Ein Lord zu Tulivar (German Edition)
belanglose Weisheiten auftischen konnte, erinnerte ich sie an die versprochenen Informationen. Wenn es eine Verbindung auf Probe war, dann sollte die Probe auch sogleich beginnen.
Neja reckte sich. »Ich habe dir zwei Dinge zu sagen und zu zeigen. Eine Karte!«
Ich sah sie verblüfft an, dann aber winkte ich Selur. Der produzierte eine Karte der Provinz, die die angrenzenden Berge in eher vager Form zeigten. Neja beugte sich hinab und drückte ihre pfotenartige Hand auf einen Punkt nördlich der offiziellen Provinzgrenze.
»Hier!«
»Was ist da?«
»Gold. Viel Gold.«
Alle schwiegen. Ich ließ diese Information auf mich wirken. Gold war gut.
»Gold?«, fragte ich sinnlos nach.
»Ein großes Vorkommen, in einem Seitental, unbesiedelt, entlang eines Bachs. Viel Gold«, erklärte die Sprecherin geduldig.
»Wie kann …«, wollte Frederick fragen, doch ich hob die Hand. In meinem Kopf begann sich bereits eine Idee zu formen. Diese Information war in der Tat, nun ja, Gold wert.
»Und dann? Du hast mir zwei Dinge mitteilen wollen?«, fragte ich.
Neja erhob sich, schaute in die Runde, offenbar bereit, uns zu verlassen. Wir alle standen auf. Ich wollte schon enttäuscht ein weiteres Mal nachfragen, da erhob Neja eine Pfote und ich schwieg.
Dann wies die Sprecherin auf Dalina.
Um genau zu sein, auf ihren Bauch.
»Es wird ein Junge, Baron.«
Jetzt hatte sie mich.
23 Vorbereitungen
Allzu viel gab es über den restlichen Winter nicht zu berichten.
Es schneite viel, aber die bittere Kälte ließ etwas nach. Vielleicht war das bereits eine Auswirkung meines Bundes mit Neja, vielleicht war es auch nur meine Einbildung. Dalina begann kurz nach dem Treffen mit der Sprecherin mit heftigem morgendlichen Erbrechen. Vorher hatte sie nicht einmal geahnt, dass sie schwanger war. Die Tatsache, dass sie offenbar – ich wollte Neja hier einmal glauben – einen kleinen Baron erwartete, hatte diverse Konsequenzen: Zum einen wurde mir von mehreren Seiten bedeutet, dass eine baldige Heirat, möglichst noch vor Geburt des Kindes, aus moralischen Gründen dringend angeraten sei, ein Zwang, dem wir uns gerne unterwerfen wollten. Zum zweiten wurde mir klar, dass meine Kammer im Turm genauso wenig ein geeignetes Zuhause für meine plötzlich entstandene Familie war wie die Räume, die Dalina im Hause ihres Vaters bewohnte – Letzteres vor allem deswegen, weil ich als Lord der Provinz durchaus die Verpflichtung sah, an meinem Amtssitz zu residieren. Als das Tauwetter einsetzte, begannen wir daher mit dem höchst eigennützigen Plan, mir und meiner Angetrauten innerhalb der zu erweiternden Mauern des Kastells eine passende Residenz zu errichten. Wir blieben bescheiden, nicht zuletzt deswegen, um Lord Olifek nicht auf falsche Gedanken kommen zu lassen. Als wir mit den Bauarbeiten begannen, wurde recht schnell klar, dass ich mich auf eine feste Holzhütte mit Steinfundament freuen durfte, zwei Zimmern, einer großen Kochstelle und einem mächtigen Kamin für die kalten Winter. Die Leute von Tulivar wussten, wie man so etwas baute, und es gab genügend Bauholz. Obgleich die Aussaat nahte, fanden sich viele Freiwillige, die ihren Frondienst dadurch abgalten, dass sie an der Errichtung des Hauses mithalfen. Als Dalinas Zustand für die Welt offensichtlich wurde, trafen auch vier handgezimmerte und liebevoll gestaltete Babykrippen bei mir ein, von denen wir eine aussuchten und die anderen drei an Familien meiner Männer weiterreichten, da auch diese in den kalten und langen Winternächten aktiv geworden waren.
Von Selur, dem Fruchtbaren, einmal ganz zu schweigen.
Mein Freund hatte sich nach den Hinweisen der Sprecherin durchaus reuevoll, ein wenig fatalistisch, vor allem aber unwissend gezeigt. Ich hatte ihm daraufhin bedeutet, dass ich erwartete, dass er entsprechende Nachforschungen anstelle und dass er insofern die Verantwortung für seinen Nachwuchs übernehme, als er die Versorgung der diversen Mütter unterstütze. Selur reagierte säuerlich. Selbstverständlich würde sein Sold dafür draufgehen, was aber mein Mitleid nicht zu erregen verstand. Zum einen wusste ich, dass mein findiger Freund noch einige Notgroschen beiseitegeschafft hatte, zum anderen musste er lernen, dass der Krieg vorbei war. Während der Feldzüge hatte er von Bettstätte zu Bettstätte hüpfen können, immer in dem Bewusstsein, in wenigen Wochen schon an einem anderen Ort zu sein. Wer wusste, wie viele Kinder er bereits in die Welt
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