß nicht, ob ich das so einfach zusagen kann«, erwiderte ich.
»Ich verstehe das. Ich erwarte kein absolutes Einverständnis. Wie wäre es … mit einem Bund auf Zeit, den du vor dem Ritual der Vollendung wieder lösen darfst, wie es dir beliebt.«
Ich beschloss, erst einmal nicht nach den Einzelheiten dieses Rituals zu fragen. Dann warf ich einen fragenden Blick in die Runde.
Dalina sah mich an, produzierte ein unmerkliches Nicken. Selur schien ebenfalls positiv voreingenommen zu sein. Frederick wirkte immer noch so, als sehe er einen Geist und würde alles unterschreiben. Neja, Landmagie, all das brachte eine besondere Saite in dem Mann zum Klingen, der dieses Land so lange stellvertretend verwaltet hatte.
Es blieb an mir hängen. Ich sah keine großartigen Optionen – und ich gab zu, dass ich den schönen Geschichten aus der Zeit vor dem Krieg, was die Beziehung von uns Menschen zur Magie des Landes betraf, nur zu gerne glauben wollte. Und ich konnte nicht zu wählerisch sein, was die mir zur Verfügung stehenden Mittel anging.
»Einen Bund auf Zeit haben wir – soweit ich das jetzt abschätzen kann«, erwiderte ich vorsichtig. »Auf Zeit, wie gesagt.«
Neja lächelte. »Das reicht. Du wirst lernen, Baron. Wir werden lernen. Es ist alles ein Weg.«
Bevor die Sprecherin mir noch mehr
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