Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Lord zu Tulivar (German Edition)

Ein Lord zu Tulivar (German Edition)

Titel: Ein Lord zu Tulivar (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
Vom Netzwerk:
dauerte nur, alles vorzubereiten und einen Konsens herzustellen. Ich bin nur die Sprecherin, keine Königin.«
    Mir lag eine Entgegnung auf den Lippen, die ich schnell herunterschluckte.
    Neja fuhr fort. »Tu nur eines: Keiner deiner Soldaten darf die Mauern des Kastells verlassen. Und wenn wir anfangen, dann sollen die Bogenschützen und Speerwerfer ihre Angriffe einstellen. Das Land würde es nicht schätzen, wenn eines der Geschosse den Falschen trifft.«
    »Wie merken wir denn, dass ihr anfangt?«
    Neja warf mir einen spöttischen Blick zu. »Selbst jemand wie du wird dies sehr klar erkennen, Baron.«
    Ich ließ die kleine Beleidigung mal so im Raum stehen und schwang meine Füße auf den grob gezimmerten Holzboden. »Wann greift der Feind an?« Ich war mir sicher, dass Nejas Gefährten ihre Ohren sehr aufmerksam auf die Lager der Gegner gerichtet hatten.
    »Bei Morgengrauen.«
    »Und das ist …«
    »In etwa einer Stunde.«
    Ich stöhnte auf und gähnte herzhaft. Aber immer noch besser, als durch den Alarm geweckt oder auf der Latrine gestört zu werden. Letzteres war besonders furchtbar. Ich hasste es wie die Pest.
    Neja nickte mir zu, erwartete offenbar keine weiteren Fragen und verschwand aus meiner Gegenwart.
    Einen Augenblick später trat Throcius ein und sah mich auffordernd an. »Ihr hattet Besuch, Baron.«
    »Sie hat sich Euch gezeigt, Hauptmann?«
    »Ich hatte das Privileg. Sah wie ein großer Braten für mich aus.«
    Ich seufzte. »Wenn Ihr länger in Tulivar bleiben wollt, müssen wir uns über die Grenzen der Jagd und der Beuteauswahl unterhalten, mein Freund.«
    Throcius neigte den Kopf.
    Ich erzählte ihm, was Neja mir mitgeteilt hatte, und der Hauptmann ging los, die Männer möglichst leise aus dem Schlaf zu wecken. Der Feind würde uns bereit finden, ganz im Gegensatz zu seinen Erwartungen. Das galt hoffentlich auch für mich, wenn die bleierne Müdigkeit in meinen Gliedern – bis auf einem, das sich durch mein Entsetzen nicht beeindrucken ließ – und das Brennen in meinen Augen nachgelassen hatten. Ich beschloss, die Latrine aufzusuchen, um wichtige Dinge erledigt zu wissen.
    Es geschah so, wie Neja es gesagt hatte, und obgleich ich mich vorbereitet wähnte, war ich es dennoch nicht.
    Die Krieger des Hetmans waren gut ausgerüstet, trugen Sturmleitern und rollten Rammen heran. Die Söldner hatten große Schilde, hinter denen sie sich verbargen, als unsere Bogenschützen, so wenige es auch waren, das Feuer auf sie eröffneten. Die Pfeile prasselten auf die Schilde und trafen keinen der Soldlinge, dafür aber erlegten wir den einen oder anderen Bergkrieger, da diese weitaus weniger überlegt, dafür mit umso lauterem Geheul agierten. Es dauerte keine zwanzig Minuten, dann waren die Angreifer heran, und wir konnten schwere Steine auf sie herabstürzen lassen, die ihren Blutzoll forderten. Doch die Söldner waren clever: Die schweren Schilde ließen sich abstützen und hielten zwar keinen direkten Treffer eines wirklich großen Brockens ab, schützten aber vor allem anderen.
    Dann krachte es laut und die erste Sturmramme knallte mit ihrem eisernen Widderkopf gegen das Tor. Die Angreifer schwangen das massive Werkzeug mit geübter Leichtigkeit und großer Kraft. Holz splitterte, als sie ein zweites Mal auf das Tor schlug, und Throcius machte ein sorgenvolles Gesicht.
    »Eine halbe Stunde, Baron, dann sind sie durch!«, teilte er auch meine Befürchtung. »Ich postiere die Kämpfer im Innenhof. Wir werden dies Mann gegen Mann entscheiden müssen.«
    »Ich komme herunter, sobald sie durchgebrochen sind«, teilte ich dem Hauptmann mit. »Ordnet Ihr die Verteidigung unten, ich kommandiere die Mauern.«
    Throcius nickte nur und verschwand leichtfüßig vom Torhaus. Er torkelte einen Moment, als ein weiteres, mächtiges Zittern durch das gerade erst errichtete Gebäude fuhr. Meine Männer warfen verbissen mit Steinen, manche gossen kochendes Wasser hinunter, das jedoch bei Weitem nicht den Effekt hatte wie etwa Öl oder Pech, mit dem wir leider nicht gesegnet waren.
    Mein Blick wanderte zu den hinteren Reihen der Angreifer. Ich erkannte den Hetman, seine Ältesten sowie jemanden, der der Söldnerhauptmann der Gegenseite sein musste. Zu weit für unsere besten Bogenschützen. Ich starrte sie hilflos an. Fast bildete ich mir ein, den Hetman triumphierend grinsen zu sehen.
    »Neja«, murmelte ich leise vor mich hin. »Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt.«
    Die Sprecherin hörte mich natürlich nicht und

Weitere Kostenlose Bücher